Biogas-Novelle: Widerstand auf breiter Front

Die geplante Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) führt zu ungewöhnlichen Allianzen. Sowohl die AbL als auch das Unternehmen Milch, zwei Organisationen, die sonst oft konträre Standpunkte vertreten, sind sich in ihrer Kritik am neuen EEG weitgehend einig. Beide beklagen die Bevorzugung von Großanlagen und befürchten eine Verschärfung der ohnehin schon bestehenden Probleme.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) befürchtet, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf große Biogas-Anlagen deutlich bevorzugt würden. Damit werde sowohl die Flächenkonkurrenz als auch die Vermaisung der Landschaften sowie der Straßen-Transporte von Rohstoffen und Gärresten noch anwachsen“, warnt Bernd Voß, Biogas-Experte und Mitglied im Bundesvorstand der AbL. „Die Pläne der Bundesregierung sind bisher einseitig auf Großanlagen ausgerichtet. Wenn das kommt, dann überlässt die Bundesregierung die Biogaserzeugung vollends den Energiekonzernen.“
Die geplanten höheren Vergütungen für kleinere Anlagengrößen gehen laut der AbL zwar in die richtige Richtung, allerdings kritisiert die AbL, dass die Abstaffelung bei großen Anlagen zu schwach ausfällt. „Dass die Bundesregierung nun die Erhöhung der Rohstoffvergütung für sehr große Anlagen zwischen 500 und 5.000 kW von den geplanten 2 Cent nur um 1 Cent etwas zurücknimmt, ist unzureichend. So bleibt es bei der Übervorteilung der Großanlagen gegenüber kleineren Anlagen“, sagt Voß voraus. Die schon heute in vielen Regionen vorhandenen Probleme mit der Flächenverfügbarkeit würden dadurch noch zunehmen. „Es ist zu befürchten, dass Gülle nur zum Verflüssigen, nicht aber als Energieträger eingesetzt wird.“
Auch das Unternehmen Milch fordert eine deutlichere Staffelung bzw. Degression der Einspeisevergütung bei Biogas,  damit die Balance nicht noch mehr aus den Fugen gerät. Alleinige Gewinner des aktuellen EEG-Entwurfs sind nach Einschätzung des Netzwerkes inaktive“ Landeigentümer und Energiekonzerne. Die dezentrale Biogaserzeugung in regional angepassten Strukturen sei hingegen eine Chance für Viele. Der ländliche Raum profitiere, wenn die Wertschöpfung aus Biogas in der Region verbleibt.
Gefordert wird vom Netzwerk eine deutlichere Staffelung bzw. Degression der Einspeisevergütung bei Biogas. Die Einspeisevergütung unterhalb der 500 kW-Anlagen soll um 1 bis 2 Ct aufgestockt werden. Zur Gegenfinanzierung wird eine Abschmelzung der Prämien bei größeren Anlagen mit mehr als 500 kW (1 Ct bei 500 bis 1.000 kw; 2 Ct 1 MW) vorgeschlagen.
Ebenso sollte bei den Rohstoffklassen 1 und 2 verfahren werden, deren Einteilung und Zugehörigkeit auch sensibel überdacht werden sollte. Die Interessengemeinschaft befürchtet zudem Akzeptanzprobleme beim Bau weiterer größerer Anlagen bei der Bevölkerung sowie auf einen Substrateinzugsradius bei Mehrmegawattanlagen von 40 bis 60 km. Bei 500 kW-Biogasanlagen wird heute schon Mais über größere Entfernungen (über 15 km) angefahren. Dringend angemahnt werden deshalb auch Kooperationsanreize für den Bau von Gemeinschafts-Biogasanlagen (zwischen nahegelegenen landwirtschaftlichen Betrieben, dadurch kein „Gülletourismus).
Hintergrund-Info:
Bundesweit gibt es derzeit 6.000 Biogasanlagen. Der Fachverband Biogas schätzt, dass bis zum Jahresende noch einmal 800 hinzukommen.
Nach dem Entwurf für das EEG 2012 soll künftig sowohl der Nawaro-, der Gülle- und der Landschaftspflegebonus in seiner bisherigen Form entfallen. Wesentliches Element des neuen Vergütungssystems im geplanten EEG 2012 ist die Anhebung der Grundvergütung. Beträgt die Grundvergütung für Strom aus einer Biogasanlage bis zu einer Anlagenleistung von 150 kW augenblicklich 11,67 Ct/kWh und darüber hinaus bis zu einer Anlagenleistung von 500 kW 9,81 Ct/kWh, soll sie künftig 14,3 Ct/kWh bis 150 kW Anlagenleistung und bei bis zu 500 kW Anlagenleistung 12,3 Ct/kWh betragen. Für eine Anlage mit einer Nennleistung von 500 kW steigt die durchschnittliche Grundvergütung von derzeit 9,927 Ct/kWh auf 12,9 Ct/kWh an.