Kuhglocken sollen dem Verhalten und dem Gehör schaden

Zum Ende der Alpsaison taucht die Meldung einer Schweizer Studie auf, in der es heißt Kuhglocken stören das Verhalten der Kühe und schädigen deren Gehör. Doch ließe sich die Ortungs- und Orientierungsfunktion der Glocke tatsächlich durch moderne Technik ersetzen?

An der ETH Zürich wurde eine lange Versuchsreihe durchgeführt, die den Einfluss von 5 ½ kg schweren Kuhglocken auf das Verhalten der geglockten Kühe untersuchen soll. Die Versuche wurden mit über hundert Kühen auf 25 Landwirtschaftsbetrieben in der Schweiz durchgeführt, sowohl im Stall als auch auf der Weide. Gemäß der Studie haben sowohl Glocken bei denen der Klöppel festgeklebt war als auch die klingenden Glocken eine negative Wirkung auf das Fressverhalten der Kühe gezeigt. Die Kühe fraßen weniger lang und zeigten weniger Kauschläge als Kühe ohne Glocken.

Die Wissenschaftler der ETH Zürich folgerten aus diesem Ergebnis, dass alleine das Gewicht einer Glocke am Hals schon ein Störfaktor für das Tier sei. Ob nun Gewicht oder Klang der größere Störfaktor ist, ist noch nicht klar.

Kuh mit Glocke und Gehörschutz?

Der Schallpegel einer durchschnittlichen Kuhglocke beträgt laut der durchgeführten Messungen 100 bis 113 Dezibel – das ist ähnlich laut wie eine Kettensäge oder ein Presslufthammer. Beim Menschen würde eine Dauerbeschallung in dieser Intensität zu einer deutlichen Schädigung des Gehörs führen, das Tragen eines Gehörschutzes wird daher empfohlen.
Da das Gehör von Kühen um einiges empfindlicher ist als das des Menschen, werden die Folgen für deren Gehör als sehr bedenklich von den Wissenschaftlern eingestuft – das permanente Tragen von Glocken könnte die Kühe schwerhörig machen. Die genauen Folgen seien aber noch nicht erforscht worden. Wie wichtig das Gehör für die Kuh neben der visuellen und der Kommunikation über den Geruchssinn ist, sei nicht genau bekannt, das es eine Funktion hat ist jedoch klar.

Die Funktion der Glocke durch moderne Ortungssysteme ersetzen?

Die Wissenschaftler schlagen vor, dass die Ortungsfunktion der ursprünglichen Glocke oder Schelle durch moderne Ortungssysteme via Chips und Smartphone ersetzt werden könnten. Mögliche Gehörschäden könnten durchaus als tierschutzrelevante Aspekte bezeichnet werden, erklärt Edna Hillmann, Leiterin der Gruppe für Verhalten, Gesundheit und Tierwohl der ETH Zürich und Betreuerin der Doktorantin Julia Johns, die das Thema im Rahmen ihrer Dissertation bearbeitete.
Zur Orginal-Meldung auf schweizamsonntag.ch und Schweizerbauer.ch.

Kommentar

Auf eingezäunten Weiden und im Stall machen Glocken keinen Sinn. Doch zur Alp ohne Glocke, Trychel oder Schelle ist fraglich. Im häufig auftretenden Nebel ist man auf den Glockenklang der Tiere angewiesen und der oftmals schlechte Netzempfang im Gebirge bremst den Gedanken an moderne Ortungssysteme via Chips und Smartphone deutlich aus. Zumindest in der Alp- und Almsaison haben Glocken ihren ursprünglichen Sinn also auch heute noch – Rinder im Gebirge orten können und Orientierung in der Herde, egal ob im Hellen oder im Dunkeln oder mit und ohne Empfang.