Fütterungsberater-Tagung NRW 2017

Neue Herausforderungen in der Fütterungspraxis

GVO-frei produzierte Milch ist auf dem Weg zur deutschen Standardmilch zu werden. Sie passt aber schlecht zu einer P-reduzierten Fütterung im Sinne der Düngeverordnung.

Mit der neuen Düngeverordnung (DüVO) wird die GVO-freie Fütterung weiter erschwert: Nicht nur der Stickstoff (N) sondern auch der Phosphat (P)-Austrag über Gülle und Mist muss reduziert werden. Die DüVO halbiert die tolerierbaren P-Überhänge von 20 kg/ha auf 10 kg/ha im Bilanzsaldo.

Auf Sicherheitszuschläge von N und P in der Fütterung sollte demnach in der Zukunft verzichtet werden. Es gilt in der Rationsgestaltung den Bedarf der Kühe exakt am unteren Niveau zu treffen. Damit gegebenenfalls Milchleistung einzubüßen kann im Ernstfall günstiger sein, als Gülle für 10 bis 25 €/m3 angeben zu müssen!
Was das mit der GVO-freien Fütterung zu tun hat?
Wenn die P-Menge, die die Kühe ausscheiden, reduziert werden soll, gibt es bisher nur einen wesentlichen Ansatz: die P-Versorgung über die Fütterung reduzieren, indem P-arme" Komponenten eingesetzt werden. Da Soja als Eiweißkomponente nur begrenzt in GVO-freier Qualität verfügbar ist, setzten viele GVO-frei produzierende Milcherzeuger auf der Eiweißseite auf Rapsprodukte. Der P-Gehalt von Raps ist aber deutlich höher als bei Soja (RES 12,5 g P/kg TM vs. SES 7,3 g P/kg TM). Dieses Problem kann natürlich auch normal" fütternde Betriebe betreffen. Die Auswahl an geeigneten Komponenten mit geringen P-Gehalten ist begrenzt.

Futtermittel

P-Gehalt, g/kg TM

Weizenkleie

13,0

Rapskuchen

12,9

Rapsextraktionsschrot

12,5

Sonnenblumenextraktionsschrot

11,0

Weizenschlempe

9,0

Maiskleberfutter

9,0

Sojaextraktionsschrot

7,3

Ackerbohnen

5,4

Weizen

3,8

Melasseschnitzel

0,8

Grassilage

3,4

Maissilage

2,2

Alle Silagen auf Nähr- und Mineralstoffe analysieren! 

Die P-Gehalte von Futterkomponenten sind nicht stabil. Bei den Silagen können Futterbaubetriebe die Einsatzmengen zudem nur schwierig variieren (Mittelwerte Grassilage 3,4 g P und Maissilage 2,2 g P/kg TM). Durch die verschärfte Notwendigkeit Sicherheitszuschläge an N und P in der Fütterung abzustellen, wird es noch einmal wichtiger alle Silagen einer Grundfutteranalyse zu unterziehen! Dabei auch die Mineralstoffe untersuchen! Sicherlich wird auch die Analyse von anderen Betriebsfuttermitteln an Bedeutung gewinnen. Das sich der Aufwand lohnt, zeigen die P-Gehalte in den Ergebnisse der Grassilageanalysen der LUFA NRW vom 1. Schnitt 2017. Sie schwankten von 1,8 bis 4,7 g P/kg TM! Bei Getreide konnten z.B. bei Weizenproben der LUFA NRW schwankten 2017 die P-Gehalte zwischen 2,3 und 3,5 g P/kg TM.

Futterharnstoff in den empfohlenen, begrenzten (!) Mengen einzusetzen, kann sinnvoll sein. Auch die Energiekomponenten sind zu beachten, Melasseschnitzel mit nur 0,8 g P/kg TM werden hier interessant. Phosphor über Mineralfutter zu ergänzen ist in der Regel unnötig.
Milchleistungsfutter sollten mit einem P-Gehalt von max. 4,5 g/kg eingestellt sein. Mischfutter-Herstellern weisen bereits jetzt daraufhin, dass durch die noch weiter begrenzte Auswahl an Komponenten, die Preise für Mischfutter steigen: Weniger P = teurere Fütterung!

