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Kuhwohl und mehr …

Am 8. und 9. Juni lud Elite zum Intensiv-Seminar Kuhwohl und mehr in Niedersachsen und Bayern ein. Praktikable Lösungen zur Optimierung des Tierwohls stellte dabei unter anderem die weltweit anerkannte kanadische Tierwohlexpertin, Prof. Nina von Keyserlingk, Universität von British Columbia, vor.

In mehr Tierwohl zu investieren mache immer Sinn, darin stimmten die drei Referenten, die kanadische Tierwohlexpertin, Prof. Marina (Nina) von Keyserlingk, Universität von British Columbia sowie die beiden praktischen deutschen Tierärzte Dr. Frajo Siepelmeyer, Veterinärgemeinschaft Nordenham und Dr. Wolfgang Hasseler, Veterinärgemeinschaft Papenburg, überein.
Denn es sind Investitionen, die sich nachhaltig auszahlen. Auch – und vielleicht gerade! – in Zeiten niedriger Milchpreise lässt sich mit Verbesserungen in der Aufzucht der Kälber oder bei der Haltung der Kühe die Wirtschaftlichkeit der Produktion verbessern. Wird man dem Wohlergehen von Kälbern, Rindern und Kühen möglichst gut gerecht, rentiert sich dies schnell: Mit gesunden Tieren. Gesund und stressfrei zu sein, bedeutet mehr freie Energie für die Leistung in Wachstum, Fruchtbarkeit und Milchproduktion. Tolle Nebeneffekte: niedrigere Tierarztkosten und eine viel bessere Akzeptanz der Verbraucher.
Die drei Referenten zeigten im Rahmen des Seminares „Kuhwohl und mehr”, wie Milcherzeuger ihre Betriebe in Sachen Wohlergehen der Tiere fit für heute und die Zukunft machen können.
Prof. Marina von Keyserlingk, Universität British Columbia (CA), UBC Animal Welfare Programm:
Prof. Marina von Keyserlingk

(Bildquelle: Elite Magazin)

Marina (Nina) von Keyserlingk stellte Versuchsergebnisse aus ihrem Animal Welfare Program an der Universität von British Columbia vor. Die auf einem Mutterkuhbetrieb aufgewachsene Professorin versteht es, abzuwägen und zu vermitteln, wie die Erkenntnisse aus den Studien sinnvoll in den Produktionsalltag auf den Milchviehbetrieben eingebracht werden können. Sie ist sich sicher, dass Forschung nur etwas in ganz kleinen Schritten bringt und auch nur so könnten neue Erkenntnisse dauerhaft und erfolgreich in den Betrieben umgesetzt werden. Daher brachte sie auch eine einfache und überschaubare Liste mit Take Home Messages für die Kälberaufzucht mit:
  • Mehr Milch in den ersten drei Lebenswochen füttern – immer mit Nuckel! Denn sie und die Studenten an der UBC konnten in ihren Studien feststellen, dass Kälber, anders als in den Ansätzen der restritiven Fütterung vermutet, viel besser und schneller wachsen, wenn sie in den ersten Lebenswochen (LW) Milch ad libitum getränkt bekommen. Denn das Getreide im Starter können Kälber in den ersten drei Wochen gar nicht verdauen und damit nicht in Wachstum umsetzen. Sie empfiehlt daher 8 Liter Milch pro Tag in den ersten drei Wochen. An der UBC bekommen die Kälber dabei jeweils morgens und nachmittags 4 Liter Vollmilch für zwei Stunden angeboten.
  • Mehr Milch füttern – schrittweise abtränken. Ab dem 24. Lebenstag (LT) wird schrittweise die Menge bis zum 52. Lebenstag verringert und die Kälber so langsam entwöhnt. Ab der dritten Woche steigen dann auch die Starteraufnahmen. Kälber müssen mit dem Nuckel saufen, auch in der Gruppe. So wird der natürliche Saugreflex gestillt (in der Natur saugt ein Kalb pro Mahlzeit fünf bis zehn Minuten) und langsam getrunken. Das ist besser für die Verdauung und bedeutet weniger Stress, so gibt es kein gegenseitiges Ansaugen und weniger Futterkonkurrenz.
  • Raufaser füttern – schon früh im Leben. Denn Kälber können sich nur langsam zum Wiederkäuer entwickeln, auch Mutterkuhkälber testen schon in den ersten Lebenstagen mal Raufutter/Gras. Ein früher Zugang zu Heu (in der Studie ab dem 1. LT, auf ca. 5 cm geschnitten) förderte die Starteraufnahme schon vor und vor allem nach dem Absetzen. Die Kälber hatten ab der 10 LW. deutlich größere Pansen und vorallem höhere Pansen-pH-Werte. Zu viel Starteraufnahme ohne Raufutter führt zu Pansenazidosen und damit zu schlechteren Wachstumsleistungen.
  • Kälber mit Partner(n) aufziehen. Kälber, die ab dem dritten Lebenstag (nicht eher, gerade große, schwere Kälber sind in den ersten Tagen noch träge und trinken nicht sicher genug selbstständig) paarweise mit gleichaltrigen Kälbern gehalten wurden, fressen insgesamt besser, haben dadurch höhere Tageszunahmen und lernen auch besser mit anderen Kälbern und neuen Dingen (z.B.Tränkeautomat, neues Futter, neue Ställe) zurecht zu kommen. Das wiederum bedeutet weniger Stress für die Tiere und weniger Stress bedeutet bessere Leistungen! Das heißt aber nicht, dass zwei Kälber in ein Einzeliglu gestellt werden, das ist viel zu klein!! Ideal sind Boxen, die durch Entnahme einer Mittelwand verbunden werden können.
  • Kälber überwachen und Kennzahlen vergleichen. Benchmarking (überbetrieblicher Kennzahlenvergleich) ist für Nina von Keyserlingk der Schlüssel um die Produktion in allen Bereichen zu verbessern. Denn nur der Betrieb der seine Zahlen kennt und sieht, wo er im Vergleich zu den anderen Betrieben in der Region (darüber hinaus) steht, kann sich verbessern. Vergleichen motiviert, denn keiner will freiwillig der Schlechteste sein! An der UBC wurde daher ein Benchmarking-Programm für die Kälberaufzucht entwickelt und auf über 300 Praxis-Betrieben durchgeführt. Untersucht wurden dabei u.a. der Serum Protein Gehalt im Blut, um die Kolostrumversorgung zu überprüfen und die Gewichtszunahme über die ersten 70 bis 80 Lebenstage. Die Berichte mit den Kennzahlenvergleichen wurden den Betrieben am Ende in Absprache mit dem Betriebstierarzt übergeben. Gemeinsam konnten sie auf Basis der Daten dann ein Maßnahmenplan entwickeln, mit dem die Situation verbessert werden konnte.

