ADSA Conference 2018

Kälber im Fokus der Wissenschaft

Ein Mal im Jahr lädt die US-Vereinigung der Dairy Science-Wissenschaftler (ADSA) zum Informationsaustausch. Über 800 Studien wurden kürzlich in Knoxville präsentiert. Ein Thema, das auf der Konferenz viel Raum eingenommen hat, war die Kälberaufzucht.

Etliche Studien wurden zum Thema Kälberaufzucht präsentiert. Hier ein erster, kleiner Auszug der Studienergebnisse (weitere folgen demnächst in Elite):
Fütterung der Trockensteher beeinflusst Wachstum der Kälber: Während der letzten drei Trächtigkeitswochen erhielten 120 Holsteinkühe einen mit Kalzium-Salzen ergänzten Fettzusatz. Alternativ wurde auch Sojaöl (140 g / Kuh / Tag) oder Fischöl (140 g / Kuh / Tag) zugefüttert. Das Ergebnis zeigt, dass die Fütterung mäßiger Mengen von mehrfach ungesättigten langkettigen Fettsäuren während der letzten Trächtigkeitswochen die Tageszunahmen bei den neugeborenen Kälbern ansteigen lässt (648 bzw. 643 versus 609 g/Tag).
Vollmilch mit Milchaustauscher kombinieren: Vier Liter Vollmilch täglich ergänzt mit 0,5 kg Milchaustauscher (bis zum 30. Tag) lassen ebenso hohe Tageszunahmen erwarten wie höhere Tränkemengen mit Vollmilch alleine.
17 % Fett im Milchaustauscher sind ausreichend: Kuhmilch enthält oftmals deutlich mehr Fett als ein herkömmlicher Milchaustauscher (MAT). Warum also nicht einen MAT mit 32 % Fett füttern? Dies ist keine gute Idee, denn das geht zulasten der Tageszunahmen. In einer Studie wurden 240 Kälber mit zwei unterschiedlichen MAT, die entweder 17 % oder 32 % Fett enthielten (18 % Protein) getränkt. Der höhere Fettgehalt im MAT ließ die Tageszunahmen um 130 g sinken (zum Vergleich: Bei einer Durchfallerkrankung verringerten sich die Tageszunahmen um 150 g).
Je 30 Kälber, denen täglich am Tränkeautomaten 12,5 l Tränke (5 x 2,5l MAT) angeboten wurde, sind ab dem 43. bis zum 57. Lebenstag entweder konstant oder in mehreren Schritten (step by step, je 3 Tage ca. 2,5 l weniger Milch) abgetränkt worden. Während das kontinuierliche Abtränken in der 7./8. Lebenswoche zu einem deutlichen, abrupten Einbruch der Tageszunahmen führte, stabilisierten sich die Tageszunahmen beim schrittweisen Abtränken auf einem höheren Niveau.
Hohe MAT-Konzentration ist nicht unbedingt zielführend: Täglich ad libitum mit einem MAT (25 % Protein und 17 % Fett) getränkte Kälber nehmen schneller zu als rationiert gefütterte Kälber (0,6 bis 1,1 kg MAT täglich). Das Rahmenwachstum lässt sich von der Konzentration des MAT allerdings nicht beeinflussen. Allerdings bewirkt die hohe MAT-Konzentration, dass die ad libitum getränkten Tiere nach dem Absetzen insbesondere faserhaltige Futtermittel nicht so gut verdauen können wie zuvor rationiert getränkte Kälber. Das führt unweigerlich zu einem Wachstumsknick nach dem Absetzen. Die pro Kalb gefütterte MAT-Menge sollte deshalb auf max. 25,3 kg begrenzt werden.
Ganze Maiskörner zufüttern? Diese Strategie sorgt in der Praxis immer wieder für Diskussionen, da angeblich die ganzen (unbehandelten) Maiskörner die Kälber besser heranwachsen lassen. Kanadische Wissenschaftler haben sich dieser Frage angenommen. Sie haben je 12 Bullenkälbern, die entweder fünf oder zehn Liter Milchtränke (150g) erhielten, jeweils ganze Maiskörner oder geschroteten Mais gefüttert. Nach 12 Wochen wurden die Tiere euthanasiert und Pansen und Darm histologisch untersucht. Es stellte sich heraus, das – wie oft in der Praxis zu beobachten ist – während der sechswöchigen Tränkephase die mit ganzen Maiskörnern gefütterten Kälber besser herangewachsen sind. Allerdings brachen die Tageszunahmen nach dem Absetzen zunächst deutlich ein. Zurückzuführen ist dieser Absetzknick eine Dickdarm-Azidose. Diese wurde nicht beim gemahlenen Mais beobachtet.
