PennState Dairy Cattle Nutrition Workshop

Stress macht Kühe krank

Ein großes Thema auf dem PennState Dairy Cattle Nutrition Workshop 2019, der Anfang November in Hershey, Pennsylvania (USA), ausgerichtet wurde, war die Frage, wie Stress im Kuhstall vorgebeugt werden kann.

Unumstritten ist, dass in vielen leistungsstarken Kuhherden Stress der mit Abstand größte Leistungskiller ist. Zudem beeinträchtigt Stress auch immer wieder die Tiergesundheit und Fruchtbarkeit der Milchkühe.
Es gibt unterschiedliche Arten von Stressoren, die sich jedoch – wenn auch in unterschiedlichem Umfang - alle negativ auf das Wohlbefinden und somit letztlich auch auf die Leistung und auf die Gesundheit der Kühe auswirken.
Unterschieden wird zwischen …
  • sozialem („psychologischem“) Stress (z.B. Rangkämpfe, gestörte Mensch-Tier-Beziehung, …)
  • physiologischem Stress, z.B. hervorgerufen durch eine falsche Rationszusammenstellung (Energiedefizit) oder durch Entzündungen, Viren, …
  • physikalischem Stress, ausgelöst durch Haltungsfehler wie z.B. Überbelegung oder fehlende Ventilation

Grundsätzlich gilt, dass Stress bei Milchkühen folgende Auswirkungen haben kann:
  • Rückgang der Futteraufnahme und der Milchleistung
  • Festliegen nach der Kalbung
  • Labmagenverlagerungen
  • Zunahme bakterieller und viraler Infektionen (Euter, Klauen, Fruchtbarkeitsorgane)
  • Fruchtbarkeitsstörungen – Nachgeburtsverhalten, Endometritis in Folge einer erhöhten/gestörten Hormonproduktion, fötaler Frühtod und Zunahme der Totgeburtenrate
  • Leberschäden durch starke (überschießende) Fettmobilisation
  • Erhöhtem Herzschlag / Herzversagen

Während sich die Milchkuh auf eine kurzfristige Stresssituation einstellen kann (anpassen) kann, führt Langzeitstress (Überbelegung, Hitzestress, Klauenerkrankung) zumeist zu einer Dysregulation vieler physiologischer Systeme im Organismus. Je mehr Stressoren gleichzeitig auf die Kuh einwirken bzw. den Organismus unter Druck setzen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser „in die Knie geht“. So kommt beispielsweise eine Kuh in einem dreireihigen Laufstall mit einer Überbelegung von 25 % (125 % gesamt) klar. Sie hält ihre Milchleistung, obwohl sie nicht so fressen kann, wie sie es eigentlich möchte. Auch kann sie nicht so lange abliegen, wie sie eigentlich möchte, da der Druck auf die Liegeboxen entsprechend groß ist. Stellt sich dann noch Hitzestress ein oder die Zusammensetzung der Futterration verändert sich (geringere Energiedichte), dann bricht das Anpassungssystem regelrecht zusammen. Besonders anfällig sind naturgemäß die frischabgekalbten Kühe in den ersten Laktationswochen, da sie ohnehin Stress ausgesetzt sind (Geburt, Stoffwechselbelastung, Umgruppieren, …).

Überbelegung ist Gift!

Interessant zu erfahren war, wie enorm die Haltungsumwelt die Tiergesundheit beeinflusst. So erläuterte Rick Grant vom Miner Institute (New York), dass die Belegdichte einen größeren Einfluss auf den pH im Pansen ausübt als die Partikellänge der Futtermittel. Je höher die Belegungsdichte, desto länger bleibt der pH im Pansen unter dem Schwellenwert von 5,8 (subklinische Azidose). Ähnliche Effekte treten auf, wenn zu knapp gefüttert wurde, der Futtertisch nachts leer gefressen wird. Kommen beide Stressoren zusammen, dann können die Auswirkungen extrem ausfallen.
Stress kann aber auch durch eine ungenügende Futtermittelqualität oder durch suboptimales Fütterungsmanagement ausgelöst werden. Laut einer aktuellen Untersuchung, die auf 58 Milchfarmen mit durchschnittlich 1.786 Kühen (150 bis 8.000 Tiere) erfolgte, fand sich bei 43 % Farmen ein sehr hohes Stress-Risiko durch Schimmel im Futter (bei 34 % ein moderates Risiko). Auf 28 % der Farmen führte eine ungleiche Mischung der TMR, selektives Fressen oder eine ungenügende Wasserqualität zu einem hohen Stressrisiko (moderates Risiko: 69 %). Hitzestress soll auf 12 % der Farmen zu starkem Stress führen, bei 42 % zu moderatem Stress.

Wie kann Stress minimiert werden?

Bleibt festzuhalten: Gestresste Kühe fühlen sich nicht wohl, geben weniger Milch und werden leichter krank. Deshalb muss es im Interesse des Herdenbetreuers sein, Kühe so stressfrei wie möglich zu halten bzw. Stressoren von ihnen fernzuhalten. Im täglichen Herdenmanagement lassen sich hier einige Dinge beachten:
Haltungsbedingungen optimieren, die Kühe nicht überfordern: Überbelegungen verhindern: Stress entsteht immer dann, wenn nicht ausreichend Ressourcen (Fressplätze, Liegeplätze, … ) vorhanden sind. Wichtig zu wissen ist, dass selbst bei offensichtlich freien Fressplätzen eine niederrangige Milchkuh Stress ausgesetzt werden kann, wenn eine dominante Kuh am Fressgitter verweilt (den Fressplatz quasi blockiert). In diesem Fall kann die rangniedrige Kuh entweder kein Futter aufnehmen oder nur die Reste, die übrig bleiben. Wichtig:
  • Weiche Liegeflächen für alle Kühe zu jeder Zeit
  • auf ausreichend Licht achten (wichtig für den Hormonhaushalt bzw. die Fruchtbarkeit)
  • Ausreichend Frischluft in den Stall lassen
  • Ausreichend Tränken und Frischwasser anbieten
  • Ruhiges melken: Möglichst stressfreie Melkbedingungen; Hektik, Lärm, Vibrationen, eingeengtes Stehen (auch im Warteraum) vermeiden
  • Auf ein gutes Mensch : Tier-Verhältnis achten (ruhiger, leiser Umgang)

Noch mehr Wissen zum Thema Stress:

Das Thema Stress steht auch im Mittelpunkt der Elite Herdenmanager-Konferenz 2020, die am 16. und 17, Januar 2020 in Memmingen und in Melle ausgerichtet wird. Die sieben Referenten konzentrieren dabei auf das Thema Stress als nicht zu unterschätzenden Einflussfaktor auf die Leistung und Gesundheit der Milchkuh. Die Experten aus Wissenschaft und Praxis diskutieren die neusten Erkenntnisse aus der internationalen Wissenschaft und vermitteln, wie Sie die Stressoren aus dem Stall verbannen können!
Weitere Infos finden sie hier: 7. Elite Herdenmanager-Konferenz