Ein kleiner Reim übers Bauer-Sein

Jörg Rolfes ärgert sich über das schlechte Bild der Landwirtschaft. Kurzerhand macht er seinem Ärger in Reimform Luft. Kurze Zeit später ist er überwältigt von der Reichweite seiner Zeilen.

Der gelernte Landwirt besucht derzeit die landwirtschaftliche Fachschule in Borken. Gemeinsam mit seinem Vater bewirtschaftet der 22-jährige einen Milchviehbetrieb mit 110 Kühen und Nachzucht. Ihn ärgern die Berichterstattung und das fehlende Verständnis für die Landwirtschaft. Kurzerhand schreibt er darüber ein Gedicht, das über Whatsapp und die sozialen Medien große Reichweite erzielt.

Elite: „Jörg, wie bist du auf diese Idee gekommen?“

Jörg Rolfes: „In den letzten Monaten gab es in unserer Lokalzeitung immer wieder Stimmungsmache gegen die Landwirte. Nicht unbedingt von den Journalisten selbst, aber in Form von Leserbriefen. Dazu kommt, dass im Kreis Borken derzeit ein neuer Landschaftsplan verhandelt wird, um mehr Naturschutzflächen auszuweisen. Insgesamt ist die Stimmung aufgeladen und die Unsicherheit groß: ‚Bin ich nächstes Jahr noch Landwirt?’ Ich wollte den Kritikern etwas entgegensetzen und ganz besonders die Verbraucher ansprechen und ihnen unsere Lage erklären.“

Elite: „In Reimform?“

Jörg Rolfes: „Ja! Ein Reim bleibt doch viel besser im Gedächtnis als einfacher Text. Gedichtet habe ich bisher nur zu besonderen Anlässen, aber es geht mir leicht von der Hand. Also habe ich den Rohtext geschrieben und mich anschließend mit meinen Klassenkameraden zusammengesetzt. Sie halfen mit Verbesserungsvorschlägen und Infos über Schweine und Hühner aus, ich bin halt doch Milchbauer.“

Elite: „Das klingt ganz schön aufwendig. Wie viel Zeit habt ihr investiert?“

Jörg Rolfes: „Pro Gedicht brauchte ich ca. eine Stunde, gemeinsam haben wir noch einmal so viel in Feinschliff, Fotos und Korrektur investiert; insgesamt ca. zwei bis drei Stunden. Am längsten hat fast noch die Formatierung der Texte als Foto gedauert, damit man es gut verschicken kann. Einmal gewusst wie, geht es schnell – aber zu Beginn musste ich es mir beibringen!“

Elite: „Bei sozialen Medien denkt jeder zuerst an Facebook. In erster Linie kam die Verbreitung aber über Whatsapp zustande, oder?“

Jörg Rolfes: „Das Gedicht war war zuerst als Leserbrief gedacht, die Zeitung wollte aber keinen Reim. Da lag eine Verbreitung über die sozialen Netzwerke nahe. Ich persönlich habe kein Facebook. Außerdem ist es zwar schön, wenn Bauern die Gedichte lesen – ich wollte aber Verbraucher erreichen. Whatsapp haben die meisten Menschen, zudem kennt jeder eine Menge Menschen außerhalb der Landwirtschaft. Ich sendete die Bilder also an alle meine Kontakte und bat meine Klassenkameraden, das gleiche zu tun.“

Elite: „Und, wie war die Resonanz?“

Jörg Rolfes: „Mittwochs haben wir begonnen, die Gedichte via Whatsapp zu verteilen. Drei bis vier Stunden später hatte ich schon die ersten Reaktionen, sogar aus Bayern und Berlin! Das hat uns überrascht. Besonders gefreut hat mich, dass von Verbrauchern Lob und tatsächlich auch Fragen zu Landwirtschaft und Milchviehhaltung zurückgekommen sind. Spannend war, dass Menschen mit eigener Familie und in den 40ern und 50ern sehr interessiert waren – diejenigen in unserem Alter, v.a. Männer unter dreißig, aber überhaupt nicht. Diese baten viel eher darum, die Zusendung zu unterlassen.“

Elite: „Also kaum negative Erfahrungen?“

Jörg Rolfes: „Natürlich haben wir auf Facebook auch Gegenwind bekommen. Die ‚Argumente’ unserer Kritiker waren jedoch so sehr an den Haaren herbeigezogen, dass ich mich eher gefreut habe – schließlich bedeutet eine solche Antwort, dass wir jemanden angekratzt haben!“

Elite: „Das klingt gut. Plant ihr weitere Projekte?“

Jörg Rolfes: „Erst einmal betreuen wir diese Aktion zu Ende. Vielleicht ergibt sich danach etwas und wir können eine neue Idee umsetzen. Ich persönlich schließe bald die Fachschule ab und werde danach arbeiten gehen, da unser Betrieb derzeit keine zwei Vollzeit-Arbeitskräfte trägt.“

Elite: „Eine tolle Aktion, die zeigt, dass man mit einfachen Mitteln sehr kreativ Menschen erreichen kann. Hut ab!“


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