„Die wichtigsten Mitarbeiter sind die, die man hat!“

Davon ist Joachim Walther, Betriebsleiter auf Gut Hohen Luckow, überzeugt. Wie es gelingt, Mitarbeiter zu halten, und was Milchbauern vom Handwerk lernen können.

In Kürze:

 

  • Auf Gut Hohen Luckow bemühen sich die Betriebsleiter mit vielen verschiedenen Maßnahmen, die Motivation ihrer Mitarbeiter zu erhalten. 
  • Viele Handwerksbetriebe haben die gleichen Probleme wie die Landwirtschaft. Eine gemeinsame Imagekampagne zeigt jedoch Wirkung.
  • „Die Landwirtschaft muss sich auf Lohnsteigerungen von etwa 25% einstellen“, sagt Felix Hollmann, LBB Göttingen.

 

Motivation der Mitarbeiter erhalten!

Als Joachim Walther 1994 die Geschäftsführung des Betriebes übernahm, arbeiteten dort 40 Mitarbeiter. Seitdem ist das Unternehmen gewachsen und beschäftigt heute 160 Mitarbeiter im Kuhstall, auf dem Acker, in der Verwaltung oder im Lohnunternehmen. Während es zu Beginn in der Region eine hohe Arbeitslosenquote gab, ist es heute schwieriger, neue Mitarbeiter zu finden. „Die wichtigsten Mitarbeiter sind die, die man hat!“, folgert Joachim Walther daraus.

Daher ist ein zentrales Ziel des Betriebs, die Motivation der Mitarbeiter zu erhalten:

 

  • Führungskräfte leben es vor: Walther ist wichtig, dass die Mitarbeiter sich sicher fühlen und mit einem guten Gefühl nach Hause gehen. Dafür sollten sich die Führungskräfte des Betriebs möglichst einschätzbar, d.h. authentisch und verlässlich, verhalten.
  • Arbeitsroutinen einfach gestalten: Aber nicht nur Führungskräfte, auch Arbeitsabläufe sollten „durchsichtig“ sein. Das Futter wird auf Hohen Luckow auf eigenen Flächen erzeugt. Die Software für die Flächenverwaltung hat ein „Navi“ integriert. Muss ein Mitarbeiter eine fremde Fläche bewirtschaften, kann er sich sicher sein, sie zu finden. So bleibt mehr Sicherheit und Konzentration für die eigentliche Bearbeitung. Im Kuhstall erstellt ein Filmteam Videos von allen Arbeitsabläufen, um Einarbeitung und Schulungen noch einfacher und eindeutiger zu ermöglichen.
  • Bezahlung transparent gestalten: Jede Stunde, Überstunden, Wochenend- und Nachtdienste werden transparent bezahlt. Der Stundenlohn ist gestaffelt nach Qualifikation und Engagement. Prämienzahlungen an Ausfalltage zu knüpfen, hat geholfen diese zu senken.
  • Menschen informieren: Mitarbeiterbriefe zu Projekten, der aktuellen Milchleistung, neuen Mitarbeitern, aber auch Problemen im Betrieb sollen die Mitarbeiter informieren. Auch in der gemeinsamen Betriebskantine sind die Chefs sicht- und ansprechbar.
  • Mitarbeiter unterstützen: Neue Mitarbeiter erhalten Sprachunterricht, bei Bedarf Unterstützung bei Amtsgängen oder der Zulassungsstelle. Zudem stellt der Betrieb Wohnungen zur Verfügung. Aber Vorsicht: „Gerade die langjährigen Mitarbeiter fühlen sich manchmal benachteiligt, wenn man versucht, mit viel Aufwand und Zugeständnissen neue Mitarbeiter anzuwerben“, berichtet Walther. Daher bemüht er sich auch, bei offenen Stellen erst an die eigenen Leute zu denken und Aufstiegschancen innerhalb des Unternehmens nicht zu verbauen.
  • Freiheiten zugestehen: Wer für einen Nachmittag einen Bagger braucht oder einen Anhänger, darf sich nach Absprache Geräte des Betriebes leihen. Die Fahrer dürfen interessierte in den Fahrerkabinen mitnehmen, die Kinder des Dorfes können im Sandhaufen spielen, der später einmal eingestreut wird. Auch Betriebsfeiern sorgen dafür, dass Mitarbeiter sich angenommen fühlen: „Wichtig: Regelmäßig Danke sagen!“, betont Walther.

