Reportage
Die Kühe zur Selbstständigkeit erziehen
Drei Roboter, 50 ha Weide, 12.500 kg Milch/Kuh: Das sind die beeindruckenden Rahmendaten des Dänen René Søndergård aus Mitteljütland. Als Biobetrieb muss er ein Fünftel der jährlichen Milch pro Kuh als Weidemilch erzeugen - wie schafft er "trotzdem" diese hohe Leistung?
Kühe |
175 |
Nachzucht |
150 Färsen, davon werden 90 auf einer gepachteten Hofstelle in Eigenarbeit aufgezogen; Bullenkälber im Alter von 5 Wochen verkauft |
Fläche |
260 ha |
davon Grünland |
120 ha: 40 ha Weide für die Kühe plus 3./4. Aufwuchs restl. Grünland; 30 ha Weide für weibl. Nachzucht |
davon Acker |
60 ha Getreide mit Grasuntersaat: Schnitt wie erster Schnitt Grassilage, danach Grasaufwuchs; 5 ha Hafer, 23 ha Weizen, 10 ha Roggen, 25 ha Sommergerste/Hafer, 8 ha Sommergerste/Hafer-GPS |
AK |
2 Angestellte (2,0), Betriebsleiter (1,0), Ehefrau (0,3) |
Außenarbeiten |
Selbst erledigt, außer: Dreschen, Stroh pressen, bei der Grasernte Häcksler und 2 Transportwagen vom Lohnunternehmer |
Glück: Arrondiertes Grünland - maximal 800m bis zur Weide
Wichtig ist für den engagierten Betriebsleiter ebenfalls ein möglichst offener Zugang zur Weide. Die Kühe dürfen zwischen 12 und 20 Stunden hinaus. Ein Selektionstor ermöglicht 2,5 Melkungen mit minimalem Arbeitsaufwand. Während die Herde im Winter durchschnittlich 3,5 Melkungen leistet, ist René im Sommer mit 2,5 Melkungen zufrieden.
Umstellung im Frühjahr - strategisch vorgehen
Wasser auf der Weide? Aber sicher!
Kühe zum Roboter, die über 12 Stunden nicht gemolken wurden. Kühe, die 180 Tage und länger tragend sind, lasse ich auch die Möglichkeit, noch innerhalb von 16 Stunden allein zum Roboter zurückzugehen. Für unsere Herde ist es der normale Alltag, mehrmals täglich den Gang vom Roboter zur Weide und umgekehrt zu machen, ohne dass der Mensch eine Rolle dabei spielt. Die Philosophie einer attraktiven Umwelt für das Tier ist der Schlüssel für dessen Akzeptanz. So biete ich meinen Tieren stets Wasser auf der Weide. Die Kühe saufen dort häufig in einer Kleingruppe nach dem Melken auf dem Rückweg zur Weide. Ich meine, dass eine Zwangssteuerung über ein ausschließliches Wasserangebot im Stall das falsche Signal für die Kuh wäre.“
Der Weidespezialist weist darauf hin, dass auch der Stall als Umgebung für die Kuh im Sommer gleichermaßen attraktiv für die Kuh sein muss wie im Winter. Das beinhaltet top gepflegte Boxen genausowie eine frische TMR adlibitum am Futtertisch. René Søndergård baute den vorhandenen Tiefstreustall 2007 als Liegeboxenstall mit Sandeinstreu um. Im gleichen Zuge stellte er auf automatisches Melken mit zwei Melkrobotern um. René wollte Kuhzahl erhöhen und erwarb 2014 ein drittes Gerät. Mittlerweile werden im Durchschnitt 175 Kühe gemolken.
Im Stall wird vormittags eine Kompakt-TMR gefüttert, reduziert um den Anteil Grassilage, den die Kühe als Grasim Freien aufnehmen. Die Futtermischung besteht aus Grassilage, Erbsen-GPS und eingeweichtem Quetschgetreide. Das Getreide lässt der Landwirt über Nacht im Mischwagen quellen, danach werden die anderen Komponenten wie üblich gemischt. Dieses System des Quellens ist recht verbreitet. Maissilage ist klimatisch und aufgrund der Ökorichtlinien auf dem Betrieb in Mitteljytland nur sehr teuer zu erzeugen und wird deshalb nicht gefüttert. Im Roboter erhalten die Kühe nach Leistung bis zu max. 8 kg Kraftfutter aus einer ökologisch erzeugten Getreide-, Sonnenblumen-, Ackerbohnen-, Erb- sen- und Sojamischung.
Enorme Leistungssteigerung - flache Laktationskurve
Durch die Umstellung auf eine Kompakt-TMR zeitgleich mit der Anschaffung des Dritten Roboters, konnte René die Leistung seiner Herde in 12 Monaten um 1.200 kg pro Kuh steigern. Er führt dies einerseits auf eine optimierte Pansenphysiologie zurück. Andererseits hat der Einbau des dritten Roboters im vergangenen Jahr mehr freie Zeit für das Melken der Gesamtherde verschafft. Besonders die Erstlaktierenden profitieren davon und setzen mit höheren Leistungen ein. Insgesamt zeichnet sich die Hochleistungsherde durch einen flachen Verlauf der Laktationskurve aus. Typisch für Biobetriebe? „Zum Teil ja, aber eher typisch für mich und meine Ziele“, bestätigt der erfahrene Ökomilch-Erzeuger. Um es zusammenzufassen: Worin besteht sein 'Geheimrezept'? „Die Kunst besteht darin, dass 95% der Kühe selbstständig den Stall aufsuchen, einen Melkbesuch absolvieren und wieder auf die Weide zurückgehen.“
Annette Reiners