Deutsche Molkereien sollten im Ausland produzieren

Für die deutschen Molkereien wird es künftig immer schwieriger, auf dem internationalen Markt mit anderen Wettbewerbern um Marktanteile zu konkurrieren. Zu dieser wenig erbaulichen Schlussfolgerung kommen Marktexperten der Universität Göttingen.

Eine steigende inländische Produktion, regionale Ungleichgewichte und die zunehmende Liberalisierung auf den weltweiten Märkten für Milch und Milchprodukte führen zu einer erhöhten Intensität des Wettbewerbs zwischen der deutschen Molkereiwirtschaft und ihren ausländischen Konkurrenten. Dies gilt sowohl für Märkte außerhalb Deutschlands als auch für den heimischen Markt. Vor diesem Hintergrund wurde von Wissenschaftlern der Universität Göttingen die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Molkereiwirtschaft im Vergleich zu zehn Wettbewerbern in sechs verschiedenen Produktgruppen anhand von Außenhandelsdaten über einen Zeitraum von 16 Jahren (2001 bis 2016) untersucht. Das ernüchternde Ergebnis:
Für die deutsche Molkereiindustrie wird es künftig immer schwieriger, auf dem internationalen Markt mit anderen Wettbewerbern um Marktanteile zu konkurrieren. Zu dieser wenig erbaulichen Schlussfolgerung kommen Marktexperten der Universität Göttingen.

Wettbewerber haben aufgeholt

Demnach liegt der Grund für die beobachtete Entwicklung in einer sich verschlechternden Situation in Deutschland (politische und gesellschaftliche Anforderungen; siehe weiter unten), aber auch darin, dass wichtige Wettbewerber aufgeholt haben und sich der Wettbewerb auf den internationalen Märkten für Milch und Milcherzeugnisse intensiviert hat.
Ein weiterer Indikator für die Probleme der deutschen Milchwirtschaft, ihre Produkte künftig weiterhin erfolgreich auf internationalen Exportmärkten zu platzieren, ist der leichte Rückgang der Exportquote der deutschen Molkereiindustrie in den letzten Jahren. In der Zukunft wird sich dieser Trend aller Voraussicht nach fortsetzen. Die Prognosen der FAO und OECD weisen ein weltweites jährliches Milchmengenwachstum von 1,8 % aus, wobei 73 % dieses Wachstums auf Indien und andere asiatische Länder entfallen werden. Gleichzeitig wird ein stärkeres Produktionswachstum von Frischmilchprodukten im Vergleich zu konzentrierten Milchprodukten, Butter und Käse vorhergesagt. Auch dies geht eher zu Lasten der traditionell exportstarken Länder wie z.B. Deutschland.
Weiter verstärkt wird diese Entwicklung durch die steigenden politischen und gesellschaftlichen Anforderungen an die Milchproduktion in Deutschland. So wurde seitens der Politik beispielsweise das Düngerecht in Deutschland deutlich verschärft. Von Seiten der Verbraucher und des Lebensmitteleinzelhandels wiederum steigen die Anforderungen an die Produktion, beispielsweise im Hinblick auf eine gentechnikfreie Fütterung und das Tierwohl. Diese Aspekte wirken sich ebenfalls negativ auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Milchwirtschaft aus, sofern ausländische Abnehmer nicht die die höheren Standards in Form einer höheren Bezahlung honorieren.
Einen leicht positiven Trend bzw. einen Wettbewerbsvorteil sehen die Wissenschaftler für deutsche Molkereien nur in zwei von insgesamt sechs Produktgruppen: Bei eingedickter Milch und Sahne (allerdings ist der Marktanteil Deutschlands in dieser Produktgruppe stark rückläufig (-2,4 %) sowie bei Buttermilch und Joghurt. In den übrigen vier Produktgruppen (nicht eingedickte Milch und Sahne; Molke; Butter sowie Käse und Quark) lassen sich keine Wettbewerbsvorteile erkennen.

Produktion ins Ausland verlagern

Vor diesem Hintergrund sollten die Internationalisierungsstrategien deutscher Molkereien zunehmend in den Fokus rücken. Vor allem die starke Fokussierung auf Exporte gehört auf den Prüfstand. Anders als beispielsweise Nestlé oder FrieslandCampina sind nur einige wenige Unternehmen aus Deutschland bereits weltweit oder zumindest in einer größeren Zahl von Ländern mit eigenen Verarbeitungsaktivitäten vertreten und damit unabhängiger von der Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Erzeugung.
Zukünftig wird es zunehmend wichtiger werden, wo die Molkereien produzieren, um sich erfolgreich auf den internationalen Märkten zu platzieren. Die ohnehin sinkenden Marktanteile der etablierten Exporteure werden nach den vorliegenden Prognosen weiter zu Gunsten anderer Länder, vor allem Schwellen- und Entwicklungsländern, sinken.

Bleibt festzuhalten

Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Studie sowie die Prognosen zur Entwicklung der weltweiten Milchproduktion, dass es angesichts der gestiegenen politischen und gesellschaftlichen Anforderungen zunehmend schwieriger werden wird, in Zukunft aus Deutschland heraus Marktanteile auf den internationalen Märkten zu sichern bzw. auszubauen. Dies gilt insbesondere für undifferenzierte, primär über den Preis verkaufte Massenware.
Anmerkung: Die Analyse stützt sich auf Daten der Handelsdatenplattform Trademap des International Trade Center (ITC). Es wurden Daten für den Zeitraum von 2001 bis 2016 von elf Ländern in sechs Produktgruppen betrachtet. In die Analyse wurden Deutschland, die USA, Neuseeland, die Niederlande, Frankreich, Irland, Polen, die Tschechische Republik, Argentinien und Weißrussland einbezogen.
Die internationale Wettbewerbsfähigkeit wurde auf Basis von Außenhandelsdaten analysiert. Unternehmen oder Branchen gelten als wettbewerbsfähig, wenn sie in der Lage sind, ihre Produkte ohne staatliche Unterstützung im Ausland zu verkaufen bzw. ihre Marktanteile im Inland zu halten. Dabei enthalten die Ergebnisse Informationen zu Nachfrage und Angebot, da sie auf den tatsächlich gehandelten Produkten und deren Preisen basieren.
Quelle: Analyse der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Molkereiwirtschaft auf Basis von Außenhandelsdaten | Johannes Meyer und Ludwig Theuvsen; Georg-August-Universität Göttingen
Ansprechpartner: Johannes Meyer, | johannes.meyer@agr.uni-goettingen.de