Niederländer sollen Milchkuhbestand um 11 Prozent abstocken

Ausstiegsprämie, Strafe für Überlieferung und weniger Phosphat im Futter: Die niederländische Milchviehbranche hat einen Maßnahmenplan zur Reduktion der Phosphat-Produktion bzw. zur Abstockung der Milchvieh-Herden entwickelt.

In den Niederlanden soll der Milchkuhbestand im kommenden Jahr mit finanzieller Unterstützung der Regierung um 200.000 Tiere oder gut elf Prozent abgebaut werden. Darauf haben sich der Bauernverband (LTO), der Milchwirtschaftsverband (NZO), der Jungbauernverband (NAJK), der Verband der Milchviehhalter (NMV) und die Rabobank verständigt.
Mit dieser Maßnahme erhofft man sich in Den Haag ab 2017 die Phosphatemissionen wieder unter die Obergrenze von 172,9 Mio. kg drücken zu können. Durch die Abstockung streben  die Akteure eine Verringerung der Phosphatemissionen aus Wirtschaftsdüngern um 2,5 Mio. kg an. Gelingt dies nicht, drohen dem Milchsektor Sanktionen der EU-Kommission bei der Ausnahmeregelung der EU-Nitratrichtlinie. Nach aktueller Schätzung des niederländischen Statistikamtes CBS dürfte die Phosphatobergrenze im laufenden Jahr um 6,6 Mio. kg überschritten werden. Den Überschuss für 2015 veranschlagen die Statistiker auf 7,2 Mio. kg.

Zwei Milliarden Liter Milch weniger

Die Rabobank geht mittlerweile davon aus, dass die niederländische Milchproduktion – als Folge der geplanten Abstockung – in den kommenden zwei Jahren um insgesamt mehr als zwei Milliarden Liter Milch sinken wird.
Abstocker und aufgabewillige Milchviehbetriebe sollen mit insgesamt 50 Mio. Euro entschädigt werden. Vorgesehen sind Tierprämien, die 2017 an drei Terminen in absteigender Höhe ausgezahlt werden sollen, um einen Anreiz für eine rasche Abstockung zu schaffen. Gleichzeitig würden Banken Liquiditätshilfen für aufgabewillige Betriebe bereitstellen..
Die Tierprämien sollen jeweils zur Hälfte aus Branchenmitteln und Staatsgeldern finanziert werden. Allerdings soll sich der effektive Staatsanteil an der Summe auf lediglich 7,0 Mio. Euro belaufen, weil vorwiegend Fördermittel aus dem zweiten EU-Hilfspaket für die Landwirte vom Juli 2016 lockergemacht werden sollen. Damals hatte EU-Agrarkommissar Phil Hogan unter anderem rund 23 Mio. Euro für die Niederlande zur individuellen Unterstützung der Milchbauern bereitgestellt.

Milchpreiskürzung bei Überlieferungen

Um im Milchsektor weitere 4,0 Mio. kg Phosphat einzusparen, will die Branche dem Papier zufolge einzelbetriebliche Milchreferenzmengen festlegen, deren Überschreitung die Molkereien mit geringeren Erzeugerpreise bestrafen sollen. Die individuelle Kürzung soll allerdings kleiner ausfallen, wenn der betroffene Betrieb seinen Milchkuhbestand abstockt. Außerdem sollen Milchviehhalter, die ihre Herde im Vergleich zum Stichtag 2. Juli 2015 um mindestens vier Prozent abgebaut haben, von der Kürzung verschont bleiben. Darüber hinaus ist geplant, den Phosphorgehalt im Mischfutter für Milchkühe abzusenken. Dadurch erhofft man sich eine Verringerung der Phosphatbelastung um 1,7 Mio. kg. Einen wichtigen Beitrag dazu soll auch das kostenlose Online-Programm „Kringloopwijzer“ leisten, mit dessen Hilfe die Milcherzeuger ihre einzelbetrieblichen Nährstoffkreisläufe überprüfen können.

Phosphatüberschuss von 6,6 Millionen Kilogramm

Die Durchführung des Maßnahmenpakets soll streng kontrolliert werden. Das niederländische Statistikamt (CBS) wurde aufgefordert, ein Monitoringsystem zu entwickeln. Nach den Vorstellungen des zuständigen Staatssekretärs Martin van Dam hat das CBS monatlich Berichte vorzulegen, die dann im Dreimonatsabstand als Grundlage für Zwischenstandanalysen und eventuelle Korrekturen herangezogen würden. Um die EU-Kommission zu einer Verlängerung der landesspezifischen Ausnahmen bei der Umsetzung der EU Nitratrichtlinie bis einschließlich 2021 zu bewegen, will van Dam 2018 zusätzlich ein Handelssystem für Phosphatemissionsrechte mit einer Phosphatquote in der Milcherzeugung einführen, das die Einhaltung der nationalen Emissionsobergrenze sicherstellen soll.

Molkereien uneins

Indes unterstützt der Milchindustrieverband NZO größtenteils den Plan zur Phosphatverringerung (die Molkereien DOC Kaas, Henry Willig und A-war haben angekündigt, den Plan nicht zu unterstützen) unter der Voraussetzung, dass dieser von den Wettbewerbsbehörden genehmigt wird. Außerdem fordert der Milchindustrieverband eine verbindliche Zusage über die Einführung des Handelssystems für die Phosphatrechte im übernächsten Jahr. Als problematisch wird dabei vor allem gesehen, dass die handelbaren Emissionsrechte zwangsläufig einen Wert haben würden und damit im Rahmen des EU-Rechts als Staatsbeihilfe einzuordnen wären; solche Subventionen sind aber verboten (Verstoß gegen Gemeinschaftsregeln). Inzwischen hat die Zweite Kammer dem Gesetzesvorschlag über das Handelssystem zugestimmt, jetzt wird der Gesetzentwurf an die Erste Kammer zur Begutachtung weitergeleitet.

Es steht viel auf dem Spiel

Sollten die von der EU im Rahmen der Nitratrichtlinie gewährten Vergünstigungen entfallen, dürften nach Schätzung der Rabobank fast 500.000 Kühe oder rund 30 % des Bestandes im Land zur Disposition stehen. Wieviel Milch dann noch produziert würde, sei von der Milchleistung der verbleiben Tiere abhängig. So könnte die Erzeugung um rund 3,5 Mio. Tonnen Milch oder 26 Prozent auf nur noch etwa 10 Mio. Tonnen sinken. Die niederländischen Milcherzeugerwirtschaften deutlich intensiver als ihre deutschen Kollegen: Während in Holland auf einen Hektar Weideland laut Rabobank im Durchschnitt 13.000 Liter Milch kommen, sind es in der Bundesrepublik lediglich 7.000 Liter.
Quelle: AgE