Coronavirus

Der Milchmarkt in der 2. Aprilwoche

Die Verläufe am Milchmarkt stehen weiterhin, national wie international, unter dem drückenden Einfluss von Corona. Hier einige News zur Situation Anfang April 2020.

Hier finden Sie Informationen und Einschätzungen aus der zweiten Aprilwoche 2020 (KW 15), zur momentanen und künftigen Situation im Milchsektor. National wie international betrachtet.
ZMB (08.04.2020): Preise sinken weiter, aber noch über dem EU-Interventionspreis
Im Rohstoffhandel in Deutschland setzt sich die schwache Entwicklung rasant fort. Die ZMB Zentrale Milchmarkt Berichterstattung GmbH erklärt in ihrem wöchentlichen Marktbericht: Die Preise für Industrierahm und Magermilchkonzentrat sinken weiter. Auch für Rohmilch werden schwächere Preise erzielt (siehe unten). Die Milchanlieferung ist saisonal hoch und teilweise wird die Käseproduktion wegen des reduzierten Bedarfs für die Gastronomie bzw. den Foodservice" reduziert, was bedeutet, dass Milch zunehmend über Trocknung verwertet werden muss.
Am Markt für Magermilchpulver agieren die Käufer - in Deutschland, der EU und am Weltmarkt - derzeit überwiegend abwartend. Nur vereinzelt werden neue Geschäfte abgeschlossen. Im Vordergrund steht aktuell demnach die Abwicklung bestehender Kontrakte, die (noch) umfangreich vorhanden sind. Allerdings sind die Abrufe teilweise zurückhaltend. Am Weltmarkt sind ist die Konkurrenz von Seiten der USA stark ausgeprägt. Entsprechend haben die Preise weiter nachgegeben. Laut der Amtlichen Preisermittlung der Süddeutschen Butter- und Käsebörse e.V. lagen diese zum Berichtzeitpunkt 08. April in den folgenden Preisspannen:
  • Magermilchpulver in Lebensmittelqualität: 1.880 € bis 2.050 €/t (Vorwoche: 1.980 € bis 2.220 €)
  • Magermilchpulver in Futtermittelqualität: 1.700 € bis 1.760 €/t (Vorwoche: 1.820 € bis 1.860 €)

Mit Vollmilchpulver werden weiterhin schwerpunktmäßig Geschäfte innerhalb der EU abgewickelt. Exportmöglichkeiten bestehen nur eingeschränkt. Die Preise tendieren stabil bis leicht schwächer.
  • Vollmilchpulver in Lebensmittelqualität: 2.650 € bis 2.720 €/t (Vorwoche: 2.750 € bis 2.850 €/t).

