Kuh schwimmt 1.900 m durch den Hennesee

Unglaublich aber wahr: Eine hochtragende Färse entzog sich dem Zugriff beim Weideabtrieb und durchquerte auf ihrer Flucht gleich mehrmals den Hennesee. Dabei ist sie sogar unter einem Ausflugsdampfer durchgetaucht.

Karl Ludwig Kotthoff und sein Vater Wilhelm aus Vellinghausen (Sauerland) konnten nicht ahnen, was auf sie zukommen würde, als sie die neuen Färsen von der nahe gelegenen Weide zum Hof trieben, um die hochtragenden Tiere auszusortieren. Kurz vor dem Hof machte sich ein Rind selbstständig und versteckte sich erst in einem Busch und lief dann nach einigen vergeblichen Einfangversuchen in Richtung Meschede. Diese Flucht konnten die beiden Landwirte stoppen, indem sie das Tier erst einmal auf eine Weide des Nachbarn trieben. „Da die Färse sehr nervös war, ließen wir sie dort, damit sie sich erst einmal beruhigen konnte“, so Karl-Ludwig Kotthoff. Drei Tage später wollten Kotthoffs mit Verstärkung die Färse von der Weide des Nachbarn holen. Doch das Tier büxte wieder aus und verschwand im Wald, wo es die Landwirte aus den Augen verloren. Später erfuhren Kotthoffs durch einen Anruf, dass die Kuh im Hennesee von Anglern gesehen wurde. Dort habe das Tier vergeblich versucht, an einer steilen Stelle das Ufer zu erreichen.
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(Bildquelle: Elite Magazin)

Was also tun? Kotthoffs setzten sich ins Auto, um nach dem Tier zu schauen. Gleichzeitig informierten sie die Polizei, da die Bundesstraße 55 nicht weit entfernt ist. An der beschriebenen Stelle angekommen, sahen Kotthoffs ihre hochtragende Färse direkt an der Leitplanke stehen. Versuche, sich dem Tier zu nähern, misslangen allerdings. Die 26 Monate alte Färse entzog sich dem „Zugriff“, indem sie wieder in den Hennesee lief und schräg über den See zum anderen Ufer schwamm. Mithilfe des Ausflugsdampfers „MS Hennesee“ konnten Kotthoffs der Färse über den See folgen. Beim Versuch, das Tier mit dem Schiff ans Ufer zurückzudrängen, tauchte es einfach unter der schmalsten Stelle des Schiffes hindurch! Anschließend schwamm die Färse in Richtung Steinbruch von Immenhausen. Letztendlich gelang es jedoch, das Tier mit dem Schiff in Richtung Land zu bewegen, und zwar auf der gegenüberliegenden Seite. Da sich die „See-Kuh“ dort aber immer noch nicht einfangen ließ, entschlossen sich Kotthoffs einen Tierarzt anzurufen, um das Tier mit einem Gewehr zu betäuben. „Es ist gar nicht so einfach, jemanden zu finden, der ein Gewehr hat und ein Tier damit betäuben kann“, erklärt Karl-Ludwig Kotthoff. Nach dem „finalen Betäubungsschuss“ dauerte es noch etwa 15 Minuten bis das Tier sich hinlegte. „Mit vier Mann haben wir die Färse an den Füßen gefesselt und mithilfe eines Rückewagens und einer Beckenklammer vorsichtig auf den Anhänger gehievt“, erzählt der junge Landwirt. Dabei drängte die Zeit, den die Narkose wirkt nur etwa 15 Minuten und so wurde das Tier schon wieder wach, als es im Anhänger war. Anschließend ging es ab nach Vellinghausen, wo die „Ausreißerin“ zu den Kühen durfte, damit sie sich im Schutz der Herde erst einmal beruhigen konnte. Zu guter Letzt brachte sie zwei Tage später ein gesundes Bullenkalb auf die Welt – nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit angesichts der Flucht und der Betäubung. Insgesamt ist die „See-Kuh“ fast fünfmal über den Hennesee geschwommen und hat dabei  nach den Berechnungen von Wilhelm Kotthoff rund 1.900 m zurückgelegt.
gelesen im Wochenblatt Westfalen-Lippe