Coronavirus

Auswirkungen von Corona auf die Tiervermarktung

Das Coronavirus wirkt sich auch auf die Vermarktung von Zuchtrindern, Kälbern und Schlachtkühen aus. Die Preise sinken, die Auslandsnachfrage ist stark eingeschränkt und Auktionen können nicht stattfinden. Ein Blick auf die aktuelle Lage.

Die Corona-Pandemie erreicht auch den Handel von Nutztieren. Viele Zuchttierauktionen sind bereits abgesagt. Zudem verschärfen die rückläufige Nachfrage, besonders in wichtigen Importländern wie Italien, sowie die Sorge um mögliche Transporthemmnisse die Situation. Grundsätzlich scheitert es derzeit nicht am Tierverkehr selbst, sondern am Personenverkehr. Den Transport von Nutztieren zählt die EU zu den "essential goods, d.h. zum notwendigen Warenverkehr, der weiterhin gesichert werden soll. Probleme bereitet aber der eingeschränkte Personenverkehr, zum Beispiel fehlende Mitarbeiter oder die Personenzahl auf Auktionen. Aufgrund der verschärften Einreiseverbote in vielen Ländern wird der Export von Zuchttieren deshalb stark eingeschränkt. Die Folgen sowie die weitere Entwicklung sind noch schwer abschätzbar, da sich Verordnungen je nach Land fast stündlich ändern.
Eine Kurzübersicht zu aktuellen Einschätzungen der Situation, die wir laufend ergänzen.

