Grünland

Jetzt hilft nur noch Weidelgras

Mäuseplage, Dürre und Nässe haben große Schäden im Grünland verursacht, die oft nur auf den zweiten Blick zu erkennen sind. Die Regeneration braucht mitunter Jahre. Tipps, wie Sie die Grünlandnarbe schnell wieder fit machen können.

Der Großteil der (norddeutschen) Grünlandbestände ist derzeit in einem desolaten Zustand. In einigen Regionen sind aufgrund der ausgeprägten Vorsommertrockenheit und der massiven Mäusepopulationen im Frühjahr 2020 kaum ausreichende Grundfuttermengen zu erwarten, sodass das schnelle Generieren von zeitigen Grasaufwüchsen in diesem Jahr höchste Priorität hat.
Aktuell wird der Schaden durch die Mäuse in Niedersachen auf rund 150.000 Hektar geschätzt, 50.000 Hektar allein in der Wesermarsch, dadurch entsteht ein Futtervakuum von rund 1. Mio. Tonnen Gras. Derweil hoffen die betroffenen Landwirte auf eine schnelle, unbürokratische Politik, die pflanzenbauliche Maßnahmen wie eine Bodenbearbeitung der geschädigten Flächen zunächst erst rechtlich ermöglicht. Mittelfristig müssen die Grünlandbestände wieder in eine Ausgangslage überführt werden, die eine solide Futterversorgung gewährleistet.

Schäden oft erst auf den 2. Blick zu erkennen

In den kommenden Tagen sollte eine Bestandsaufnahme erfolgen, denn viele Schäden sind erst auf den zweiten Blick zu erkennen. So erweisen sich vermeintlich „grüne“ Narben nicht selten als wertlos, da Mäuse vor allem die Jährige Rispe selektiert haben. Intensive Pflegemaßnahmen müssen deshalb ergriffen werden (bei Befahrbarkeit). Am sinnvollsten ist bei anhaltendem Mäusebefall in mehreren Intervallen die Grasnarbe zu „bearbeiten“, möglichst einhergehend mit einer Bodenbearbeitung, minimal jedoch durch Walzen.
Ob der Pflug zum Einsatz kommen sollte, hängt vom Standort sowie von der Geländebeschaffenheit ab. Das Pflügen sollte mit einer mittleren Pflugtiefe von 25 cm erfolgen. Wird zu flach gepflügt, kann die Altnarbe rasch wieder durchwachsen. Zu tiefes Pflügen vergräbt hingegen die oberflächennah angereicherten Nährstoffe.
Es ist auch möglich, die Bodenbearbeitung nur mit der Fräse durchzuführen. Der Vorteil hierbei ist, dass die Struktur tiefer liegender Bodenschichten erhalten bleibt, der Nährstoffabbau vermindert wird und die Rückverfestigung des Saatbettes schneller gewährleistet ist. Mit der flachen Zerstörung der totgespritzten Narbe steht das Verfahren in dem Sinne zwischen der Direktsaat ohne Umbruch und der Pflugvariante. Nach jeder wendenden Bodenbearbeitung ist ein feinkrümeliges, gut abgesetztes und festes Saatbett anzustreben. Die Feinsämereien dürfen nicht vergraben werden. Sowohl für die flache Drillsaat von maximal 1 cm als auch für den Aufgang der Saat ist daher die Güte des Saatbettes maßgebend. Das Walzen nach der Saat trägt zum Bodenschluss bei und verbessert den Ansaaterfolg.
Die umbruchlose Grünlanderneuerung im Direktsaatverfahren ist auf nicht pflugfähigen (z.B. schwere Brackmarschen) oder auf umbruchsempfindlichen Grünlandstandorten (z.B. vermullte Moorböden) zu empfehlen sowie zur Minimierung des Nährstoffaustrages (Wasserschutzgebiete). Von Vorteil ist zudem, dass eine Direktsaat nicht genehmigungspflichtig ist. Nach dem Abtrag der totgespritzten Altnarbe erfolgt die Aussaat mit Spezialsägeräten wie beispielsweise die Scheiben-, Fräs- oder Schlitzdrillmaschine, günstigenfalls gleich in Kombination mit einer Walze.
Eine Neuansaat führt aber nicht immer zum gewünschten Erfolg, denn die Mäuse fressen schon mal ganz gerne das Saatgut. Hilfreich ist das Beweiden der Flächen, denn die Rinder oder Kühe stören die Mäuse und vertreiben diese. Eine chemische Bekämpfung der Mäuse mit Giftweizen (Wirkstoff Zinkphosphit) ist hingegen wegen der fortgeschrittenen Vegetation schwierig. Zu ebachten ist, dass die Köder ausgelegt werden müssen, wenn absehbar ist, dass drei Tage lang kein Regen fällt.

Jetzt Antrag auf Grünland-Umbruch stellen

Vertreter des niedersächsischen Landwirtschafts- und des Umweltministeriums sowie der Landwirtschaftskammer (LWK) sind sich einig, dass die unverzügliche Wiederherstellung des Grünlandes als Lebensraum und Futtergrundlage sowie die Multifunktionalität des Dauergrünlandes zu erhalten ist. Betroffene Landwirte aus allen Regionen Niedersachsens können deshalb Anträge auf Grünlanderneuerung stellen.

Weidelgräser mit hoher Ertragsleistung nachsähen

Bei akutem Futterbedarf bietet sich bei der Nach- bzw. Neuansaat eine Kombination aus einem Drittel Einjährigem Weidelgras und zwei Dritteln Dauer-Grünlandmischung an. Das Einjährige Weidelgras zeichnet sich durch eine schnelle Jugendentwicklung und Frohwüchsigkeit aus, sodass bereits nach 60 Tagen eine Schnittreife erreicht werden kann. Das Einjährige Weidelgras ist nicht ausdauernd, „nutzt sich“ im Laufe der Zeit aus der Grasnarbe heraus und sollte deshalb durch eine regelmäßige Nachsaat mit Dauer-Gräsern ersetzt werden.
Bei der Wahl der Gräser-Mischungen ist sowohl die Standorteignung als auch die Nutzungsrichtung zu beachten. Es gibt für jeden Standort die passende Mischung, für raues oder eher mildes Klima, für spät erwärmende, schwere Böden ebenso wie für leichte, sandige Böden. Bei der Nutzungsrichtung ist relevant, ob es sich um Wiese zum Mähen oder um Weiden handelt. Flächen, die ausschließlich gemäht werden, sollten beispielsweise einen hohen Anteil an Deutschem Weidelgras enthalten, um stabile Erträge und Qualitäten bei intensiver Nutzung zu sichern. Bei der Wahl des Einjährigen Weidelgrases zur Futterkompensation auf die Nutzungseinstufung der Sorte geachtet werden – für die geplante Verwendung eignen sich insbesondere die Sorten, die auf eine hohe Trockenmasse-Ertragsleistung im ersten Schnitt bzw. zur Zwischenfrucht-Nutzung gezüchtet wurden.
Bei Beweidung eignet sich eine Mischung, die neben Deutschem Weidelgras und Wiesenlieschgras auch Wiesenrispe für eine stabile, trittfeste Narbe enthält sowie Weißklee für einen höheren Proteingehalt.
Quelle: Imke Hansing, Agravis | LWK Nds