7. Fachtagung Automatisierung in der Milcherzeugung

Automatisierung macht es nicht simpler

Sei es in der Fütterung, beim Melken oder im Stallbau, Automatisierung in Milchkuhställen spart zwar körperliche Arbeitskraft, die Arbeit im Kopf wird aber nicht weniger!

Am 29. Mai 2018 fand in Moßbach (Thüringen) die 7. Fachtagung Automatisierung in der Milcherzeugung statt. Automatisch Melken im Allgemeinen ist zwar schon lange nichts neues mehr, dennoch lernen Milcherzeuger, Berater und Hersteller mit jedem weiteren Milchkuhbetrieb, der sich neu automatisiert etwas dazu. So konnten die fünf Referenten sicherlich jedem Teilnehmer, der vom Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft organisierten und ausgebuchten Tagung, noch etwas Neues mitgeben oder etwas in Vergessenheit geratenes Auffrischen. Hier finden Sie Auszüge aus zwei von fünf Fachvorträgen.

Die Kraftfutterzuteilung am AMS ist ein sehr sensibler Bereich

So stieg Fütterungsberater Stephan Wuckelt (Schaumann GmbH) mit den wichtigsten Zielgrößen in Sachen Fütterung an einem automatischen Melksystem in seinen Vortrag ein. Ein ganz wesentliches Kontrollinstrument, dass im Zuge der Automatisierung in der Regel mit einzieht, ist die sensorgesteuerte Messung der Wiederkau-Aktivität.
Die Zielgröße gab Wuckelt mit 450 bis 550 Minuten pro Tag an. Dabei wies er deutlich darauf hin, dass hier diesbezüglich jede Herde ihr eigens Level hat – heißt, man sollte den Mittelwert der Herde kennen und bei Abweichungen (Herde und Einzeltier bezogen) sofort reagieren, also die Ursache finden und darauf reagieren.
Die subakute Pansenazidose hat in AMS-Betrieben eine besondere Bedeutung – denn schließlich muss, anders als bei Voll-TMR-Fütterung, ein Teil des Kraftfutters am Roboter gefüttert werden, um die Kuh zu locken und beim Melkvorgang bei Laune zu halten". Jede Melkung bedeute eine stichpunktartige Aufnahme von Kraftfutter und zieht damit danach den Pansen-pH herunter. Um den Pansen-pH möglichst stabil zu halten, rät Wuckelt daher gewisse Grundsätze einzuhalten:

  • Max. 50 % in der TS Gesamt-KF und davon so viel wie möglich über die Teil-TMR am Futtertisch.
  • Eine maximale Portionsgröße von 1,5 bis 2,0 kg Kraftfutter (Standard 18/4) pro Melkung. Dazu sollte man immer auch bedenken, dass nicht alle Kühe alles auffressen, also die nächste Kuh möglicherweise mehr als 2,0 kg aufnimmt.
  • Wer größere Portionen füttert, riskiert, dass seine Kühe in eine subklinische Pansenazidose hineingeraten.
  • Entgegen steuern kann man dem pH-Wertabfall auch über die Zusammensetzung des AMS-Kraftfutters. Hier sollte auf langsam verfügbare Energiekomponenten wie Körnermais, Melasseschnitzel und dazu passend Rapsschrot gesetzt werden. Hochwertige Kraftfutter kommen den Kühen sehr zu Gute.

Des Weiteren hat auch die Einstellung des Melkroboters zwecks Kraftfutterdosierung einen gehörigen Einfluss. Und hierbei heißt es neben der PC-Arbeit auch mal genau in den Trog zu gucken! Bezüglich Änderungen der Kraftfuttermengen rät Wuckelt die Menge max. um 1,5 kg pro Woche (0,2 bis 0,1 kg/Tag) zu verändern. Aufpassen muss man hier ganz besonders, wenn dabei auch noch schrittweise (!) die Kraftfuttersorte gewechselt wird. Was tatsächlich in den Trog dosiert wird, dem sollte öfters mal Aufmerksamkeit gewidmet werden. Denn der Fütterungsberater hat die Erfahrung gemacht, dass die Kühe oft gar nicht die gesamte Melkzeit über fressen können. Wuckelts Empfehlung: pro Minute sollten 350 bis 450 g Kraftfutter fallen, damit die Kuh nicht nach der Hälfte der Melkzeit leer" steht. Hier müssen jedoch immer die eigenen Kühe im Umgang mit dem eingesetzten Kraftfutter beobachtet werden!

Natürlich sind diese Empfehlungen keine Grundsätze für jeden Betrieb, erklärt Wuckelt – sie sind immer auch abhängig vom eingesetzten Kraftfutter, dem Grundfutter, des AMS-Systems und auch der Melkfrequenz. Heißt im Umkehrschluss: es gibt Leitwerte, eine betriebsindividuelle AMS-Fütterungsberatung muss aber sein.
Noch ein Tipp zur aktuellen Witterung: Nicht nur erwärmtes Grundfutter ist jetzt wieder ein Thema – auch das Kraftfutter in den Silos kann Probleme bereiten. So kann es unter dem Einfluss von Sonneneinstrahlung und Wärme zu Kondensierung von Feuchtigkeit kommen, Schimmelnester und Klumpen sind die Folge! Um dem Vorzubeugen sollte man kontrollieren, ob das Futter bei der Lieferung tatsächlich ganz abgekühlt ist und allgemein täglich ein Auge auf die Qualität des Futters haben.

