Kieler Milchtage 2018

GVO frei füttern ok, aber was ist mit den Kosten?

Knapp die Hälfte der Milch in Deutschland wird heute gentechnikfrei erzeugt. Für viele Milcherzeuger ist die GVO freie Fütterung also Standard. Die Kostenseite hat Johannes Thomsen von der Fachhochschule Kiel unter die Lupe genommen.

Bereits vor zehn Jahren haben erste Molkereien und Milchliefergemeinschaften in Süddeutschland ihre Mitgliedsbetriebe auf die GVO-freie Milchproduktion umgestellt. Das heißt, dass gentechnisch veränderte Futtermittel – vor allem aus Drittstaaten importierte Sojabohnen und teils Körnermais – dann nicht mehr an die Milchkühe gefüttert werden dürfen.

Hintergrund: Heute wird knapp die Hälfte der deutschen Milch GVO-frei erzeugt

Eine große Umstellungswelle hin zur GVO-freien Milchproduktion zog 2016 durch Deutschland. Auslöser dafür war die Forderung seitens des Lebensmittelhandels, da diese ihre eigenen Milchprodukt-Handelsmarken auf ohne Gentechnik" umstellen wollten. Insbesondere Lidl (Milbona) und Aldi (Milsani bzw. Milfina bei Aldi Süd) gaben hier den Ton an, der Rest zog wie gewohnt nach. Die Molkereien mussten in diesem Zug die Umstellung mehr oder weniger übers Knie brechen, um noch im Geschäft mit den Discountern zu bleiben. Milcherzeugern und Futtermittelwerken blieb als Konsequenz ebenfalls wenig Zeit für die Änderung der Futterrationen beziehungsweise der Herstellung und Logistik der Futtermittel.
Heute wird bereits knapp die Hälfte der Milch aus Deutschland gentechnikfrei erzeugt, das meldete zumindest die AMI Ende Mai 2018 (23.05.2018). Nachdem zu Beginn zunächst die Trinkmilch umgestellt wurde, kamen dann auch die anderen Frischeprodukte sowie Butter und Käse dazu.
Und die weiteren Forderungen der Handelsketten werden in den nächsten Jahren wohl zu einer noch großflächigeren Umstellung der Fütterung auf GVO-freie Futtermittel führen. Ausgenommen bleiben möglichweise Milchprodukte in der Weiterverarbeitung (Fertiggerichte z.B. Torten) und im Export (Nachfrage, Wettbewerbsfähigkeit).

Höherer Standard, aber passt auch der Kostenausgleich?

Von Anfang an waren die umstellungsbedingt höheren Produktionskosten und der dementsprechend eigentlich notwendige höhere Milchauszahlungspreis ein Thema. Johannes Thomsen, Fachhochschule Kiel, hat die Kosten- und Erlösseite der GVO-freien Milchproduktion analysiert und seine Erkenntnisse daraus im Rahmen der Kieler Milchtage (6. und 7. Juni 2018) vorgestellt:
  • Zuschläge verschmelzen oft im Grundpreis: Die gezahlten Zuschläge für die ohne Gentechnik" produzierte Milch liegen derzeit zwischen 0,25 bis 1,0 Cent pro kg Rohmilch. Laut Thomsens Auswertungen werden diese Zuschläge oft nur in der Umstellungsphase gezahlt. Wenn alle liefernden Milcherzeuger, bzw. die gesamte Produktionskette einer Molkerei, umgestellt waren, zahlen die Molkereien oft wieder einen einheitlichen Grundpreis ohne extra ausgewiesenen GVO-frei-Aufschlag (insb. kleinere Milchverarbeiter). Thomsen weißt darauf hin, dass dies heute in Milchpreisvergleichen berücksichtigt werden muss! Große Unternehmen, wie etwa die DMK eG, fahren zwei Erfassungs- und Verarbeitungslinien, heißt hier wird der Zuschlag noch gesondert gezahlt. Grundsätzlich verlaufen die Auszahlungspreise für GVO-freie Milch also parallel zu den für konventionelle Milch.
  • Höhere Nachfrage, höherer Preis: Die durch die Umstellungswelle gestiegene Nachfrage nach GVO-freien Futterkomponenten bzw. GVO-freiem Milchleistungsfutter (MLF) hat natürlich auch zu einem teils deutlichen Preisanstieg bei diesen geführt (Ende Mai 2016 GVO-freies Soja; Januar 2017 Rapsschrot). So kostet GVO-freies Soja (nGVO-Soja) im Mai 2018 etwa 120 bis 150 €/t bzw. 12 bis 15 €/dt mehr als die Standardware. Dazu kommen höhere Produktionskosten seitens der Futtermittelhersteller/händler, zum einen durch die VLOG-Zertifizierung (Verband Lebensmitte ohne Gentechnik, ca. 5,00 €/t bzw. 0,50 €/dt) sowie auch durch mehr Aufwand in der Reinigung der Anlagen und der Logistik. Viele Werke haben daher heute komplett getrennte Linien für GVO-frei und nicht GVO-freies Futter. Heimische Proteinfuttermittel, wie Futterbohnen, -erbsen oder lupinen, bleiben von geringer Bedeutung.

  • Umstellung ohne Leistungsverlust generell möglich: Auch in Hochleistungsherden" kann laut Thomsens Untersuchungen auf den Einsatz von Sojaextraktionsschrot verzichtet werden. Als Ausgleich dienen in erster Linie Rapsextraktionsschrot und in geringen Mengen Futterharnstoff. Im Durchschnittsbetrieb betrügen die Mehrkosten etwa 0,46 Cent/kg Milch. Dies variiere allerdings einzelbetrieblich stark, so sah Thomsen hier Schwankungen zwischen 0,0 und 1,5 Cent Mehrkosten/kg Milch. Zusätzlich gezielt einzelne Aminosäuren (Methionin, Lysin) zuzufüttern mache erst ab Milchleistungen im Herdenschnitt von 10.500 kg Sinn.
Mehrkosten nach Umstellung auf GVOfreie Fütterung.