Butter notierte diese Woche unverändert bei Päckchenware (3,56 € bis 3,64 €/kg) und sinkend bei Blockware (2,70 € bis 3,00 €; Vorwoche: 3,10 € bis 3,40 €).
An der internationalen Handelsbörse für Milchprodukte, der Global Dairy Trade in Neuseeland, hat sich das mittlere Preisniveau in dieser Woche etwas erholen können. Insbesondere am Preis für Vollmilchpulver. Mehr dazu hier: "GDT: Preisanstieg für Vollmilchpulver am globalen Markt".
AHDB (06.04.2020): EU Intervention offen, keine Beihilfe zur privaten Lagerhaltung
Die öffentliche Intervention der EU für Butter und Magermilchpulver ist für den üblichen Zeitraum vom 1. März bis 30. September 2020 geöffnet. Bisher lagen die Marktpreise in der EU über den Interventionspreisen, sodass bis Anfang April kein Produkt zur Intervention angeboten wurde, berichtet das Agriculture and Horticulture Development Board (AHDB). Die Preise, zu denen die EU Milchprodukte aufkaufen würden, sind festgelegt und liegen bei 2217,50 € pro t für Butter und 1.698,00 € pro t für Magermilchpulver. Es besteht jedoch eine große Marktunsicherheit aufgrund der Coronavirus-Pandemie und die Tendenz zeigt weiter auf fallende Marktpreise (siehe oben).
Bis zum Stand heute (09.04.2020) hat die EU keine Beihilfe zur privaten Lagerhaltung zur Verfügung gestellt. Nur unter bestimmten Marktkonstellationen ist die EU-Kommission ermächtigt, zur Entlastung auf dem Milchmarkt Maßnahmen zur Beihilfegewährung zur privaten Lagerhaltung von Magermilchpulver oder Butter zu beschließen. Nach Angaben unserer Bundesanstalt BLE ist keine Maßnahme offen.
Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe für Milch und Milchprodukte von den EU-Ausschüssen der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA), Thierry Roquefeuil, forderte die EU-Kommission am 07.04.2020 auf, jetzt unverzüglich zu handeln. Brüssel müsse die private Lagerung für alle Milchprodukte fördern; neben Magermilchpulver müssten auch alle Arten von Käse und Butter eingelagert werden. Am 06.04.2020 hatte der europäische Sonderausschuss Landwirtschaft (SAL) getagt und keine Entscheidung für eine zusätzliche Unterstützung des Agrarsektors getroffen.
Molkerei Industrie (09.04.2020): Spotmilchpreise unter 20 Cent pro kg
Die Preise für Spotmilch bzw. Versandmilch, die in dieser Woche (KW15) in Deutschland zur Lieferung in der nächsten Woche (KW 16) gehandelt wurde, orientierten sich zwischen 20,5 € (Süd) und 19,00 € (Nord) pro 100 kg Rohmilch (3,7 % Fett). Damit haben sich diese gegenüber der Vorwoche ein erneutes mal sprunghaft verschlechtert. Vergangene Woche lag die Orientierungsspanne zwischen 23,6 € (Nord) und 25,16 € (Süd).
Zusätzlich zum saisonal bedingt hohen Milchaufkommen drücken die, durch die Coronakrise, frei gewordenen Milchmengen auf den Rohmilchmarkt. Und das EU-weit.