Zuchtrinder: Auktionen vorerst abgesagt

Deutsche Zuchtverbände haben zahlreiche Veranstaltungen im März und April vorerst abgesagt, so auch die Zuchtrinder- und Absetzerauktionen. Sie begründen die Absage mit nicht zu erfüllenden Auflagen zur Eindämmung von Corona. Inwieweit es Ende April weitergehen kann, soll in Anlehnung an die weitere Beschlusslage der Bundesregierung in den kommenden Wochen aktuell eingeschätzt und neu bewertet werden. Das kündigten die RinderAllianz, die Osnabrücker Herdbuchgesellschaft (OHG), die Rinder-Union West (RUW), die Rinderzucht Schleswig-Holstein (RSH), der Verein Ostfriesischer Stammviehzüchter (VOST) sowie die Masterrind GmbH an.
Auch die Rinder-Union Baden-Württemberg (RBW) hat die Großviehauktionen abgesagt. Die Kälberauktionen Ende März und Anfang April sollen aber stattfinden. Auchl die Kälbervermarktung über die KälberKonterSüd GmbH soll ebenfalls aufrechterhalten und wöchentlich durchgeführt werden. Allerdings werde mit reduzierter Personalbesetzung sowie besonders definierten Regeln, v.a. beim Zugang zu den Einrichtungen, gearbeitet.
Möglichkeiten der Ab-Hof-Vermarktung nutzen
Die Zuchtverbände bemühen sich, die Ab Hof-Vermarktung so lange wie möglich sicherzustellen. "Wir versuchen, alles über den Ab-Stall-Verkauf abzufedern, erklärt Dr. Alfred Weidele (RBW). Für Fragen und Anmeldungen stehe der Außendienst zu Verfügung. Die OHG weist zudem daraufhin, Verkaufstiere wegen begrenzter Gültigkeit von Tiergesundheits-Attesten frühzeitig zu melden. Zunehmend beeinflusst wird der Markt auch durch die rückläufige Nachfrage wichtiger Importländer. Besonders der sonst so intensive Export von Rindern nach Italien und Spanien liege derzeit quasi auf Eis, sagt Klemens Oechtering (RUW).
UPDATE: Die Vermarktung läuft - so gut es geht - weiter! (30.3.)
Seitens der RUW und des VOST wird noch einmal auf die Möglichkeiten der Ab-Hof-Vermarktung hingewiesen, sowohl für Verkäufer als auch Käufer. Auch ohne Auktionen sollen erforderliche Tierbewegungen bestmöglich realisiert werden. Verkäufer können und sollten die bekannten Wege der Anmeldung nutzen, damit die Rinder rechtzeitig nach Region und Kategorie gebündelt und vermarktet werden können. Nach Angaben des VOST ist die Mai-Auktion bisher noch nicht abgesagt, entsprechende Rinder sollten deshalb vorsorglich angemeldet werden. Auch für Käufer gilt, sich an die entsprechende Mitarbeiter der Vermarktungsabteilung zu wenden und konkrete Kaufinteressen zu äußern. Das gilt sowohl für Färsen, als auch für Fresser oder Deckbullen.
UPDATE: Auch für Mai sind die ersten Auktionen bereits abgesagt (27.4.)
Da die Vorschriften zu Hygienemaßnahmen und Personenanzahl vorerst weiter gelten, sind die Zuchtverbände gezwungen, Zucht- und Nutzviehauktionen auch für den Monat Mai abzusagen. Die Zuchtverbände Masterrind, Qnetics, RUW, RSH und VOST haben bereits bekannt gegeben, dass zumindest die Auktionen Anfang Mai nicht stattfinden. Spätere Termine bleiben unter Vorbehalt bestehen. Die OHG berichtet derweil von einem zufriedenstellendem Ergebnis der Ab-Stall-Vermarktung. Alle Zuchttiere, die eigentlich für Auktionen gemeldet sind, werden derzeit als Online-Angebot beworben. Durch dieses Angebot und die entsprechende Vermittlung der zuständigen Vermarkter sei ein Großteil der im März und April angebotenen Tiere verkauft worden, sowohl ins Inland als auch an internationale Kunden aus den Niederlanden, Belgien, Polen oder Spanien. Die Preise seien insgesamt annehmbar, etwas schwieriger gestalte sich aber die Preisfindung bei Spitzentieren, deren Qualität über eine Auktion sicher mehr honoriert würde. Erfreulich sei, dass auch fast alle Deckbullen zur anstehenden Weidesaison einen Käufer gefunden haben.
UPDATE: Erste Auktionen starten wieder (6.5.)
Erste Lockerungen der Corona-Maßnahmen ermöglichen wieder eine bedingte Durchführung von Zuchtviehauktionen. Die RUW kündigt an, dass die Auktionen am 14. Mai in Fließem und am 20. Mai in Krefeld stattfinden werden. In Abstimmung mit der jeweiligen Stadt und dem zuständigen Veterinäramt gelten ausdrückliche Hygienevorschriften. Demnach müssen ein Mindestabstand von 1,5 m zueinander sowie das Tragen von Mund- und Nasensschutz auf dem kompletten Auktionsgelände eingehalten werden. Auch die Rinderunion Baden-Württemberg (RBW) verkündet, dass neben den Kälberauktionen nun auch die Zuchtviehauktionen (6. Mai in Donaueschingen und 13. Mai in Bad Waldsee) wieder möglich sind. Im Masterrind-Gebiet finden Absetzer-Auktionen derzeit im geschlossenen Kreis statt. Weitere für Mai und Juni geplante Auktionen werden seitens der Zuchtverbände bislang unter Vorbehalt angekündigt. In der Hoffnung auf eine weiterhin positive Entwicklung sollten sich Milcherzeuger die Termine inklusive Anmeldeschluss aber vormerken.
UPDATE: Auch Masterrind-Zuchtviehauktionen finden wieder statt (13.5.)
Auch die Zuchtorganisation Masterrind kündigt jetzt an, dass die Auktionen am 26. und 27. Mai in Lingen und Verden stattfinden können.

