Das Käse-Imperium schlägt zu!

Die französische Lactalis-Gruppe, Europas größter Käsehersteller, will die italienische Parmalat übernehmen und somit weltweit größter Hersteller von Milchprodukten werden. Damit dürfte der Wettbewerb in der europäischen Molkereibranche eine neue Dimension erreichen.

Laut Presseberichten verfügt Lactalis über 29 % der Parmalat-Aktien und steht somit unmittelbar vor der regulatorischen Schwelle von 30 %, ab der die Pflicht zu einem öffentlichen Übernahmeangebot besteht. Diese Woche hat der französische Konzern nun öffentlich gemacht, dass er 2,60 € pro Aktie (insgesamt also 3,37 Mrd. €) zahlen und so die Übernahme perfekt machen möchte. Das Angebot entspricht einem Aufschlag von gut 21 % auf den durchschnittlichen Kurs der vergangenen zwölf Monate. Lactalis selbst ist nicht an der Börse gelistet. Experten rechnen nun mit einem Gegenangebot aus Italien. „Als Nächstes wird vermutlich eine italienische Gegenofferte kommen“, prognostizierte Analystin Simone Ragazzi von der Centrobanca im Handelsblatt. Denn als Lactalis jüngst seinen Parmalat-Anteil aufstockte, gingen in Rom die Alarmglocken an: Die Regierung fürchtet, eines der bekanntesten Unternehmen des Landes könnte unter ausländische Kontrolle geraten. Die Regierung in Rom hatte in den vergangenen Wochen offen italienische Unternehmer dazu aufgerufen, Parmalat vor einer Übernahme zu schützen. Eigentlich hatte Lactalis gehofft, bei einem Aktionärstreffen im April seine Kandidaten in den Verwaltungsrat zu bringen und dadurch die Kontrolle zu übernehmen. Durch ein Dekret der Regierung in Rom wurde das Treffen aber auf Ende Juni verschoben - genügend Zeit also für ein rein italienisches Konsortium, um eine Offerte vorzubereiten.
Mit dem Zusammenschluss entstünde ein global agierender Nahrungsmittelkonzern mit einem Umsatz von 14 Milliarden Euro. Lactalis verspricht sich nach Angaben eines führenden Mangers des Unternehmens vor allem Synergieeffekte in Europa (besonders in Frankreich und Spanien).

Firmenchef tingelte von Hof zu Hof

Das Familienunternehmen Lactalis, das von dem 41-jährigen Emmanuel Besnier geleitet wird, ist nach Nestlé und Danone derzeit drittgrößter Hersteller von Milchprodukten der Welt, größter Käsehersteller Europas, zweitgrößter Nahrungsmittelhersteller Frankreichs (Jahresumsatz von 9,5 Mrd. Euro). Der Großvater des heutigen Firmenchefs fuhr in den dreißiger Jahren noch von Hof zu Hof, um Milch für seine Käseherstellung abzuholen. Der Vater des Konzernlenkers professionalisierte von den fünfziger Jahren an das Geschäft, führte 1968 den Camembert Président ein, gründete 1985 die Marke Lactel, übernahm 1990 die Marke Bridel und kaufte 1999, ein Jahr vor seinem Tod, zwei wichtige amerikanische Käsehersteller. Emmanuel Besnier selbst hat den Expansionskurs weiter fortgesetzt: 21 Zukäufe gehen auf sein Konto.
Käse-Imperium

(Bildquelle: Elite Magazin)

Parmalat war im Dezember 2003 unter einem Schuldenberg von mehr als 14 Milliarden Euro zusammengebrochen. Der ehemalige Chef, Calisto Tanzi, hatte mit seinen Mitarbeitern über Jahre Bilanzen gefälscht. Der Fall gilt als einer der größten Betrugsskandale der europäischen Unternehmensgeschichte. Die Firma gilt seither als attraktives Übernahmeziel, auch wegen der 1,4 Milliarden Euro in bar, die sich unter anderem aufgrund juristischer Vergleiche nach dem Kollaps angesammelt haben.