Einschätzungen für den internationalen Milchsektor

GDT (08.04.2020): Preisanstiege - Chinesen kehren in den Handel zurück
Beim jüngsten Termin an der internationalen Handelsbörse für Milcherzeugnisse, der Global Dairy Trade in Neuseeland, wurde erstmals seit Ende Januar 2020 wieder ein Anstieg im Durchschnittspreis über alle gehandelten Produkte und Mengen verzeichnet; um +1,2%. Insgesamt kann man einen durchschnittlichen Preisrückgang über den Zeitraum der Coronakrise von 12% über vier Handelsrunden zusammenrechnen. Das jüngste Auktionsergebnis habe nun „die Erwartungen übertroffen, erklärte Mike Cronin, der Manager für genossenschaftliche Angelegenheiten bei der neuseeländischen Genossenschaftsmolkerei Fonterra, die Hauptakteur an der GDT ist. Chinesische Käufer seien an die Handelsplattform zurückgekehrt, was hoffentlich ein Spiegelbild der Wirtschaft in der Volksrepublik auf dem Weg zur Normalität sei.
Mit ausschlaggebend für die Aufwärtsentwicklung waren Zuschläge für das mengenmäßig am stärksten gehandelte Produkt Vollmilchpulver. Die dafür angebotenen Kontrakte erlösten über alle Laufzeiten und Qualitäten hinweg im Mittel 2.820 $/t (2.613 Euro), gegenüber der vorangegangenen Auktion war das ein Plus von 2,1%. Noch stärker zogen die Preise für Butter mit 4,5% auf 4.263 $/t (3.951 Euro) an. Das bedeutete einen neuen Höchststand in diesem Jahr.
Rabobank (07.04.2020): Nicht gekannte Umstände machen neue Unterstützungspakte erforderlich
Der Milchsektor befindet sich unter der globalen Coronakrise auf unbekanntem Gebiet, so beschreiben es die Milchmarktexperten der Rabobank in ihrem aktuellen Bericht vom 07. April 2020. Entsprechend des Unbekannten sind viele Experten mit konkreten" Prognosen vorsichtiger geworden, als noch unmittelbar zu Beginn der Krise (mehr dazu hier: "Corona bewegt die Milchwirtschaft"). So verkündetet RaboResearch diese Woche folgende Erwartungen: Voraussichtlich wird der Milchsektor in den nächsten 12 Monaten drei Wellen von Marktbewegungen erleben. 1. 'Panikkäufe', übergehend in 2. 'gedämpfte Einzelhandelsnachfrage und größere logistische Herausforderungen', bis hin zu 3. 'längerfristigen Kaufkraftverlusten der Verbraucher' in Folge der erwarteten Rezession der Gesamtwirtschaft.
Mary Ledman, Global Dairy Strategist RaboResearch, erklärte im Zusammenhang der angepassten Prognosen: Dies sind bislang nicht gekannte Zeiten, die zu bislang nicht gekannten Unterstützungspaketen sowohl auf nationaler als auch auf nationaler Ebene führen".
Anmerkung: Entsprechende Forderungen und Überlegungen zu Unterstützungspaketen laufen, in allen betroffenen Milchregionen der Welt. In Deutschland stehen aktuell Forderungen nach bundesweiten bzw. EU-weiten Mengenregulierungen und der Gewährung von Beihilfen zur privaten Lagerhaltung im Raum. Bis dato sind hierzu keine allgemeinen Beschlüsse bekannt. Auch nicht seitens der EU Kommission. Konkrete Handlungsanweisungen zur Stabilisierung bzw. Senkung der Ablieferungsmilch geben mittlerweile einige Molkereien an ihre Milcherzeuger. Hier finden Sie nähere Informationen zusammen gestellt, zur Situation in Deutschland, weiteren EU-Ländern sowie den USA: "Coronavirus: Molkereien haben zu viel Milch - was tun?"
Maxum Food (07.04.2020): Nötige Produktionsausrichtungen nur wage abschätzbar
Covid19 wird den globalen Milchsektor weiter stark beeinflussen, so Dustin Boughton, Geschäftsführer von Maxum Food, Großhandel für und Hersteller von Milcherzeugnisse/n (Australien/Neuseeland). Er erklärt, dass sich das Konsumverhalten international durch die 'Shut-downs' verändert hat und vor allem, sich noch weiter verändern wird. Dementsprechend müssen sich die Produktionsausrichtungen der Milchverarbeiter verändern. In welche Produktrichtung sich die Gesamtnachfrage aber genauer entwickeln wird, sei schwer abzuschätzen. Abgesehen von der Gastronomie-Käse-Produktion (Mozzarella), die vermieden wird, und entsprechend Milch frei werden lässt, die dann überwiegend in die Produktion von Magermilchpulver geht. Der kurzfristige Anstieg in den Absätzen an Milchprodukten im Lebensmitteleinzelhandel habe sich laut Boughton bereits etwas beruhigt.
Die Preisentwicklung an den Milchproduktmärkten spiegele die Unsicherheit der Marktbeteiligten wieder, so der Experte. Zusätzlich zum Coronaeinfluss wirkt das aktuell saisonalbedingt sehr hohe Milchaufkommen in den Europa und den USA drückend am Weltmarkt. Entsprechend positiv sei es, dass sich die Nachfrage aus wichtigen Importnationen laut Boughton stabil hält und sich die Nachfrage aus China jetzt erhole.
Dustin Boughton ist der Ansicht, dass kommerzielle und politische Maßnahmen eingreifen könnten, um überschüssige Milchvorräte zu beseitigen und überschüssiges Produkt vom Markt zu nehmen. Allerdings sieht er das Risiko und erklärt, dass der Milchsektor damit wieder in ein Szenario getrieben würde, das die globalen Märkte eigentlich gerade erst abgeschüttelt hatten: Nämlich hohe Lagerbestände, die wieder über längere Zeit auf den laufenden Markt drücken werden.
Quellen: Agriculture and Horticulture Development Board (AHDB), Dairyreporter, Rabobank, ZMB, Molkerei Industrie


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