 

Daneben sei wichtig, einen modernen Arbeitsplatz und Betriebskleidung bereitzustellen, die vorhandene Mitarbeiter regelmäßig zu schulen und fortzubilden und eine Kultur zu schaffen, in der Hinweise oder Kritik auch den Weg von unten nach oben finden. Denn, so Joachim Walther: „Neue Leute finden wir am ehesten über Mund-zu-Mund-Propaganda. Und dazu braucht der Betrieb ein gutes Image!“

 

Mitarbeiter am ehesten durch persönliche Kontakte

Wie wichtig diese Mund-zu-Mund-Propaganda ist, weiß auch Jan Dannenbring vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Viele Handwerksbetriebe haben die gleichen Probleme wie Milchkuhbetriebe. Eine Umfrage zeigt, dass bei mehr als der Hälfte der Handwerksunternehmen der Fachkräftemangel bereits spürbar ist, was mehr Aufwand bei der Mitarbeitersuche nach sich zieht. Zudem sind sog. „mismatches“ häufig – die Qualifikation eines Bewerbers passt nicht zur offenen Stelle.
Zunehmend scheint es aber ein Problem zu sein, genügend Bewerber zu finden, um den geeignetsten auswählen zu können. Gerade für diese Betriebe sind persönliche Kontakte die wichtigste Kontaktmöglichkeit für mögliche neue Angestellte.
Grafik Mitarbeiter

Gerade landwirtschaftliche Betriebe, die häufig die erste geeignete Person einstellen (rechts), finden die meisten Mitarbeiter durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Quelle: Dannenbring (Bildquelle: Elite Magazin)

Die Lösung der Handwerkskammern: Eine gemeinsam finanzierte Imagekampagne, um junge Leute auf handwerkliche Berufe aufmerksam zu machen. Diese zeigt Wirkung – ist aber auch gemeinsam finanziert, professionell aufgezogen und auf eine Laufzeit von mindestens 10 Jahren angelegt! (zurück)

„Günstig“ gibt es bald nicht mehr

Felix Hollmann, Ländliche Betriebsgründungs- und Beratungsgesellschaft mbH (LBB), ist überzeugt: „Der Landwirtschaft stehen Lohnsteigerungen von etwa 25% ins Haus“. 2014 zahlte die Landwirtschaft im Schnitt einen Bruttostundenverdienst von 10,74 Euro aus und lag damit auf dem vorletzten Platz der untersuchten Branchen. Im Schnitt erhielten die Arbeitnehmer 17,44 Euro! Aus verschiedenen Gründen werde die Landwirtschaft künftig Probleme, zu diesen Bedingungen Mitarbeiter einzustellen, schätzt Hollmann: „Die Überalterung der Gesellschaft (vor allem in der Landwirtschaft) lässt den Bedarf an jungen Arbeitnehmern steigen. Gleichzeitig wächst die Konkurrenz durch die florierende Wirtschaft.“
Betriebsleiter sollten daher diese Überlegungen ins Auge fassen:

  • Lohnsteigerungen ermöglichen,
  • Über veränderte Arbeitszeitmodelle nachdenken (flexible Arbeitszeiten / Elternzeit / Sabbatjahr, genügend Freizeit)

Zudem lohnt es sich, die „Motivatoren“ seiner Mitarbeiter herauszufinden, um die Zufriedenheit zu steigern.

  • Lohn
  • Wechselnde Aufgabengebiete
  • Verantwortung
  • Einflussnahme
  • Entwicklungsmöglichkeit
  • Fortbildung
  • Individuell angepasste Arbeitszeiten
  • Teamzugehörigkeit (gemeinsames Ziel)

 


Denn wodurch ein Mensch Spaß an seiner Arbeit hat, ist äußerst individuell!


Text: Stöcker
Quelle: Vortrag „Hauptsache die Kohle stimmt?! Mitarbeiterfindung und -bindung in modernen Betrieben“ im Rahmen der DLG-Wintertagung 2018