Tragend oder nicht?

Vor einigen Jahren ging ein Aufschrei durch die Presse: Landwirte würden massenhaft tragende Kühe zum Schlachten geben. Die Zahlen sind mittlerweile relativiert, trotzdem sollte vor der Schlachtung der Status sicher sein. Ein Überblick über die Methoden.

15 Prozent der geschlachteten Tiere trächtig, davon 90% länger als drei Monate – mit diesen Nachrichten schockte 2010 eine Umfrage der Uni Leipzig unter Schlachtunternehmen. Dies findet sich jedoch nicht in anderen Untersuchungen wieder: Lücker et al. fanden 2004 einen Anteil tragender Rinder an weiblichen Tieren von 4,35%, di Nicolo et al. 2006 Werte zwischen 1,33 und 10,05% in verschiedenen EU-Ländern. Laut einer großen Studie von Braunmiller (2013/14) betrug der Anteil trächtiger Tiere am Gesamtaufkommen von 59.335 Kühen und Färsen im Mittel 1,4%.
Das Problem ist also weniger schwerwiegend als vermutet, trotzdem sollte aus Tierschutzgründen keine tragende Kuh geschlachtet werden. Manchmal müssen Tiere spät in der Laktation wegen Unfall bzw. Krankheit notgeschlachtet oder im Rahmen der Tierseuchenbekämpfung/Bestandssanierung gemerzt werden. Daran lässt sich nichts ändern. Manchmal liegen die Ursachen jedoch in fehlender oder fehlerhafter Dokumentation, Trächtigkeitsuntersuchung oder einem Deckbullen in der Herde – diese Tiere trächtig zu schlachten, muss nicht sein! Zumal für die Trächtigkeitsuntersuchungen verschiedene Methoden zur Verfügung stehen, die rasch ein Ergebnis liefern und nicht einmal viel Geld kosten.

Frühe TU (30 Tagen) = Nachuntersuchung nötig!

Eine Trächtigkeitsuntersuchung lässt sich grundsätzlich auf drei Arten durchführen: von Hand, per Ultraschall oder mittels Milch- oder Blutprobe.
Per Hand kann ein geübter Tierarzt oder Besamungstechniker die Eihaut und später die Karunkeln (Schleimhautvorstülpungen, an denen sich der Mutterkuchen anheftet) oder das wachsende Kalb fühlen. Da sich zwischen dem 5. und dem 7. Monat die Gebärmutter außerhalb der Reichweite eines Armes absenkt, ist in diesem Zeitraum kein direkter Nachweis per Hand möglich.
Per Ultraschall kann man Flüssigkeit in der Gebärmutter oder einen Embryo mit Herzaktivität nachweisen. Ersteres geht schnell. Diese Untersuchung erfordert jedoch später in der Trächtigkeit eine Nachkontrolle, da bis zum 60. Tag rund 15% der Embryonen absterben. Einen Embryo mit Herzaktivität zu finden ist aufwendiger, ermöglicht aber eine Zwillingsdiagnostik mit entsprechenden Auswirkungen auf’s  Management (14 Tage früher trockenstellen).
Ultraschall zur TU

Foto: Veauthier (Bildquelle: Elite Magazin)

Trächtigkeit über die Milch erkennen

Mittlerweile ist es mit wenig Aufwand möglich, eine Trächtigkeitsuntersuchung „online“ über die Milchprobe durchführen zu lassen. Ab dem 28. Tag der Trächtigkeit findet man PAGs (pregnancy associated glycoprotein) in Blut oder Milch – je höher konzentriert, desto weiter fortgeschritten ist die Trächtigkeit. Der Test ist ab 60 Tagen nach der letzten Kalbung durchführbar und zeigt eine hohe Genauigkeit: 99% der nicht tragenden Kühe sind tatsächlich leer, 92,6% der trächtigen Kühen sind tatsächlich tragend. Die Sicherheit des Testes steigt zudem mit zunehmender Trächtigkeitsdauer. „Einfach bei der nächsten Milchkontrolle eine gesonderte Probe ziehen und einschicken. Die Probe muss nicht steril sein, aber im Melkzeug finden sich gegebenenfalls Milchrückstände der vorber gemolkenen Kuh, welche das Ergebnis verfälschen“, erklärt Dr. Mark Holsteg vom Rindergesundheitsdienst NRW. Bei Kosten von etwa 5 € pro Tier ist ein bis zwei Tage nach der Milchkontrolle ein sicheres Ergebnis im Postfach – im Zweifel lieber einmal mehr testen!
Quelle: Vortrag Mark Holsteg, Fachforum Rindergesundheit Riswick 2015