Heu oder faserreichen Starter füttern: Bekanntermaßen fördert Stärke bzw. deren Abbauprodukte die Entwicklung des Pansens bei jungen Tränkekälbern. Oft wird den jungen Tieren deshalb ein sehr getreide-/maislastiges Kraftfutter angeboten. Das birgt auch immer die Gefahr einer Pansenübersäuerung. Es geht auch anders. Brasilianische Fütterungsexperten haben jungen Tränkekälbern (4 l täglich) als zusätzlich zum herkömmlichen Starter (16 % NDF) noch Heu bzw. ein faserreiches Kraftfutter mit 25 % NDF (Mais durch Sojaschalen ersetzt) angeboten. Ergebnis: Geringfügig höhere Tageszunahmen!
Was zugefüttert wird ist letztlich egal: Das ist das Ergebnis einer chinesischen Studie. Darin wurden dreißig weibliche Kälber zufällig einer von drei Futtergruppen zugeordnet: Ent weder wurde den Kälbern ab dem 2. Lebenstag nur ein herkömmlicher Kälberstarter, nur Heu oder aber beide Futtermittel (Starter und Heu) angeboten. Ab dem 57. Tag wurde allen Tieren dann Starter und Heu gefüttert; ab dem 70. Tag auf eine TMR umgestellt. Ergebnis: Das frühzeitige Angebot von festem Futter hatte keine Auswirkungen auf die Futteraufnahme, die Tageszunahmen oder den Blutglukosegehalt während der Tränkeperiode. Auch nach dem Absetzen waren keine Unterschiede in den genannten Parametern zu beobachten. Auch sortierten die zuvor unterschiedlich gefütterten Kälber die TMR nicht unterschiedlich stark.
Kranke Kälber schneller aufspüren: Mit Sensoren, die das Aktivitätsverhalten von Tränkekälbern auswerten, lassen sich Erkrankungen der jungen Tiere vorherzusagen, noch bevor klinische Symptome auftreten. Das haben spanische Wissenschaftler herausgefunden. Sie haben 325 vom 30. Bis zum 90. Lebenstag beobachtet. Im Durchschnitt haben die Kälber 16,3 Stunden täglich gelegen, 4,7 Stunden waren sie auf den Beinen. 19,3 Mal sind die jungen Tiere aufgestanden bzw. haben sich abgelegt. 10,4 Mal täglich haben sie den Futtertrog gesucht, wo sie sich insgesamt 3,0 Stunden pro Tag aufgehalten haben (durchschnittlich 17,3 min / Besuch).Kranke Kälber (24,8 %) haben länger gelegen (+ 5,0 %) und weniger gefressen (- 5,0 %) und sind weniger gelaufen (- 5,0 %). Diese Verhaltensänderungen traten rund drei Tage vor den ersten klinischen Anzeichen auf.
Absetzen löst eine Azidose aus: Ebenfalls mit dem (physiologischen) Stress, dem die Kälber durch das Absetzen ausgesetzt werden, beschäftigten sich weitere Arbeitsgruppen. Dieser entsteht unabhängig von der Gestaltung der Tränkephase (es gibt nach wie vor die beiden Lager, möglichst rationierte Tränke um die Kälber möglichst schnell ans Festfutter (Konzentrat) zu animieren bzw. eine intensive, achtwöchige Milchtränke mit späterem Kraftfutterbeginn). Sicher scheint zu sein, dass das Absetzen von der Milch unweigerlich eine Azidose auszulösen scheint (pH im Pansen 5,8 über längeren Zeitraum). Die Auswirkungen einer Azidose sind nicht zu unterschätzen (geringe Futteraufnahme und dadurch verzögertes Wachstum, …); sie sind ähnlich gravierend wie bei ausgewachsenen Kühen! Eine Azidose lässt beim Absetzen sich wohl nicht komplett verhindern, jedoch aber abschwächen wenn den Kälbern faserreiche (25 % NDF) und stärkereduzierte ( 34 %) Pellets angeboten werden. Letztlich treten so weniger Läsionen im Pansen (Pansenwand) auf.