Mehr zu Marina von Keyserlingk und ihrer Arbeit.
  • Mehr Milch in den ersten drei Lebenswochen füttern – immer mit Nuckel! Denn sie und die Studenten an der UBC konnten in ihren Studien feststellen, dass Kälber, anders als in den Ansätzen der restritiven Fütterung vermutet, viel besser und schneller wachsen, wenn sie in den ersten Lebenswochen (LW) Milch ad libitum getränkt bekommen. Denn das Getreide im Starter können Kälber in den ersten drei Wochen gar nicht verdauen und damit nicht in Wachstum umsetzen. Sie empfiehlt daher 8 Liter Milch pro Tag in den ersten drei Wochen. An der UBC bekommen die Kälber dabei jeweils morgens und nachmittags 4 Liter Vollmilch für zwei Stunden angeboten.
  • Mehr Milch füttern – schrittweise abtränken. Ab dem 24. Lebenstag (LT) wird schrittweise die Menge bis zum 52. Lebenstag verringert und die Kälber so langsam entwöhnt. Ab der dritten Woche steigen dann auch die Starteraufnahmen. Kälber müssen mit dem Nuckel saufen, auch in der Gruppe. So wird der natürliche Saugreflex gestillt (in der Natur saugt ein Kalb pro Mahlzeit fünf bis zehn Minuten) und langsam getrunken. Das ist besser für die Verdauung und bedeutet weniger Stress, so gibt es kein gegenseitiges Ansaugen und weniger Futterkonkurrenz.
  • Raufaser füttern – schon früh im Leben. Denn Kälber können sich nur langsam zum Wiederkäuer entwickeln, auch Mutterkuhkälber testen schon in den ersten Lebenstagen mal Raufutter/Gras. Ein früher Zugang zu Heu (in der Studie ab dem 1. LT, auf ca. 5 cm geschnitten) förderte die Starteraufnahme schon vor und vor allem nach dem Absetzen. Die Kälber hatten ab der 10 LW. deutlich größere Pansen und vorallem höhere Pansen-pH-Werte. Zu viel Starteraufnahme ohne Raufutter führt zu Pansenazidosen und damit zu schlechteren Wachstumsleistungen.
  • Kälber mit Partner(n) aufziehen. Kälber, die ab dem dritten Lebenstag (nicht eher, gerade große, schwere Kälber sind in den ersten Tagen noch träge und trinken nicht sicher genug selbstständig) paarweise mit gleichaltrigen Kälbern gehalten wurden, fressen insgesamt besser, haben dadurch höhere Tageszunahmen und lernen auch besser mit anderen Kälbern und neuen Dingen (z.B.Tränkeautomat, neues Futter, neue Ställe) zurecht zu kommen. Das wiederum bedeutet weniger Stress für die Tiere und weniger Stress bedeutet bessere Leistungen! Das heißt aber nicht, dass zwei Kälber in ein Einzeliglu gestellt werden, das ist viel zu klein!! Ideal sind Boxen, die durch Entnahme einer Mittelwand verbunden werden können.
  • Kälber überwachen und Kennzahlen vergleichen. Benchmarking (überbetrieblicher Kennzahlenvergleich) ist für Nina von Keyserlingk der Schlüssel um die Produktion in allen Bereichen zu verbessern. Denn nur der Betrieb der seine Zahlen kennt und sieht, wo er im Vergleich zu den anderen Betrieben in der Region (darüber hinaus) steht, kann sich verbessern. Vergleichen motiviert, denn keiner will freiwillig der Schlechteste sein! An der UBC wurde daher ein Benchmarking-Programm für die Kälberaufzucht entwickelt und auf über 300 Praxis-Betrieben durchgeführt. Untersucht wurden dabei u.a. der Serum Protein Gehalt im Blut, um die Kolostrumversorgung zu überprüfen und die Gewichtszunahme über die ersten 70 bis 80 Lebenstage. Die Berichte mit den Kennzahlenvergleichen wurden den Betrieben am Ende in Absprache mit dem Betriebstierarzt übergeben. Gemeinsam konnten sie auf Basis der Daten dann ein Maßnahmenplan entwickeln, mit dem die Situation verbessert werden konnte.

