Mehr Milch mit dem Schweizer-Fütterungssystem?

Eine Rationsberechnung mit dem Schweizer Fütterungssystem lässt Futteraufnahme und Milchleistung anstiegen, berichtete uns vor kurzem ein Berater. Wir haben nachgefragt, was es damit auf sich hat.

Die Rationsberechnungen in der Schweiz basieren auf einem anderen Prinzip. Kurz gesagt: Die Proteinversorgung wird exakter berechnet!
Um die Proteinversorgung der Milchkühe auf die Milchleistung (Bedarf) abzustimmen, wird bei den Rationsberechnungen in der Schweiz seit dem Jahr 2000 der APDN-Wert" genutzt. Damit wird dem unterschiedlichen Proteinabbau Rechnung getragen. Ziel ist, die Inhaltsstoffe der Ration noch besser zu synchronisieren (d.h. jederzeit soviel Energie bereitzustellen, dass jederzeit alle Nährstoffe verdaut" werden können). Letztlich sollen die Kühe dadurch mehr Futter aufnehmen und die Milchleistung ansteigen.

Exaktere Proteinbewertung

Im Allgemeinen ist die Proteinversorgung eng mit der Energieversorgung gekoppelt, dabei hat die Kuh für Erhaltung und Milchleistung einen bestimmten Bedarf. Die Energiebewertung erfolgt auch in der Schweiz nach dem bekannten NEL-Prinzip. Um die Eiweißgehalte eines Futtermittels zu bewerten, nutzt man jedoch den APD-Wert: Dabei werden die gefütterten Proteine in pansenabbaubare und pansenstabile Komponenten unterteilt. Die Kuh benötigt beides, möglichst ausgeglichen. Da die Grundfuttermittel sehr unterschiedliche Gehalte aufweisen, kann die Proteinversorgung besonders durch das Ausgleichsfutter angepasst werden. Das Ausgleichsfutter lässt sich so abstimmen, dass sowohl schnell als auch langsam abbaubares Protein vorhanden ist. Die Kuh kann so die Nährstoffe, zumindest theoretisch, effizienter nutzen.
Hier noch einige Details:
  • Das System bezieht sich auf die Proteinzufuhr im Darm (APD = absorbierbares Protein im Darm").
  • Dabei wird die Löslichkeit des Proteins am Darm in APDN (pansenstabiles Protein) und in APDE (pansenabbaubares Protein) unterteilt.
  • Der Bedarf an APD errechnet sich aus demKörpergewicht und der Milchleistung der Kuh. Unterstellt wird, dass die Kuh dabei einen gleich hohen Bedarf an APDN und APDE hat.
  • Auch das Verhältnis von Energie- und Proteinzufuhr am Darm sollte ausgeglichen sein. Daher wird neben der Differenz von APDN zu APDE auch die Differenz von NEL zu APDN bzw. APDE berechnet. Die Differenz von NEL zu APDE bzw. APDN (niedrigerer Wert) zeigt an, welches Ausgleichsfutter eingesetzt werden sollte (Energieausgleichsfutter oder Proteinausgleichsfutter). Die APDN-Werte werden in g/kg TS angegeben.
  • Innerhalb die Rationsberechnung darf der Rohfasergehalt und die Mineralstoffversorgung nicht außer Acht gelassen werden. Besonders die Wiederkauaktivität gibt Auskunft über den Strukturgehalt der Ration (Rationscontrolling).

Fast jeder Betrieb füttert nach diesem System ein separates, individuell an den Bedarf angepasstes Ausgleichsfutter. In der Schweiz wird häufig das Fütterungsprogramm Agridea" genutzt, um Rationen inklusive der Eiweißbewertung zu berechnen (mehr dazu hier). Entsprechende Futteranalysen können auch Betriebe in Deutschland anfertigen lassen. Fütterungsberater senden Futterproben in die Schweiz, sodass sie dort auf alle Inhaltsstoffe (d.h. auch auf die APDN-Werte) untersucht werden können. Eine Analyse kostet ca. 60 bis 65 €.
Rationscontrolling bleibt wichtig
Natürlich bringt die beste Rationsberechnung nichts, wenn die Kühe selektieren. Daher die Ration regelmäßig kontrollieren und MLP-Ergebnisse (besonders Harnstoffwerte!), die Wiederkauaktivität oder BCS einbeziehen.
Tipp: Besonders schwer fällt es Kühen, eine Kompakt-TMR zu selektieren. Allerdings muss diese sehr exakt gemischt werden. Mehr Informationen zum Thema Kompakt TMR liefert der Artikel Füttern ohne Sozialstress" in der Elite Ausgabe 05/2018 (hier geht es zu dem Artikel).

Fazit

Das Schweizer System der Futterbewertung ermöglicht ein exakteres Füttern und eine bessere Versorgung der Kuh. Fütterungsprofis können damit einiges rausholen. Wichtiger jedoch als das Analysesystem ist die Sorgfalt in der täglichen Fütterung. Liegt das Futter einen halben Meter vom Einzugsbereich" der Kühe entfernt oder lässt sich die Ration selektieren, wird sich auch mit dem genauestens berechneten Futter keine hohe Milchleistung ermelken lassen!
Quelle: Strickhof, Villstar.CH, Agridea, LBBZ Schüpfheim
In Deutschland wird gerade die Frage diskutiert, ob die Rationsberechnungsmethoden angepasst werden müssen. Weitere Infos finden Sie im Artikel Energiebedarf anpassen" in der Elite Ausgabe 05/2018. Hier wird u.a. hinterfragt, ob die NEL zur Energiebewertung noch zeitgemäß ist (hier geht es zu dem Artikel).


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