BHV1: „Das wünsche ich keinem Berufskollegen“

Durch unkontrollierte Tierkontakte oder Personenverkehr auf den Betrieben kann das Risiko für den Ausbruch von Tierseuchen dramatisch ansteigen. Aktuell müssen immer mehr Betriebe wegen BHV1-Ausbrüchen ihre Herden keulen. Einer der Betroffenen ist Heinz van Beek.

Auf dem Betrieb der Familie van Beek im Kreis Wesel tritt im August 2017 der BHV1-Verdacht auf. Die halbjährliche Sammelmilchprobe kommt von der Molkerei als „bedenklich“ zurück. Nach einer Blutuntersuchung steht fest: Drei der 120 Milchkühe tragen den Virus in sich. Nach 14 Tagen sind es bereits sieben Kühe. Alle positiv getesteten Kühe werden sofort geschlachtet. Nach weiteren 14 Tagen sind insgesamt 40 Kühe in der laktierenden Herde positiv, weitere 40 Tiere stehen im Verdacht. „Das wünsche ich keinem Berufskollegen“, sagt Seniorchef Heinz van Beek. Die Betriebsleiter bitten alle Beteiligten an einen Tisch: Berater der Landwirtschaftskammer NRW und der RUW, die betreuenden Tierärzte und das Veterinäramt sowie einen Versicherungsvertreter. Gemeinsam beraten sie das weitere Vorgehen.

Schlachtung von 107 laktierenden Kühen

Das Veterinäramt ordnet die Schlachtung der laktierenden Kühe an. Die Trockensteher, die auf einer Weide stehen, sowie das Jungvieh, das in einem separaten Stall untergebracht sind, bleiben frei von dem Virus. Im Oktober 2017 melken die van Beeks ihre 107 Kühe das letzte Mal. Um drei Uhr nachts nimmt Heinz van Beek die letzten Halsbänder ab, um vier Uhr verladen sie die Kühe auf den Transporter. In den nächsten Tagen reinigt die Familie mit der Hilfe einer Reinigungsfirma den Stall. Vier Tage und vier Hochdruckreiniger sind notwendig, um den Stall der laktierenden Kühe Spalte für Spalte zu säubern.

Im November 2017 kaufen sie von dem Schlachtgeld und der Hilfe aus der Tierseuchenkasse 80 Kühe zu, 30 eigene Rinder werden in die neue Herde integriert. Im Moment schwächeln die Kälber etwas. Obwohl alle eine Schutzimpfung erhalten haben, ist Heinz van Beek besorgt.  „Man sieht nur noch Gespenster“, erinnert sich der Seniorchef. Im Kuhstall werden nun alle sechs Monate Milch- und Blutroben untersucht. Das Ergebnis: Alle Tiere sind BHV1-frei. Wie die Erreger in den Stall gelangt sind, konnte bislang nicht eindeutig nachgewiesen werden.

Woher kommt Hilfe?

Tritt der Ernstfall ein und eine Herde muss aufgrund eines Seuchenbefalls geschlachtet werden, können finanzielle Hilfen aus der Tierseuchenkasse den finanziellen Schaden abmildern, erklärte Anette vom Schloss von der Tierseuchenkasse in NRW. Die Höhe dieser Entschädigungsleistung ist vom Tierwert zum Zeitpunkt der Tötung abhängig. Sie beinhaltet allerdings nicht die tierischen Leistungen, also den finanziellen Schaden durch den Wegfall der Milch. Jedoch werden die Tötungs- und Beseitigungskosten übernommen. Vom Schloss wies darauf hin, dass das Entschädigungsgeld nicht versteuert werden muss, da kein Leistungsaustausch vorliegt.
 
Der Abschluss einer Ertragsschadensversicherung lohnt sich, denn einem Seuchenfall erhält der Milcherzeuger einen Teil des Schadens ersetzt, erklärte Margret Tischler von der Landwirtschaftskammer NRW. Die Höhe der Zahlung, sowie versicherte Risiken und Selbstbehalt variieren zwischen den Versicherungen VTV, München Magdeburger, LVM und MVG Tier. BHV1 wird in jedem Fall nur dann versichert, wenn der Bestand zum Zeitpunkt des Versicherungsbeginns BHV1-frei ist. 

Eigenes Hygienekonzept hinterfragen

Zum Schutz vor dem Eindringen der BHV1-Erreger empfiehlt Tierärztin Susanne Diekmann vom Veterinäramt Wesel, den Rinderhygiene-Leitfaden aus NRW oder den niedersächsischen Rinderhygiene-Leitfaden durchzusehen und umzusetzen. Durchdenken Sie jeden Punkt und überlegen Sie dann: Was mache ich auf meinem Betrieb wie? Wo sind die Schwachstellen? Wo sind Verschleppungsmöglichkeiten? Diese Fragen könne man nicht universal für alle Betriebe beantworten, sondern immer nur betriebsspezifisch.

Quelle: Informationstag „Absicherung gegen BHV1 und andere Tierseuchen – was macht Sinn?“ der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen auf Haus Riswick (20. März 2018)


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