 

 

1 Melkzeug für 50 bis 75 Milchkühe – das birgt ein erhöhtes Infektionsrisiko!

Dr. Katja Hruschka (Rindergesundheitsdienst Thüringen) legte in ihrem Vortrag den Fokus auf die Eutergesundheit an automatischen Melksystemen. Sie wies zu Beginn darauf hin, welch enorme Bedeutung die Eutergesundheit am AMS hat: Kranke Kühe stören den gesamten Roboterbetrieb. Extraspülungen nach euterkranken Kühen, verschlechterte Melkbarkeit und ggf. durchzuführende Euterbehandlungen kosten enorm viel Zeit und gehen damit zu Lasten der Leistung des AMS." Dazu kommt das hohe Ansteckungsrisiko von Kuh zu Kuh, wenn reinigungstechnisch mal etwas nicht 100 % läuft am Melkroboter. Das Ziel sollte es daher sein, so wenig euterkranke Kühe zu haben wie möglich. Und das Bedeutung Vorbeugen statt Behandeln! Dr. Hruschka empfahl den Teilnehmern daher folgende Dinge besonders:

 

  • Nicht nur zur Umstellungsphase, sondern auch in den Folgejahren sollten Befunde aus Milch- und Stoffwechseluntersuchungen sowie den Ergebnissen der Milchkontrolle genutzt werden. Milchkuhhalter sollten sich angewöhnen, pro Kuh mindestens eine Viertelgemelksprobe pro Jahr durchzuführen (z.B. vor dem Trockenstellen) und eine entsprechende Dokumentation, um einen kontinuierlichen Überblick über die Leitkeimentwicklung der Herde zu haben.
  • In puncto kuhassozierter Mastitiserreger bereiten AMS folgendes Problem: Hier melkt ein Melkzeug 50 bis 75 Kühe pro Tag und hier kann man etwa im Fall von Galt-Kühen keine Melkreihenfolge einhalten. Unbedingt zu empfehlen ist daher eine funktionierende (!) Melkzeugzwischendesinfektion (MZD), vor allem, wenn der Leitkeim ein kuhassozierter ist. Tipp: Mit Teststreifen die Wirkstoffkonzentration der Gebrauchslösung zur MZD nachmessen (Peressigsäure 800 bis 1.000 ppm, H2O2 1.500 ppm).
  • Umweltassozierte Erreger können im AMS zum Problem werden, wenn die Kühe sehr schmutzig sind und der AMS es nicht schafft, die Zitzen vor der Melkung ausreichend gut zu säubern. Die oftmals höhere Melkfrequenz am AMS steigert dann das Risiko von Infektionen im Vergleich dazu, wenn nur zweimal täglich gemolken würde. Dazu kommt, dass der AMS die Zitzenvorreinigung mit Wasser durchführt, wovon im konventionellen tunlichst abgeraten wird. Dringend notwendig ist daher eine sehr gute Tierhygiene – heißt im Umkehrschluss: tip-top gepflegt, saubere und trockene Liegeflächen (im AMS-Stall muss man die Boxenpflege gezielt planen!) und Laufgänge und geschorene bzw. abgeflammte Euterhaare.
  • Gedippt werden sollte Dr. Hruschkas Meinung immer am AMS.
  • Probleme in der Futterhygiene schlagen auf das Immunsystem – und machen die Kuh empfänglich für Euterinfektionen. Also auch die Fütterung spielt eine große Rolle – gerade im Sommer (siehe oben!).
  • Unabdingbar für die Melkhygiene ist natürlich ein sauberer und funktionierender Melkplatz. Jeden Tag ist daher an jedem AMS saubermachen und Kontrolle angesagt: Filterwechseln nach jeder Hauptspülung, Reinigung Arm und Box 1-2x täglich, Kontrolle der gezielten Sprühfunktion von MZD und Dippmittel, alle Verschleißteile (Gummi, Seile, Klemmen, Bürsten). Die Bürsten zur Eutervorreinigung sind mindestens nach 40.000 Melkungen zu wechseln.

 

Maßnahmen zur Biosicherheit bei Betriebsbesichtigungen sind heute Pflicht!

Im Anschluss an die Fachvorträge wurde der neue Kuhstall der Milchviehanlage Lemnitz besucht. Hier setzen die Betreiber neben AMS auch auf eine Automatisierung beim Einstreuen der Liegeboxen. Eindrücke und Informationen dazu finden Sie in der folgenden Bildergalerie.
Im Sinne der Biosicherheit mussten alle Teilnehmer mit eigener Rinderhaltung vorab des Betriebsbesuches eine aktuelle Tierseuchen-Freiheits-Bescheinigung vorlegen und Stiefelüberzieher tragen – ein vorbildlicher Standard, der in Zeiten der BHV1-Freiheit und den damit verbundenen Regelungen im Seuchenfall ein Muss für jeden Veranstalter und Betriebsleiter sein sollte!
Quelle: 7. Fachtagung Automatisierung in der Milcherzeugung, 29.05.2018
Text: K. Berkemeier