Schlachtkühe: Bisher normale Abnahme, aber deutliche Preiseinbußen

Die Auswirkungen der Pandemie auf die Schlachtkuh-Vermarktung zeigt sich laut Westfleisch besonders in einem deutlichen Preisverfall. Bisher laufen Transport und Schlachtung weitestgehend normal, sodass Schlachtkühe grundsätzlich weiter abgenommen werden. Solange in der Viehvermarktung und in den Schlachthöfen die Personen vor Ort sind und arbeiten können, funktioniere die Abwicklung. Es könne lediglich zu leichten Verzögerungen kommen.
Tönnies, Deutschlands größtes Schlachtunternehmen, sieht derzeit noch keine Gefahr für die Fleisch-Lieferketten. Nach eigener Aussage habe sich Tönnies bereits vor einigen Wochen auf die Coronakrise vorbereitet und eine Krisenstelle Pandemie eingerichtet. „Wir haben an den Produktionsstandorten Vorbereitungen getroffen, die die Lebensmittelversorgung gewährleisten“, berichtet ein Unternehmenssprecher. Die Lieferketten Rind und Schwein seien daher nicht gefährdet. Während die Inlandsnachfrage nach Fleisch aktuell sogar steige, sei die internationale Nachfrage jedoch gelähmt. Landwirte müssten aber nicht befürchten, auf Schlachttieren sitzen zu bleiben.
UPDATE: Notierungen für Schlachtrinder gehen deutlich zurück. (24.3.)
Im Handel mit Schlachtrindern wurde bis zum Ausbruch der Coronavirus-Pandemie mit steigenden Kuhpreisen und bestehenden Jungbullenpreisen gerechnet. Nun herrschen aber Verunsicherung und Preisdruck. Großer Preisdruck ist die Folge der stockenden Warenströme von Rindfleisch aus Deutschland heraus nach Italien, Frankreich und Spanien seit Mitte März. Zudem ist insbesondere der Außer-Haus Verzehr stark eingeschränkt, wovon in erster Linie Rindfleisch betroffen ist. Selbst für die zumeist in überschaubaren Mengen angebotenen Schlachtkühe finden sich derzeit kaum Abnehmer. Entsprechend kam es in dieser Woche bei der Notierung durchweg zu erheblichen Abschlägen. Auch die Frage nach der Verfügbarkeit von Arbeitskräften aus anderen EU-Mitgliedstaaten sorgt in der gesamten Schlacht- und Verarbeitungsindustrie für erhebliche Verunsicherung.
UPDATE: Preise erholen sich etwas. (30.3.)
Die Erzeugerpreise für Jungbullen und Kühe sind durch die Coronakrise deutlich abgestürzt. In dieser Woche erholen sich die Preise etwas. Zwar liegen die Jungbullenpreise unter denen vom Anfang letzter Woche, im Vergleich zu den Preisen Ende letzter Woche sind sie allerdings deutlich um 10 bis 15 Cent pro kg Schlachtgewicht gestiegen, berichtet die Landwirtschaftskammer NRW.
UPDATE: Preise haben sich gefangen, Aussicht ist aber schwierig. (6.4.)
Aufgrund von Corona ist die übliche Martkbelebung zu Ostern aber ausgeblieben. Dennoch hat sich der Schlachtrindermarkt stabilisiert. Nach dem Preiseinbruch in den Vorwochen haben sich die Preise für Schlachtkühe in Deutschland immerhin gefangen. Für Jungbullen konnten sogar höhere Preise erzielt werden. Mäster blicken dennoch mit Sorge in die Zukunft, zumal das Angebot an schlachtreifen Tieren zuletzt etwas zugenommen hat, sodass die Handelsaussichten für die kommenden Wochen und Monaten schwierig bleiben dürfte.
UPDATE: Krise am Rindfleischmarkt (14.4.)
Aufgrund der aktuellen Situation ist der Absatz von Edelteilen vom Rind an die Gastronomie nahezu vollständig weggebrochen. Nach Angaben des Landvolkes Niedersachsen seien zudem die Verkäufe von Kuhfleisch an Schnellrestaurants für die Hamburgerfertigung eingebrochen. Durch massive logistische Probleme sei auch der Export von Kuhhälften nach Italien und Spanien komplett zusammengebrochen. „Das hat zu einem massiven Preisrutsch beim Verkauf von Jungbullen und Kühen geführt“, heißt es seitens der VEZG. Sowohl Bullenmäster, die einen Teil der Tiere mit Blick auf das Ostergeschäft gemästet haben, als auch Milchkuhhalter, die den Verkauf von Schlachtkühen einkalkuliert haben, müssen deutliche Preiseinbußen hinnehmen. Nach zwei Dürrejahren und entsprechend teurem Futterzukauf sei das für Tierhalter derzeit ein großes Problem. Auch in der EU hat sich der Preisverfall am Schlachtrindermarkt zum Monatswechsel unvermindert fortgesetzt. Die Preise für Jungbullen und Schlachtkühe seien Anfang April 2020 zu diesem Jahreszeitpunkt auf das tiefste Niveau seit 2011 abgesackt. Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) haben deshalb in der vergangenen Woche Sonderhilfen für die Rinderhalter gefordert.
UPDATE: Schlachtrinderpreise stabilisieren sich (27.4.)
Die Talfahrt der Schlachtrinderpreise in der EU hat vorerst gestoppt. So blieben die Preise für Kühe stabil, während sich Jungbullen geringfügig erholen konnten. Nur bei Färsen kam es zu Abschlägen. Nach Kommissionsangaben wurden für Kühe der Handelsklasse O3 im Durchschnitt der EU 258,87 Euro je 100 kg Schlachtgewicht und damit sechs Cent mehr als in der Vorwoche erlöst.
Lesen Sie hier weiter: Rindfleischmarkt 2020 - aktueller Stand und Ausblick