Dr. Frajo Siepelmeyer, Veterinärgemeinschaft Nordenham

Dr. Frajo Siepelmeyer

(Bildquelle: Elite Magazin)

Frajo Siepelmeyer erklärte, wie die CC-relevante und gesetzliche Anforderung einer Leidens- und Schmerz-armen Enthornung umgesetzt werden sollte und warum der Einsatz von Sedativa und Schmerzmittel einfach richtig und eine gute Möglichkeit ist.
Um das Schmerzempfinden von Kälbern einschätzen zu können, sollte man sich vor Augen führen, dass Rinder Herdentiere sind. Ihr Instinkt Wer Schmerz zeigt fällt auf und wird leicht Opfer eines Raubtieres" hat früher Leben gerettet. Rinder zeigen Schmerzen daher nicht so stark, oft zeigen sie diese nur unauffällig und wirken gleichmütig. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie keine Schmerzen haben!
Richtig Enthornen:

Eine Sedierung stellt keine Betäubung dar, sondern eine Beruhigung (Betäubung nur durch den Tierarzt). Beruhigungsmittel/ Sedativa können laut § 57a AMG vom Tierarzt verschrieben und vom Landwirt, laut § 58 AMG dosisabhängig angewendet werden (0,25 ml bis 0,5 ml/ 100 kg Lebendgewicht). In den AUA-Belegen dokumentieren!

  1. Den richtigen Zeitpunkt wählen: bis max. zur 6. Lebenswoche, wenn das Kalb allgemein möglichst wenig Stress hat (keine Umstallung/Umstellung).
  2. Sedierende und schmerzlindernde Medikamente rechtzeitig vor dem Eingriff verabreichen: 15 Minuten vor dem Enthornen.
  3. Um den Hornansatz herum scheren (kein Verkleben des Brennkopfes durch lange Haare und damit bessere Brennleistung und ein schnelleres Enthornen).
  4. Den passenden Brennkopf (nicht zu groß) wählen, gründlich reinigen und zur maximalen Temperatur bringen.
  5. Lederhaut um den Hornansatz abbrennen: Nicht länger als 15 Sekunden in drehender Bewegung.
  6. Durchgängig brennen: Die 4 bis 5 mm tiefe Furche muss vollständig durchgezogen sein, denn nur so wird die Nährstoffzufuhr in den Hornansatz sicher unterbrochen.
  7. Den Hornansatz NICHT heraus hebeln. Das ist absolut nicht notwendig, wenn die Furche vollständig durchgezogen ist (Drehbewegung)!

