EU-Kommission

Keine Milchkrise in Sicht

Die jüngste Schwäche der Milchpreise ist rein saisonal bedingt und rechtfertigt nicht das Wort Krise. Das hat die Europäische Kommission klargestellt. Im April hat sich die Talfahrt der Milcherzeugerpreise fortgesetzt. Deutsche Molkereien liegen im EU-Vergleich bei Auszahlungen noch im Mittelfeld.

Von Krise keine Spur – die EU-Kommission in Brüssel sieht die Milchmärke wieder im Aufwärtstrend. Die Milchpreise hätten in vielen Fällen den Tiefpunkt erreicht und seien vereinzelt bereits wieder im Steigen begriffen, erklärte EU-Gesundheitskommissar John Dalli im Rahmen einer Aussprache stellvertretend für seinen in China weilenden Amtskollegen Dr. Dacian Cioloş. Man beobachte die Marktlage genau. Die Voraussetzungen für die Eröffnung der Intervention seien aber derzeit nicht gegeben. Ferner lehnte der EU-Kommisssar es ab, Veränderungen an der Milchquotenregelung vorzunehmen, also beispielsweise die Superabgabe zu senken. Die jährliche Quotenerhöhung um ein Prozent sei eingeführt worden, um die Milcherzeuger auf das Ende der Garantiemenge vorzubereiten und ihnen mehr Flexibilität zu geben. Er verwies darauf, dass die politische Entscheidung darüber bereits 2008 getroffen worden sei. „Die Regeln jetzt zu ändern wäre wenig sinnvoll”, so Dalli.
In der anschließenden Diskussion waren sich die Abgeordneten einig, dass die Kommission mehr tun sollte, allerdings nicht darüber, welche Maßnahmen zielführend sind. Insbesondere von Sozialdemokraten, Linksfraktion und Grünen wurde Dalli dafür gescholten, eine Krise in Abrede zu stellen, aber auch die österreichische Christdemokratin Elisabeth Köstinger erklärte: „Das sind keine saisonalen Schwankungen.”

DBV sieht Milchmarkt auf Stabilisierungskurs

Nach Einschätzung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) stehen die Zeichen am Milchmarkt derzeit auf Trendumkehr. Nachdem sich die Konjunktur am Milchmarkt im ersten Halbjahr 2012 leicht abgekühlt habe, sei jetzt eine Trendwende zu erkennen, so der DBV in Berlin. Sowohl der Butter- als auch der Milchpulvermarkt seien auf einem Stabilisierungskurs. In der Verwertungskette würden wieder mehr langfristige Verträge abgeschlossen. Die Nachfrage nach Käse im In- und Ausland sei anhaltend rege. Dazu komme der jetzt saisonal typische Rückgang der Rohmilchanlieferung an die Molkereien. Es könne davon ausgegangen werden, dass sich der Milchmarkt in den nächsten Monaten weiter konsolidiere, so der Bauernverband.
Mit dem derzeitigen Niveau der Milcherzeugerpreise könne man aber bei deutlich gestiegenen Betriebsmittelkosten nicht zufrieden sein, betonte der DBV. Erste Milchviehbetriebe müssten denn auch bereits auf Reserven zurückgreifen. Der Bauernverband appellierte deshalb an die Molkereien und den Lebensmitteleinzelhandel, die Auszahlungspreise für die Milchbauern dem positiveren Markttrend folgen zu lassen. Es könne nicht sein, dass die desolaten Ergebnisse der letzten Trinkmilchverhandlungen zwischen den Molkereien und dem Lebensmitteleinzelhandel allein von den Milchbauern getragen würden.

EU-Milchpreise rutschen unter Vorjahresniveau

In der EU hat sich im April die Talfahrt der Milcherzeugerpreise fortgesetzt. Besonders stark waren dabei die Abschläge in Frankreich. Der vom niederländischen Bauernverband (LTO) auf Basis der Auszahlungsleistungen von 17 großen Molkereien kalkulierte Durchschnittspreis nord- und mitteleuropäischer Milchverarbeiter sank gegenüber dem Vormonat um rund 1,5 Cent auf 32,18 Cent/kg. Mit dieser Entwicklung wurde erstmals seit Langem das Vorjahresniveau unterschritten, und zwar um 0,9 Cent/kg oder 2,7 %. Berechnungsgrundlage waren ein Fettgehalt von 4,2 % und ein Eiweißanteil von 3,4 %.
Der stärkste Rückgang im April wurde bei der französischen Molkerei Lactalis mit einem Minus von 4,7 Cent auf glatt 30 Cent/kg registriert. Wenig besser erging es den Lieferanten von Bongrain in der Normandie, die eine Senkung des Milchpreises von 34,02 Cent/kg auf nur noch 30,33 Cent/kg hinnehmen mussten. Hintergrund für diesen deutlichen Rückgang war die verzögerte Weitergabe der schwächeren Marktentwicklung für Milcherzeugnisse an die französischen Milchbauern. Auch Danone reduzierte im April die Auszahlungsleistung, und zwar um 2,7 Cent auf 31,77 Cent/kg.
Relativ kräftige Abschläge mussten im April auch die britischen Milcherzeuger hinnehmen. Der kalkulatorische Milchpreis ging bei Dairy Crest gegenüber März um 2,14 Cent/kg auf 32,30 Cent/kg zurück; er soll laut LTO bei diesem Unternehmen nun aber bis Juni stabil bleiben. Bei First Milk wurden im April nur noch 29,77 Cent/kg gezahlt, das war der niedrigste Preis aller Vergleichsbetriebe. 
Bei den deutschen Molkereien hielten sich die Abschläge dagegen weitgehend in Grenzen. Humana und Nordmilch reduzierten der LTO zufolge das Milchgeld gegenüber dem Vormonat um rund 1,0 Cent/kg und zahlten ihren Lieferanten 31,05 Cent/kg bzw. 31,20 Cent/kg. Die Molkerei Alois Müller senkte den Milchpreis um 0,5 Cent auf 32,46 Cent/kg. Damit lag Müller nun knapp über dem EU-Durchschnitt, während die Fusionspartner Humana und Nordmilch rund 1 Cent/kg weniger zahlten. (AgE)
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(Bildquelle: Elite Magazin)