Milchkrise in der Schweiz

"Gegebenenfalls die Milchproduktion einstellen"

Milchpreise von 45 bis 53 Cent (Euro) und dennoch kommen viele Schweizer Milcherzeuger kaum über die Runden. Der Bauernverband empfiehlt jetzt allen Milcherzeugern, die nicht kostendeckend produzieren können, sich nach Einkommens-Alternativen umzusehen. Droht das Ende der flächendeckenden Milchproduktion im Käseland Schweiz?

Klare Worte richtete der Präsident des Schweizer Bauernverbandes (SBV) an die Schweizer Milcherzeuger: Wenn man in Produktionsrichtungen tätig ist, die keine Kostendeckung erlauben bzw. wenn die Marktpartner nicht gewillt sind, kostendeckenden Erzeugerpreise zu gewähren, dann muss man auch als Milcherzeuger bereit sein, sich zu verändern – das gelte insbesondere im Fall von absehbaren Investitionen. Im Ernstfall würde das auch bedeuten, die Milchproduktion einzustellen.
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Markus Ritter, Vorstand des Schweizer Bauernverbandes (Bildquelle: Elite Magazin)

Der Verbandspräsident wählte diese Worte nicht ohne Grund. Der Schweizer Milchmarkt steckt in einer strukturellen Krise. Obwohl die Milchmenge deutlich rückläufig ist und die Preise auf dem europäischen Milchmarkt deutlich angestiegen sind, verharren die Produzentenpreise in der Schweiz auf einem für Schweizer Verhältnisse (zu) niedrigen Niveau. Viele Milcherzeuger beklagen, dass sie bei den geringen Auszahlungspreisen für Molkereimilch ihre Produktionskosten kaum decken können. 

Die Produzentenpreise (inkl. MwSt.) der vier größten Milchverarbeiter in der Schweiz schwankten laut dem Bauernverband zum Monatsbeginn (3. Juli)  zwischen 50,5 und 59 Rappen (45 bis 53 Cent). Mit knapp 59 Rp/kg zahlte die Migros-Tochter Elsa den höchsten Produzentenpreis, Hochdorf folgte mit 55,7 Rp/kg, Emmi mit 55,55 Rp/kg; die rote Laterne hielt mit 50,55 Rp/kg die Molkerei Cremo.

Schweizer Butter und Pulver sind zu teuer für den Weltmarkt

Zurückzuführen ist das schlechte Auszahlungsniveau laut Marktbeobachtern insbesondere auf die zunehmende Verwertung der Milch zu wertschöpfungsschwachen" Produkte  bzw. zu austauschbaren Massengütern wie Butter oder Milchpulver. Die in der Schweiz produzierten sogenannten Commodities" sind aber zu teuer, um sie am Weltmarkt absetzen zu können. Zwar werde der Export (noch) durch Ausfuhrgelder gestützt, die Produktpreise künstlich" abgesenkt, allerdings scheint die Schweizerische Molkereiindustrie international gesehen in diesem Produktsegment nicht wettbewerbsfähig.

Ganz anders sieht es in den Segmenten Käse und Biomilch aus. Dort liegen die Erzeugerpreise dank der Differenzierung am Markt" seit 2012 konstant über 70 Rappen (63 Cent) pro kg, so das Ergebnis im Bericht des Schweizer Bundesrates Perspektiven am Milchmarkt". Der Appell an die Milchverarbeiter auch in der Schweiz lautet denn auch: mit einer höheren Wertschöpfung für mehr Ertrag bei den Milcherzeugerbetrieben zu sorgen". Um eine höhere Wertschöpfung zu erzielen, setzten einige Milchverarbeiter in der Schweiz auf eigene Qualitätskriterien. So zahlt z.B. Nestlé für klimafreundliche Milch" einen bescheidenen" Aufschlag- Allerdings schütten andere keine Boni aus. Laut dem Schweizer Bauer weigern sich z.B. die Migros-Tochter Elsa sowie die bekannte Emmi ihren Lieferanten einen Aufschlag für den Ausstieg aus der Anbindehaltung zu vergüten.

Agrarminister will offene Märkte –  Betriebe sollen wachsen

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Um die Schweizer Landwirte in die Lage zu versetzen, günstiger zu produzieren zu können, braucht es vor allem größere Strukturen. Foto: SMP (Bildquelle: Elite Magazin)

Währenddessen erklärt der Schweizer Agrarminister Johann Schneider-Ammann im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung, die Landwirtschaft in der Schweiz an offene Märkte heranführen zu wollen. Die Direktzahlungen sollen in Zukunft sinken, die Agrar-Betriebe wachsen, um sich an das internationale Umfeld anzupassen. „Der Schritt Richtung offene Märkte tut der Landwirtschaft zwar weh, aber er bedroht nicht ihre Existenz per se“, so der Minister.
Auch bezüglich Strukturwandel und Direktzahlungen spricht Schneider-Ammann klare Worte.  Mit der jetzigen Agrarpolitik werde eine „überfällige Korrektur gemacht“. Die Mittel würden auf die verfassungsrechtliche Zielsetzung ausgerichtet. Der Grenzschutz werde gesenkt. Sei die Umbauphase vorbei, benötige es weniger Mittel. Klar sei ihm, dass der Umbau sozialverträglich erfolgen müsse. Die Senkung der staatlichen Stützung sei deshalb auch langfristig ausgerichtet.

Die Zahl der 54.000 landwirtschaftlichen Betriebe soll sich gemäß dem Agrarminister denn auch weiter reduzieren. „Es braucht größere Strukturen und weniger Betriebe“, erklärt er. Bei einem anstehenden Generationenwechseln sollten Betriebe zusammengelegt werden. So benötige es weniger Maschinen. „Man muss Synergien schaffen!“

Quelle: Schweizer Bauer
Bearbeitet: K. Berkemeier