Dr. Frajo Siepelmeyer bat darum, zu bedenken, dass wir heute diese einfache und wirksame Möglichkeit haben, den Tieren Schmerzen und damit Stress zu ersparen. Die Notwendigkeit des Enthornens ist das eine, doch auch ein Verbraucher akzeptiert einen solchen Vorgang, wenn er weiß, dass alles versucht wird, um dem Tier so wenig wie möglich zu schaden. Auch derjenige, der die unangenehmste Arbeit auf dem Betrieb durchführen muss, ist dankbar über diese Erleichterung.
  1. Den richtigen Zeitpunkt wählen: bis max. zur 6. Lebenswoche, wenn das Kalb allgemein möglichst wenig Stress hat (keine Umstallung/Umstellung).
  2. Sedierende und schmerzlindernde Medikamente rechtzeitig vor dem Eingriff verabreichen: 15 Minuten vor dem Enthornen.
  3. Um den Hornansatz herum scheren (kein Verkleben des Brennkopfes durch lange Haare und damit bessere Brennleistung und ein schnelleres Enthornen).
  4. Den passenden Brennkopf (nicht zu groß) wählen, gründlich reinigen und zur maximalen Temperatur bringen.
  5. Lederhaut um den Hornansatz abbrennen: Nicht länger als 15 Sekunden in drehender Bewegung.
  6. Durchgängig brennen: Die 4 bis 5 mm tiefe Furche muss vollständig durchgezogen sein, denn nur so wird die Nährstoffzufuhr in den Hornansatz sicher unterbrochen.
  7. Den Hornansatz NICHT heraus hebeln. Das ist absolut nicht notwendig, wenn die Furche vollständig durchgezogen ist (Drehbewegung)!

Dr. Wolfgang Hasseler, Veterinärgemeinschaft Papenburg

Dr. Wolfgang Hasseler

(Bildquelle: Elite Magazin)

Wolfgang Hasseler widmete sich dem Thema der klimatischen Verbesserung in Kälber- und Rinderställen. Auch dieser Faktor trägt erheblich dazu bei, dass Kälber gesund und somit leistungsfähig aufwachsen. Schlechte Luftbedingungen, also wenig Austausch von verbrauchter und frischer Luft, führen zu erhöhten Keimgehalten in der Luft (Mitursache für Atmenwegserkrankungen). Eine aus den USA stammende und auch in Europa immer populärer werdene Möglichkeit, um in bestehenden und neuen Ställen optimale Luftverhältnisse zu schaffen, ist die Positive Pressure Tube Ventilation (Schlauchbelüftung), kurz Tubes. Durch sie ist es möglich, in allen Stallbereichen Luftgeschwindigkeiten von 0,2 bis 0,3 m/Sek zu erreichen und dabei genügend Frischluft zuzuführen.
Wolfgang Hasseler konnte gemeinsam mit Vetsmarttubes mittlerweile über 100 Tubes (Kunststoffschläuche, die über strömungsphysikalische Berechnungen nach Durchmesser und Lochung sowie exakte Position an die individuellen Gebäudebedingungen ausgelegt werden) bundesweit einrichten. Der Vorteil dieser Schläuche, die durch einen Ventilator 365 Tage im Jahr gleichmäßig mit Frischluft gefüllt werden (müssen!!), ist, dass sich die frische Luft immer mit der gleichen Geschwindigkeit in den Stall bewegt. So entsteht keine Zugluft. Wichtig ist, dass die verbrauchte Luft entweichen kann. Die Ställe brauchen dafür ausreichend große Bereiche, durch die die verbrauchte Luft durch den Druck der Frischluft nach draußen verdrängt werden kann (Curtains, Dachöffnungen).
Durch diese konstante ideale Luftzuführung sind die Tubes nicht nur eine Lösung für Altgebäude. Denn alle Ställe, die auf natürliche Belüftung setzen, haben ein Problem: Windstille. Und die hängt meistens mit anderen ungünstigen Witterungsbedingungen zusammen: Nebel und sehr hohe Temperaturen, Schwüle. Klar ist, dass Tubes keine Lösung für die letzte Ecke sind, erklärte Wolfgang Hasseler. In manche Ställe lohnt sich einfach keine weitere Investition.
Und auch ist ein Tube nicht für alle Landwirte geeignet, musste Hasseler in den letzten zwei Jahren lernen. Die Tubes müssen genau nach Plan aufgehängt werden. Doch Landwirte sind oft erfinderisch! Wird etwa der Schlauch kurzerhand bei der Montage durch den Landwirt, anders als geplant, an den einen Stützpfeiler befestigt, weil er da so passend steht, entspricht das nicht mehr den Konstruktions-Berechnungen des Tubes – die Belüftung kann nicht richtig funktionieren! Ebenso die Einstellung des Ventilators. Es gibt nur eine: 365 Tage AN, ohne Abstufungen und nur AUS, wenn eingestreut wird. Stufenregelungen sind also tabu!

Und was hat's gebracht?

In Betrieben die gemeinsam mit Wolfgang Hasseler ihre Ställe mit Tubes ausgerüstet haben und die die Tubes den Berechnungen entsprechend super exakt" aufgehängt haben und betreiben, sind zu sehr frieden. Der Keimgehalt konnte um bis zu 65 % reduziert werden! Dass die Atemwegserkrankungen dadurch deutlich zurückgegangen sind, belegt ein Vergleich der Tierarztkosten im Kälberbereich. Eine Verringerung des Antibiotikaeinsatzes von bis zu 70 % wurde erreicht!

Die beiden Seminare wurden unterstützt von Boehringer Ingelheim.