Herdenmanagement

Hohe Zellzahlen am AMS müssen nicht sein

Wer seine Kühe vom Roboter melken lässt, muss mit höheren Zellzahlen rechnen! – Immer wieder belegen Veröffentlichungen aus der Fachpresse diese Aussage. Aber nicht alle Roboterbetriebe liegen mit den Zellzahlen auf einem höheren Niveau als vor der Umstellung.

Doch was machen diese Betriebe anders als ihre Berufskollegen? Dieser Frage ist nun in einer Studie in Reinland-Pfalz nachgegangen worden. Aus 107 Roboterbetrieben wurden 32 zufällig ausgewählt, allerdings nur solche, in denen die Maschinen der beiden am meisten verbreiteten Hersteller schon mehr als ein Jahr in Betrieb waren. Von diesen Betrieben wurden Daten zu den Bereichen Haltung, Fütterung, Leistung und Einstellung des automatischen Melksystems (AMS), Hygiene und Eutergesundheit erhoben. Nach Abschluss der Datenaufnahme wurden die Betriebe nach ihrer Milchzellzahl in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe mit „niedriger“ Zellzahl (20 Betriebe mit durchschnittlich 175.000 Zellen/ml) und eine Gruppe mit „höherer“ Zellzahl (12 Betriebe mit durchschnittlich 245.000 Zellen/ml).

Weniger Zellen, mehr Milch!

Die Jahresmilchleistung lag in der höheren Gruppe bei durchschnittlich 9.000 kg und in der niedrigeren Gruppe bei durchschnittlich 8.500 kg. Bei den Fett- und Eiweißprozenten konnten keine Unterschiede festgestellt werden. Der Durchschnitt der Laktationstage lag in der niedrigeren Gruppe bei 175 Tage und in der höheren Gruppe bei 190 Tagen. Die Anzahl der Kühe an einem AMS schwankte zwischen 40 und 74 Kühen. Während die „Niedrigen“ im Durchschnitt 63 Kühe melken, waren es bei den „Höheren“ 69 Kühe an einem AMS. Die Auslastung der Roboter lag im Durchschnitt bei 560.000 – 580.000 kg Milch.

Haltung nicht ausschlaggebend!

Von den Betrieben mit niedriger Zellzahlt hatten die meisten (95%) einen freien Kuhverkehr. In der Gruppe mit höheren Zellgehalt war der Anteil mit gelenktem Kuhverkehr höher (drei der zwölf Betriebe). Hinsichtlich der Gestaltung und der Pflege der Liegeboxen wurden keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen festgestellt. Kurz gesagt: Die Unterschiede in der Haltung der Kühe können nicht die Ursache für die verschieden hohen Zellen in der Milch der untersuchten Betriebe sein.

Der Einfluss der Fütterung…

Im Hinblick auf die Fütterung fiel beim Vergleich der beiden Gruppen auf, dass bei den Betrieben mit niedriger Zellzahl die Differenz zwischen der täglich gemolkenen Milch (29,1 kg/Kuh) und der vorgelegten Trogration (23,5 kg/Kuh) 5,6 kg Milch beträgt. Dem steht eine Differenz von nur 2,5 kg bei der Gruppe mit den höheren Zellzahlen gegenüber. Die allgemeine Beratungsempfehlung liegt bei einer Differenz von 5 – 7 kg. Der geringe Unterschied spiegelt sich in einem schlechteren Laufverhalten der Herden wieder. Die durchschnittliche Anzahl der Melkungen je Tag lag bei den „Niedrigen“ mit 170 Melkungen höher als bei den Betrieben mit höherer Zellzahl (163 Melkungen) und das, obwohl die Zahl der Kühe bei ersteren geringer war. Bezüglich Kraftfuttermenge- und Sorten waren keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen feststellbar.

Zwischenmelkzeiten beeinflussen Zellzahl

Sowohl zu niedrige ( 5h) als auch zu lange (12h) Zwischenmelkzeiten sind als kritisch anzusehen. Bei den „Höheren“ wurden prozentual mehr Kühe in einem zu kurzem oder zu langem Melkintervall gemolken. Bei Vergleich der Daten der Roboter fallen sonst keine Unterschiede auf, weder bei der Einstellung der Melkmatrix noch bei den Zulassungsbeschränkungen für die Kühe nach Zeit, Milchmenge oder der gemolkenen Milchmenge je Roboter. Die Routinearbeiten und die tägliche Kontrolle der Kühe waren auf allen Betrieben ähnlich.

Weniger Zellen bei Zwischendesinfektion

Bei der Melkhygiene fiel auf, dass die Betriebe mit niedrigen Zellzahlen häufiger drei Hauptreinigungen pro Tag durchführten. In dieser Gruppe verfügten 40% der Betriebe über eine Dampfreinigung zur Melkzeugzwischendesinfektion im Vergleich zu zwei Betrieben bei der „höheren“ Gruppe. Ein Dippmittel wurde in beiden Gruppen bei rund 80% der Betriebe eingesetzt. Beim Wechsel von Bürsten und Zitzengummis gab es ebenfalls keine Unterschiede zwischen beiden Gruppen. In knapp der Hälfte der Betriebe wurden die Euterhaare regelmäßig entfernt, in der Gruppe mit den höheren Zellzahlen sogar häufiger als in der Gruppe mit den niedrigeren Zellzahlen.

Mastitis und Trockenstellen

Analog zum Zellgehalt wurden klinische Euterentzündungen in der Gruppe mit niedrigeren Zellgehalten bei 12,4% der Kühe beobachtet im Vergleich zu 17,2% in der Gruppe mit höheren Zellzahlen. Mastitisbehandlungen während der Laktation waren in der niedrigeren Gruppe weniger häufig erforderlich (13,1% gegenüber 18,8%), wobei die Behandlungsdauer im Durchschnitt 2,8 bzw. 4,0 Tage betrug. Beim Trockenstellen fiel auf, dass 35% der Betriebe mit niedriger Zellzahl zusätzlich einen internen Zitzenversiegler einsetzten, bei der „Höheren“ Gruppe hingegen nutzt dies nur ein Betrieb.  
 
Quelle: Werner Baumgarten (DLR Westerwald-Osteifel), Wolfram Klawonn (Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz), Andre Nolden (Landeskontrollverband Rheinland-Pfalz)