ife: Erwartungen für den Milchmarkt in 2020

Das Milcherzeuger in diesem Jahr im Jahresmittel schwächere Milchpreise als in 2019 erwarten könnten, sehen Marktexperten des ife als wenig wahrscheinlich. Eher gehen sie von Stabilität oder moderaten Verbesserungen aus.

In aktuellen Dairy-Newsletter (30. Dezember 2019) erläutern die Milchmarkt-Experten vom Institut für Ernährungswirtschaft (ife) Kiel, Erhard Richarts und Prof. Dr. Holger D. Thiele, ihre Erwartungen für das Milchjahr 2020.
  • Nach Schätzungen des ife Instituts dürfte der mittlere Milchauszahlungspreis in Deutschland 2019 bei ca. 33,8 Cent pro kg Standardmilch liegen.
  • Die Aussichten, dass sich der Milchmarkt 2020 hier stabil weiter entwickelt, sind in ihren Augen günstig.
  • Das unberechenbare Konfliktpotenzial um den Welthandel könnte das von Richard und Thiele als wahrscheinlich beschriebene Szenario allerdings gefährden. Wodurch sich ihr verhaltener Optimismus hinsichtlich der Preisentwicklung in 2020 als trügerisch erweisen würde.
  • Auswirkungen des Brexit dürften sich erst gegen Ende des Jahres vollends zeigen. Mehr dazu hier:

Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Aussagen zusammen gekürzt.
Den vollständigen ife Dairy Newsletter 12/2019 finden Sie als pdf unter dem markierten Link.
Verbesserte Startbedingungen
Starten dürfte das Jahr 2020 laut Richarts und Thiele mit gegenüber Ende 2019 wenig veränderten, aber gegenüber Anfang 2019 verbesserten Erlösen für Milcherzeugnisse. Hier verweisen sie auf die Entwicklung der Basis-Milchverwertung, ausgedrückt im Kieler Rohstoffwert Milch (Bezug auf Verkaufspreise Magermilch und Butter): Diese Basisverwertung hat sich zum Jahresende 2019 bereits deutlich vom niedrigeren Vorjahresniveau abgehoben und stieg zuletzt weiter. So liegt der Kieler Rohstoffwert Milch seit November 2019 oberhalb von 35 Cent pro kg Standardmilch und im Dezember bei 36,1 Cent (siehe hier).
Der Basisverwertung dürften erfahrungsgemäß - mit unterschiedlicher Verzögerung und weniger heftigen Ausschlägen - die Verwertungen in den anderen Bereichen und schließlich auch die Milchauszahlungspreise folgen.
Langsames Wachstum der Milchmenge und wachsende Nachfrage
Die Marktexperten rechnen nicht sobald mit einer stärkeren Expansion in der Milcherzeugung. In Deutschland wurde in 2019 nach vorläufigen Schätzungen mit 32,4 Mio. t Milch etwas weniger Milch geliefert, als 2018. Ein potentielles Wachstum sehen sie erst wieder ab Mitte 2020 - normale Witterungsverläufe mit gleichmäßigerer Verteilung der Niederschläge als in 2018 und 2019 vorausgesetzt. Aber auch dieses mögliche Wachstum dürfte verhalten ausfallen, angesichts der reduzierten Kuhbestände (2,2% weniger Milchkühe als in 2018, siehe hier), verschärfter Umweltauflagen und der Einschränkungen in der Fütterung.
Dem leicht zunehmenden Angebot steht wie schon in der Vergangenheit eine ebenfalls eine langfristig global wachsende Nachfrage gegenüber.
Dass die Wachstumsschübe der Nachfrage nicht immer synchron mit denen der Produktion verlaufen, ist die Ursache von Preisvarianz. Auch wenn bei Milch die zyklischen Schwankungen nicht selten die saisonalen Tendenzen überlagert haben. Ausgleichend wirkte sich hier im vergangenen Jahr 2019 in einem ungewohnten Ausmaß aus, dass die Preiszyklen von Milchfett und Milchprotein gegeneinander liefen.
EU übernimmt Führung am Weltmarkt
Der Einfuhrbedarf der führenden Importländer wird voraussichtlich weiter steigen. Die EU wird langfristig als Anbieter die Führungsposition einnehmen.
Die Erkenntnis, dass Ozeaniens und Amerikas Angebot nicht ausreichend ist, setzte sich im Verlauf von 2019 relativ spät durch, so die Experten. Entsprechend setzte der Preisauftrieb bei Magermilchpulver und eine begrenzte Festigung bei Butter erst verzögert ein. Aufgrund der in 2019 weniger ausgeprägten Volatilität wurde vermutlich mehr als sonst auf längerfristige Kontrakte gesetzt; im internationalen Handel sowie im EU-Binnenmarkt.
Aufgrund der längerfristigen Kontrakte seien die gestiegenen Preise bislang nur zögerlich im gesamten Mix der Milchverwertungen und letztendlich in den Milchauszahlungspreisen angekommen. Diese erwünschten Wirkungen könnten sich aber – trotz der kurzfristigen Schwäche an den Rohstoffmärkten zum Jahresende 2019 - in den ersten Monaten des neuen Jahres endlich durchsetzen.
Inwieweit diese Entwicklung die Gesamtverwertung und damit auch die Milchauszahlungspreise nachhaltig weiter nach oben zieht, ist jedoch noch schwer auszumachen.
Eiweiß stützt die Milchpreise, Milchfett schwer einzuschätzen
Das Verhältnis der Beiträge von Milchfett und Milcheiweiß in der Verwertung wird sich voraussichtlich 2020 noch stärker zugunsten der Proteinseite verstärken, nachdem es sich in 2019 insgesamt zwischen beiden Komponenten ausgeglichener als zuvor entwickelt hatte.
Es fehlt am Gesamtmarkt, im Vergleich zum Vorjahr, an Magermilchpulver. Mit dieser Verknappung dürfte im Sinne von steigenden Preisen wiederum auch der Markt für Molke und Molkenerzeugnisse profitieren. Letzteres würde gleichzeitig die Erlöse aus der Käseerzeugung stützen. Die Erlöse aus Milcheiweiß müssten demnach weiter steigen, die Frage ist nur, ob moderat oder deutlich.
Nicht so klar absehbar ist dagegen für die Marktexperten die weitere Entwicklung bei Milchfett. Geringe Schwankungen von Angebot und/oder Nachfrage lösen heftige Preisbewegungen bei Butter aus, Butter hat so in den vergangenen zwölf Jahren die stärkste Preisvolatilität entwickelt. Je nachdem wie sich ab jetzt die Milchanlieferung und die Verwendung von Milchfett entwickeln, können die Preise für Butter steigen oder nachgeben. Davon könnten die von der Eiweißseite zunehmend gestützten Verwertungen noch zusätzlich verbessert oder aber auch konterkariert (durchkreuzt) werden.

Fazit: Schlechter als 2019 dürfte es kaum werden

Im Jahresmittel schwächere Milchpreise als 2019 (Jahresmittel voraussichtlich 33,8 Cent/kg) dürfte allerdings die weniger wahrscheinliche der möglichen Varianten sein, so Richarts und Thiele. Viel mehr gehen sie von Stabilität oder moderaten Verbesserungen für die Milcherzeuger in Deutschland hinsichtlich der in Aussicht stehenden Milcherlöse aus.
Die Erwartungen der Experten des ife decken sich weitgehend mit denen der ZMB Zentrale Milchmarkt Berichterstattung GmbH. Sie hier: "Was passiert 2020 am Milchmarkt?"
Quelle: ife