Scharf am Bedarf füttern

Alleine wenn Betriebe es schaffen, ihre Futterrationen so zu mischen, dass sie streng am Bedarf füttern, können sie die N- und P-Ausscheidungen ihrer Kühe um etwa 10 % reduzieren! Fütterungsgruppen bei den laktierenden Kühen zu organisiseren kann hiermit wieder interessanter werden. Als Bedarfswerte werden folgende empfohlen:

Laktierend Kühe 3,3 bis 4,2 g P/kg TM Gesamtration
  • 4,2 g P/kg TM für Kühe mit 50 kg Tagesgemelk
  • 3,7 g P/kg TM für Kühe mit 32 kg Tagesgemelk
  • 3,4 g P/kg TM für Kühe mit 29 kg Tagesgemelk
  • 3,2 g P/kg TM für Kühe mit 21 kg Tagesgemelk

  • Trockene Kühe 2,8 g/kg TM Gesamtration

  • 4,2 g P/kg TM für Kühe mit 50 kg Tagesgemelk
  • 3,7 g P/kg TM für Kühe mit 32 kg Tagesgemelk
  • 3,4 g P/kg TM für Kühe mit 29 kg Tagesgemelk
  • 3,2 g P/kg TM für Kühe mit 21 kg Tagesgemelk

  • Trockene Kühe 2,8 g/kg TM Gesamtration

Milchleistung (kg ECM) und Menge Futtermittel in kg FM

Futtermittel

37 kg ECM

27 kg ECM

Trocken

Grassilage

17

21

9

Maissilage

17

21

13

Stroh

0,3

0,3

3

RES, geschützt

2,0

RES

1,0

1,2

0,5

Weizen/Gerste

4,0

1,8

0,5

Melasseschnitzel

3,5

1,0

Harnstoff

0,1

0,1

0,05

Mineralfutter (20/0/10/5)

0,15

0,15

0,1

Nachweise für die Kontrolle liefern

Milcherzeuger müssen eine N- und P-reduzierte Fütterung nachweisen können. Hier zu können laut Dr. Martin Pries (LWK NRW) der Harnstoffbericht Milch für die N-Reduktion und für die P-Gehalte beim Einsatz von industriellem Mischfutter die Deklaration (Lieferscheine) bzw.  bei Hofmischung Ergebnisse von Futteruntersuchungen dienen. Dazu gehört die aktuelle Futterberechnung. Einen Schritt weiter ist man bereits im Schweinebereich, hier müssen Input (Futteruntersuchungen und Berechnungen und Mengen), Ansatz (tierische Leistungen, Tierzahl) und Output (Gülleanalyse) angeben werden.
Forschungs-Exkurs P-Effizienz Niederlande
Pansenfistulierte Kühe für Verdauulichkeitsuntersuchungen.

In Schothorst wurde die P-Verfügbarkeit verschiedener Futtermittel im Pansen und Dünndarm untersucht. Ziel ist es mit diesen Werten die P-Effizienz weiter zu steigern. Foto: Berkemeier (Bildquelle: Elite Magazin)



Niederländische Untersuchungen (Schothorst Feed Research B.V.) sind in der P-Diskussion schon weiter: Hier wurden ermittelt und untersucht, wie gut der Phosphor einzelner Futtermittel im Pansen (Ruminale-P-Bilanz, RPhosB) und Dünndarm (WDVPhos) verfügbar ist und verstoffwechselt werden kann. So nimmt etwa in der Regel mit der Pansenbeständigkeit des Futter-Stickstoffs auch die des Phosphors im Futter zu (behandelte Komponenten z.B. Extraktionsschrote). Und dann ist etwa das P aus Sojaextraktionsschrot im Dünndarm besser verdaulich als das aus Rapsextraktionsschrot. Die Erkenntnisse aus den Studien werden bereits in der niederländischen Fütterungspraxis berücksichtigt. Gerade, wenn unter dem Bedarfswert ( 3,5 g P/kg TM) gefüttert werden soll, sollte mit diesem Verdauulichkeiten von P gearbeitet werden!
Zudem laufen Untersuchungen, die sich damit beschäftigen, wie sich eine Versorgung der Kühe mit Phosphor unter den Bedarfswerten auswirkt ( 3,5 g P/kg TM). Bei den laktierenden Kühen sei es kurzfristig kein Problem (Milchleistung, Fruchtbarkeit). Probleme gibt es aber nach dem die Kuh gekalbt hat. Hier werden Zusammenhänge aus reduzierter Futteraufnahme, Downer Cow Syndrom und einem verschlechterten Energiestoffwechsel (Konditionsabbau) gesehen. Für Praxis-Empfehlungen gibt es bislang aber noch zu wenig verlässliche Erkenntnisse! Langzeituntersuchungen laufen.

Quelle: Vorträge bei der Tagung der amtlichen und unternehmensgebundenen Fütterungsberatung Nordrhein-Westfalen am 21.11.2017

Text: Berkemeier