Baden-Württemberg startet Impfkampagne gegen Blauzunge

Experten rechnen mit der Rückkehr des Blauzungen-Virus nach Deutschland. In den mutmaßlichen Eintragsregionen (Süddeutschland) wird nun zur freiwilligen Schutzimpfung der Wiederkäuerbestände geraten. Baden-Württemberg macht den Anfang. Eine bundesweite Pflicht-Impfung ist für 2017 angedacht.

Das Friedrich-Loeffler-Institut schätzt das Risiko eines Eintrags des Blauzungen-Virus (BTV) Serotyp-4 von Südosten und Serotyp-8 von Südwesten auf das Bundesgebiet als wahrscheinlich bis hoch ein. Eine Epidemie würde in Deutschland zu erheblichen Schäden sowie Leiden bei betroffenen Wiederkäuern führen. Da Repellentien (Ektoparasitenmittel) zudem die Übertragung des Virus durch Gnitzen nicht sicher verhindern können, sieht die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) eine Schutzimpfung für Schafe, Ziegen und Rinder zur Bekämpfung der Tierseuche als notwendig an. Um eine weitere Ausbreitung des Blauzungenvirus zu verhindern, bedarf es allerdings einer Impfabdeckung der empfänglichen Hauswiederkäuerpopulation" von 80 Prozent! Die Erfahrung der vergangenen BTV-Epidemie habe gezeigt, dass diese Abdeckung nur durch Pflichtimpfungen erreichbar ist. 
Die StIKo Vet merkt jedoch an, dass Impfstoffe für die Serotypen 4 und/oder 8, zwar in Deutschland für einzelne Wiederkäuerspezies zugelassen, aber derzeit nicht in der erforderlichen Menge auf dem Markt verfügbar sind. In größeren Mengen erhältlich seien diese Impfstoffe vermutlich erst ab Mitte 2016. Es wird außerdem davon ausgegangen, dass die Anzahl der Impfdosen zunächst nicht für eine flächendeckende, deutschlandweite Impfung ausreichen wird. Daher empfiehlt die Impfkommission den verpflichtenden Einsatz der Impfstoffe zunächst auf die Eintragsregionen der jeweiligen Serotypen zu beschränken.
Die StIKo Vet regt aktuell die regionalen Behörden (ggf. in Zusammenarbeit mit Experten des FLI) dazu an, wahrscheinliche Eintragsregionen zu identifizieren und dort entsprechend mit  Pflichtimpfungen zu beginnen. Begonnen werden könne damit, sobald die Impfung nach der EG-Blauzungenbekämpfung-Durchführungsverordnung zulässig ist und die notwendigen Impfstoffe zur Verfügung stehen.

Baden-Württemberg ergreift als erstes Initiative

Baden-Württemberg zeichnet sich aktuell als vermutlich zuerst von der Virus-Einschleppung betroffenes Bundesland ab. Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg daher nun seine Halter von Rindern und Kleinwiederkäuern zu einer freiwilligen Impfung ihrer Bestände aufgerufen. Tierhalter, die ihre Tiere gegen die Blauzungenkrankheit impfen lassen wollen, müssen ihrem Bestandstierarzt bis spätestens dem 11. März 2016 mitteilen, wie viele Tiere von welcher Tierart geimpft werden sollen. Diese Informationen benötigt die Tierseuchenkasse Baden-Württemberg für die Bestellung der erforderlichen Impfstoffe. Die Impfung vermittle einen sicheren Schutz, sie sei weitgehend nebenwirkungsfrei und daher uneingeschränkt empfehlenswert.
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz schafft derzeit also gemeinsam mit der Tierseuchenkasse (TSK) Baden-Württemberg die Voraussetzungen, damit im Bundesland voraussichtlich ab Anfang April 2016 gegen die Blauzungenkrankheit geimpft werden kann. Die TSK Baden-Württemberg wird bei einer freiwilligen Impfung von Rindern und Schafen die Impfstoffkosten vollständig erstatten. Die Tierhalter tragen allerdings die Kosten für die Durchführung der Impfung.

Deutschlandweite Pflicht-Impfung für 2017 angedacht

Da befürchtet wird, dass regionale Impfgürtel den Eintrag des Virus auf das Bundesgebiet nicht langfristig verhindern können, empfiehlt die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin nach Abwägung verschiedener Handlungsoptionen den zuständigen Behörden sowie den Tiergesundheitsdiensten und Tierseuchenkassen Vorbereitungen für deutschlandweite BTV-Pflichtimpfungen ab dem Jahr 2017 zu treffen. 

Frankreich meldet 173 Fälle

Frankreich zählte Ende Januar 2016 rund 173 Fälle von Blauzungenkrankheit, dreißig Fälle mehr mehr als noch einen Monat zuvor. Vor diesem Hintergrund hat das Ministerium für Landwirtschaft in Paris noch einmal den Schutzbereich erweitert. Die Zone, in der u.a. strenge Einschränkungen für Tiertransporte gelten, erstreckt sich nun über 53 der 99 Departements in Frankreich. Agrar-Minister Stéphane Le Foll hat jetzt ein Angebot für die Lieferung von weiteren drei Millionen Dosen Impfstoff für Ende März angefordert. Die Impfung von Rindern und Schafen bleibt freiwillig, so der Minister.
Quellen: Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet); Staatsministerium Baden-Württemberg; Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt), Boerderij