Berechnungen baiserend auf Daten der Rinderspezialberatung (RSB) Schleswig-Holstein, 2016/17. Quelle: Johannes Thomsen, 2018 (Bildquelle: Elite Magazin)



  • Phosphat-Regelung: Problematisch kann für Betriebe, die allein auf Rapsextraktionsschrot setzen, die höhere Phosphorzufuhr durch den Raps sein. Thomsen empfiehlt eine sorgfältige Planung und Berechnung der neuen Ration im Zuge einer Umstellung auf eine GVO-freie Fütterung. Wichtig ist es dabei die P-Gehalte im Kraftfutter zu beachten, das Mineralfutter soll ohne P-Ergänzung sein. Nicht nur ernährungstechnisch, sondern auch die Kostenseite sowie die Nährstoffbilanz des Betriebes machen eine qualifizierte Rationsberechnung notwendig! (Und das gilt nicht nur für die GVO-frei-fütternden Milchkuhbetriebe...).
Eine sorgfältige Rationsplanung ist sinnvoll.

Überlegungen zur Umgestaltung von Rationen auf GVO-Freiheit sowie eine entsprechende Empfehlung von Johannes Thomsen. Quelle: Johannes Thomsen, 2018 (Bildquelle: Elite Magazin)

  • Zuschläge verschmelzen oft im Grundpreis: Die gezahlten Zuschläge für die ohne Gentechnik" produzierte Milch liegen derzeit zwischen 0,25 bis 1,0 Cent pro kg Rohmilch. Laut Thomsens Auswertungen werden diese Zuschläge oft nur in der Umstellungsphase gezahlt. Wenn alle liefernden Milcherzeuger, bzw. die gesamte Produktionskette einer Molkerei, umgestellt waren, zahlen die Molkereien oft wieder einen einheitlichen Grundpreis ohne extra ausgewiesenen GVO-frei-Aufschlag (insb. kleinere Milchverarbeiter). Thomsen weißt darauf hin, dass dies heute in Milchpreisvergleichen berücksichtigt werden muss! Große Unternehmen, wie etwa die DMK eG, fahren zwei Erfassungs- und Verarbeitungslinien, heißt hier wird der Zuschlag noch gesondert gezahlt. Grundsätzlich verlaufen die Auszahlungspreise für GVO-freie Milch also parallel zu den für konventionelle Milch.
  • Höhere Nachfrage, höherer Preis: Die durch die Umstellungswelle gestiegene Nachfrage nach GVO-freien Futterkomponenten bzw. GVO-freiem Milchleistungsfutter (MLF) hat natürlich auch zu einem teils deutlichen Preisanstieg bei diesen geführt (Ende Mai 2016 GVO-freies Soja; Januar 2017 Rapsschrot). So kostet GVO-freies Soja (nGVO-Soja) im Mai 2018 etwa 120 bis 150 €/t bzw. 12 bis 15 €/dt mehr als die Standardware. Dazu kommen höhere Produktionskosten seitens der Futtermittelhersteller/händler, zum einen durch die VLOG-Zertifizierung (Verband Lebensmitte ohne Gentechnik, ca. 5,00 €/t bzw. 0,50 €/dt) sowie auch durch mehr Aufwand in der Reinigung der Anlagen und der Logistik. Viele Werke haben daher heute komplett getrennte Linien für GVO-frei und nicht GVO-freies Futter. Heimische Proteinfuttermittel, wie Futterbohnen, -erbsen oder lupinen, bleiben von geringer Bedeutung.

  • Umstellung ohne Leistungsverlust generell möglich: Auch in Hochleistungsherden" kann laut Thomsens Untersuchungen auf den Einsatz von Sojaextraktionsschrot verzichtet werden. Als Ausgleich dienen in erster Linie Rapsextraktionsschrot und in geringen Mengen Futterharnstoff. Im Durchschnittsbetrieb betrügen die Mehrkosten etwa 0,46 Cent/kg Milch. Dies variiere allerdings einzelbetrieblich stark, so sah Thomsen hier Schwankungen zwischen 0,0 und 1,5 Cent Mehrkosten/kg Milch. Zusätzlich gezielt einzelne Aminosäuren (Methionin, Lysin) zuzufüttern mache erst ab Milchleistungen im Herdenschnitt von 10.500 kg Sinn.

  • Phosphat-Regelung: Problematisch kann für Betriebe, die allein auf Rapsextraktionsschrot setzen, die höhere Phosphorzufuhr durch den Raps sein. Thomsen empfiehlt eine sorgfältige Planung und Berechnung der neuen Ration im Zuge einer Umstellung auf eine GVO-freie Fütterung. Wichtig ist es dabei die P-Gehalte im Kraftfutter zu beachten, das Mineralfutter soll ohne P-Ergänzung sein. Nicht nur ernährungstechnisch, sondern auch die Kostenseite sowie die Nährstoffbilanz des Betriebes machen eine qualifizierte Rationsberechnung notwendig! (Und das gilt nicht nur für die GVO-frei-fütternden Milchkuhbetriebe...).

Quelle: Johannes Thomsen, FH Kiel; aus dem Vortrag GVO freie Milcherzeugung, Milchverarbeitung und Milchvermarktung: Kosten und Erlösanalyse, gehalten auf den Kieler Milchtagen 2018
Bearbeitet und ergänzt: K. Berkemeier