AMS

Automatisch Melken: Arbeitsorganisation verändert sich

Automatische Melkroboter oder Karusselle übernehmen das Melken. Arbeitsabläufe müssen neu überdacht werden - besonders im automatischen Melkkarussell.

Die Umstellung auf automatisches Melken - egal ob in der Box oder im Melkkarussell - verändert radikal den Tagesablauf für Mensch und Kuh. Dabei ändern sich nicht nur die Arbeitszeiten, sondern auch die Anforderungen an den Arbeitsplatz Melken. Datenauswertung und -interpretation sthen nun im Vordergrund. Hierfür bedarf es einer umfassenden Qualifikation der Personen, die mit diesen Daten arbeiten. Besonders der Arbeitsplatz Melken (Milking Operator) im automatischen Melkkarussell muss neu definiert werden. Darauf wies Prof. Steffi Geidel (HTW Dresden) auf der Tagung "Automatisierung in der Milcherzeugung" der Landvolkbildung Thüringen hin.

Arbeitsplatz Melken verändert sich

Unumstritten ist, dass automatisches Melken viele Vorteile bringt (Übersicht 1). Dabei steht u.a. die flexiblere und reduzierte Arbeitszeit im Vordergrund. So haben Studien ergeben, dass die reine Arbeitszeit für das Melken im Schnitt von 17,6 Akh/Kuh/Jahr im Fischgräten-Melkstand auf 7,2 Akh/Kuh/Jahr im AMS gesenkt werden kann.

AMS (Box)

Automatisches Karussell

Arbeitsorganisation ohne feste Melkzeiten

Zentrale Separation

Einsparung an Arbeitsaufwand möglich

Kühe mit eutermorphologischen Problemen müssen nicht sofort selektiert werden.

Verfahrenskosten bis ca. 300 Kühe zeigen Konkurrenzfähigkeit zu Gruppenmelkständen

Verfahrenskosten lassen für Herden ab 500 Kühen bei arbeitsorganisatorischer Optimierung Konkurrenzfähigkeit zu nichtautomatischen Melkkarussellen erwarten.

Gutes Image unter dem Aspekt Tiergerechtheit

Feste Zwischenmelkzeiten

Ruhe im Stall, immer der "gleiche" Melker = Robbi

Fütterungs- und Sondergruppenbildung möglich

Behandlungen von Eutererkrankungen zeitnah möglich

Automatisches Melken bringt aber laut Prof. Geidel nicht nur eine Zeitersparnis. Es verlangt vor allem eine Neustrukturierung der Arbeit. Deshalb sei es wichtig, sich (vor der Neuinvestition) Gedanken über den Arbeitsplatz Melken zu machen. Nach ihrer Ansicht besteht die Melkarbeit am AMS aus vier Kernpunkten:

  • Tierbewegung (Treiben, Sortieren, Umstellen)
  • Säubern der Liegeboxen, der Tränken und Übergänge
  • Separation und Behandlung von Kühen
  • Tiergesundheitsmanagement - Eutergesundheitsüberwachung


Besonders die Tierbewegung/Kuhverkehr nimmt einen Großteil der Arbeit in Anspruch. Deshalb sollte man das Für und Wider der verschiedenen Kuhverkehrssysteme abwägen.  Laut einer von der Hochschule Dresden durchgeführten Untersuchung, scheint der gelenkte Kuhverkehr in Punkto Treibeaufwand Vorteile zu versprechen. Beim Feed-First-System haben die Kühe jederzeit Zugang zum Grundfutter. Auf dem Rückweg vom Futtertisch werden Tiere mit Melkanrecht direkt in den Vorwartebereich des AMS, Tiere ohne Melkanrecht direkt in den Liegebereich geleitet. Bei diesem System müssen weniger Kühe nachgetrieben werden als im freien Kuhverkehr. Der geringste Arbeitsaufwand wurde beim gelenkten Kuhverkehr und dem Einsatz zusätzlicher Tore (Bypass Smart Gate) ermittelt (Übersicht 2). Diese Zeiteinsparung hat man sich jedoch vorher „erkauft“.

Feed First

Feed First + Bypass

Freier KV

Tiere zu Treiben je Schicht

8,2

6,3

18,0

Akmin je Tier

2,13

2,10

5,60

Akmin Gruppe

17,45

13,20

100,80

Akmin/Tier und Tag

0,15

0,11

0,85

Akh/Tier und Jahr

0,89

0,67

5,17

Um das Treiben beim AMS (Boxen) weiter zu automatisieren, haben israelische Forscher (Uri Drach et al. 2017, Institute of Agricultural Engineering, Israel) ein automatisches Treibesystem aus Toren entwickelt. Erste Forschungsergebnisse zeigen, dass hiermit die Melkfrequenz von 1,89 auf 2,75 Melkungen erhöht werden konnte. Gleichzeitig ließ sich die Arbeitszeit für Tierbewegungen von fünf auf eine Stunde pro Tag und Box senken.
Versuchsanordnung

(Bildquelle: Elite Magazin)

Stellenbeschreibung Milking operator"

Inzwischen laufen auch einige vollautomatische Melkkarusselle (DairyProQ, GEA) in Deutschland. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Dresden hat hier die Einführung begleitet. Hierbei wurde vor allem untersucht, wie das Melkverfahren (arbeitswirtschaftlich) betreut werden muss. Denn von Hand" müssen die Melker hier nur noch Problemkühe melken. Das ist arbeitswirtschaftlich fraglich (abhängig von der totalen täglichen Melkzeit), denn außer Störungsfällen bleibt dann nur wenig zu tun. Bisher haben sich für die Bewirtschaftung u.a. diese Strategien herauskristallisiert:

  • Automatische und konventionelle Bewirtschaftung: Ständiger Aufenthalt einer Person bei sehr großen Karusselleinheiten (höhere Wahrscheinlichkeit von Störungsfällen pro Runde, längere Laufwege) und wenn nur zweimal täglich gemolken wird.
  • Automatische Bewirtschaftung: Einrichtung einer größeren Separationsbox (höhere Investitionskosten), in die Problemkühe nach Verlassen des Karussells geleitet werden. Vor dem Gruppenwechsel werden die aussortierten und unvollständig gemolkenen Kühe von Hand angesetzt. Bei diesem Verfahren kann der Milking Operator das Karussell zwischenzeitlich verlassen. Diese Bewirtschaftung ist für kleinere Herden und gleichzeitig sehr hoch ausgelastete (3x Melken) automatische Karusselle geeignet.


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