Verbraucher wollen keine "Wegwerfkuh"

Zur Eröffnung der diesjährigen Tagung (Bau, Technik und Umwelt 2017) des KTBL an der Universität Hohenheim hat die Journalistin und Autorin Tanja Busse Landwirte dazu aufgerufen, sich mehr auf die Argumente von außerhalb einzulassen. Die Landwirtschaft müsse sich so nah wie möglich an die Emotionen der Verbraucher stellen, um die derzeitige Akzeptanzkrise zu überwinden.

In der landwirtschaftlichen Branche herrsche zurzeit viel Verunsicherung, erklärte die Autorin des Buchs Die Wegwerfkuh" zu Beginn ihres Vortrags. Das Problem liege vor allem in der Kommunikation. Jeder nehme nur seine eigene Sicht wahr und bewege sich deswegen in einer „Filterblase“. Auf Tagungen und Sitzungen werde nicht miteinander, sondern übereinander geredet. Das führe zu einer inneren Wand zwischen Landwirten und zum Beispiel Tierschützern, sagte Busse. Die Akzeptanzkrise führe zu einer gesellschaftlichen Entwertung der Landwirtschaft.
„Wo war der Zeitpunkt in der Entwicklung, an dem das Unverständnis zwischen Landwirt und Konsument entstanden ist?“, fragte die Journalistin. Die Ansichten über eine funktionierende und nachhaltige Landwirtschaft gingen bei den Landwirten und den Konsumenten weit auseinander. Auf der einen Seite ständen der technische Fortschritt und die Steigerung der Effizienz, auf der anderen Seite die soziale und ökologische Produktionsweise der kleinbäuerlichen Landwirtschaft. Der Verbraucher habe die Wahl zwischen diesen beiden völlig verschiedenen Produktionsweisen, das führe zu Verunsicherungen, so Busse.

Ineffiziente Milchproduktion?

Nach Auffassung der Journalistin sei in der Milchproduktion der Punkt der Effizienz längst überschritten. Während die Milchleistung in den letzten Jahren gestiegen sei, sei die Lebensleistung aufgrund der geringen Nutzungsdauer immer noch zu niedrig. „Die Kuh scheidet zu früh aus und der Input wird nicht berechnet“, erklärte Busse die Problematik. Die Kosten für Antibiotika, Trockenstellen, Klauenpflege würden nicht berücksichtigt. Aufgabe der Forschung sei aus ihrer Sicht herauszufinden, an welchem Zeitpunkt die Ineffizienz der geringen Lebensleistung die Effizienz der hohen Jahresleistung überschritten habe. Damit ließen sich nach Busses Einschätzung in Zukunft die Auseinanderentwicklung von Effizienz und gesellschaftlicher Akzeptanz verhindern.

Landwirtschaft auf emotionaler Ebene

Mit der anhaltenden Alternativlosigkeit, die mit dem Argument „Der Verbraucher zahlt nicht“ verteidigt werde, sei zu kurz gegriffen, sagte Busse. Die Landwirtschaft müsse so nah wie möglich an den Emotionen der Konsumenten stehen. Als Beispiel nannte sie die Tourismusbranche. In den Werbekampagnen der Reiseveranstalter würden Sonnenuntergänge, Entspannung und Romantik proklamiert. Das spreche die Verbraucher auf emotionaler Ebene an. Dieses Prinzip könnte man auf die Landwirtschaft übertragen. So seien beispielsweise familiengeführte Traditionsbetriebe und ansprechende Fachwerkhöfe prädestiniert für Werbekampagnen, die die Emotionen ansprechen, sagte Busse. Auch Regionalität könnte als greifende Werbemaßnahme stärker genutzt werden: In Ostfriesland könnte beispielsweise die Nähe zur Erholungsregion Nordsee stärker beworben werden.

Innovation aus der Praxis

Wichtig sei vor allem, dass Impulse und Innovationen „von unten“, also von den Landwirten selber kommen, erklärte Busse. Als Beispiel nannte sie eine Gruppe Landwirte aus dem Hamburger Raum, die auf ihren Höfen Milch in muttergebundener Aufzucht produzieren. Diese Milch ließe sich mit dem Label “Elternzeit-Milch“ sehr gut bei den Verbrauchern vermarkten.
Bearbeitet: Oehler