Gesextes Sperma jetzt auch für Kühe

Neue Technologien verbessern die Qualität von gesextem Sperma. Der Einsatz auf Kühe wird jetzt auch "offiziell" empfohlen. Es ist zwar auch weiterhin pro Portion gut 20 Euro teurer, kann aber für einen besseren Start in die Laktation und mehr Milch sorgen.

Nicht nur als Reaktion auf die Diskussion in Bezug auf wertlose" Bullenkälber, sondern auch als Managementtool (Herdenaufstockung, Leichtkalbigkeit) ist gesextes Sperma immer beliebter. Zwar reichen die Zahlen bei Weitem nicht an die Verkäufe konventionellen Spermas heran, doch der Absatz steigt.
Künftig dürfte die Entwicklung nochmals Fahrt aufnehmen. Denn aufgrund einer technischen Weiterentwicklung kann das Sperma nun schonender sortiert werden, gute Trächtigkeitsraten sind so auch bei Kühen möglich.

Wie funktioniert die Geschlechtssortierung?

Jedes Spermium enthält entweder ein X- oder ein Y-Chromosom (Bildquelle: Link) als Träger der genetischen Information. Das Spermium bestimmt am Ende des Geschlecht des Kalbes, denn eine Einzelle hat immer nur ein X-Chromosom. Je nachdem, ob das Spermium X- oder Y-Chromosom trägt, wird es ein Mutter- (XX) oder Bullenkalb (XY).
X- und Y-Chromosom

(Bildquelle: Elite Magazin)

Wie lassen sich nun die männlichen" von den weiblichen" Spermien trennen? Derzeit gibt es nur ein einziges, patentiertes Verfahren: Die Laser-Flow-Cytometrie. Diese basiert darauf, dass das etwas größere weibliche" X-Chromosom im Spermium etwa 3,8 % mehr DNA enthält. Diese wird mit einem Fluoreszenzfarbstoff angefärbt und mit einem Laser angestrahlt, was die DNA in den Spermien zum Leuchten bringt. Aufgrund der unterschiedlich starken Leuchtkraft werden die Spermien elektrisch aufgeladen und in einem elektrischen Feld nach Geschlecht getrennt.
Das Ejakulat eines Bullen muss für das Sexing aus mindestens 6 Milliarden Spermien bestehen. Es werden rund 50.000 Spermien pro Sekunde analysiert, etwa 10 % landen dabei im falschen Topf". Jede Besamungsorganisation (wegen des Monopols arbeitet jede Organisation mit der Firma Sexing Technologies aus Texas) muss zwei Proben für die Geschlechtsbestimmung zur Verfügung stellen. Für ein Ejakulat brauchen die Computer rund acht Stunden - verlorene Zeit, sollte eines einmal nicht funktionieren. Durch die Quarantänebestimmungen dauert es fünf Wochen, bis eine Besamungsorganisation das gesexte Sperma eines Bullen portioniert und tiefgefroren wieder zugeschickt bekommt und in den Verkauf gelangt.

Gesextes Sperma jetzt auch für Kühe

Seit 2014 ist die UltraSexed"-Technologie auf dem Markt. Durch optimierte Sortiermaschinen und verbesserte Verdünnermedien soll gesextes Sperma nun auch für Kühe funktionieren. Der Eisprung von Kühen variiert stärker als der von Färsen. Spermien müssen also länger durchhalten, um Kühe genauso sicher tragend zu bekommen wie Färsen. Mit den neuen Techniken soll das jetzt möglich sein. Derzeit rechne man mit mehr als 90 % Befruchtungsrate im Vergleich zu konventionellem Sperma (bisher: 80%). In Kürze wolle man 95 bis 100 % erreichen, so Dr. Ulrich Janowitz (RUW). Auch Ausbeute (100 % im Vergleich zu konventionellem Sperma) und Sortiergenauigkeit (95% des gewünschten Geschlechts) würden besser. So wolle man die Anzahl der Schwergeburten verringern und mehr Milch melken, weil die Kühe besser in die Laktation starten.
Zudem kann das Geschlechterverhältnis der Kälber nach Bedarf eingestellt" werden. Ein Betrieb mit knapper Flächenausstattung könnte genau die Anzahl Rinder von den besten Rindern und Kühen erzeugen, die für die Eigenremontierung nötig sind. Die restlichen Kühe  ließen sich mit einem leichtkalbigen Fleischrassebullen gesext männlich besamen, um so den Verkaufspreis der Kälber zu steigern. Hat ein Betrieb gute Absatzmöglichkeiten für weibliches Zuchtvieh, kann er viele weibliche Holstein-Kälber produzieren, ebenso bei betrieblichem Wachstum.
Tipp: Wer gesextes Sperma einsetzt, wirft Perlen vor die Säue, wenn er gleichzeitig Jungrinder mit einem Deckbullen belegt. Denn diese Tiere weisen die jüngste, also fortschrittlichste Genetik auf, haben die beste weibliche Fruchtbarkeit und profitieren am meisten von weniger Schwergeburten. 
Mehr zur Zuchtplanung mit Färsen erwartet Sie im nächsten Heft!

Quelle: Vortrag Ulrich Janowitz, Fachforum Rindergesundheit Riswick 2015