Mastkälber: Vermarktung in Gefahr?

Die sogenannten Montagskälber (Bullenkälber im Alter von 14 Tagen) werden zurzeit wie gehabt gehandelt. Viele Kälber werden über die Grenze hinaus transportiert. "Werden die Grenzen zu Spanien oder den Niederlanden vollständig geschlossen, könnte der Kälbermarkt kollabieren, fürchtet Weidele. Der süddeutsche Zuchtverband vermarktet sehr viele Kälber. Ein eingeschränkter Handel könnte wahnsinnige Auswirkungen haben, nicht nur auf die Preise.
UPDATE: 14-Tage-Kälber extrem unter Druck (30.3.)
Nach Angaben der Landwirtschaftskammer NRW bereitet der Kalbfleischmarkt zunehmend Sorgen. Kälbermäster wissen derzeit nicht, ob sie die fertigen Kälber termingerecht vermarkten können. Dadurch geraten die Notierungen der 14-Tage-Kälber extrem unter Druck. Hinzukommt, dass Italien derzeit keine Kälber importiere und italienische Kälber sogar zusätzlich auf den niederländischen Markt kämen.

Grenzstaus beeinträchtigen Tiertransporte

Aufgrund verschärfter Grenzkontrollen kommt es derzeit vermehrt zu Rückstaus. In einem Megastau auf der A4 an der deutsch-polnischen Grenze, aber auch an der Grenze von Polen zu Litauen oder in Kroatien hätten Tiertransporte stunden- bis tagelang festgehangen, berichtete der Deutsche Tierschutzbund vergangenen Donnerstag (19.3.). Für die Tiere bedeute das enormen Stress und fehlende Versorgung. Zudem könnten Kühe nicht gemolken werden und stünden in ihren Exkrementen. „Schon unter normalen Umständen sind Lebendtiertransporte quer durch Europa und die Welt eine Tortur für die Tiere. Kommt es zu Störungen im Ablauf, wie es jetzt in Zeiten von Corona der Fall ist, werden es Höllenfahrten“, erklärte Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder. Der Tierschutzbund fordert deshalb ein Ende der Langstreckentransporte lebender Tiere. Nach eigenen Angaben habe man sich gemeinsam mit anderen europäischen Tierschutzorganisationen in einem Brief an die EU-Kommission gewandt und diese aufgefordert, Tiertransporte aufgrund der aktuellen Situation auszusetzen. Außerdem bestehe auch die Gefahr einer Corona-Ausbreitung durch die Fahrer.
Quellen: RUW, RBW, RSH, OHG, VOST, Qnetics, RinderAllianz, Masterrind, Westfleisch, Tönnies, VEZG, Landwirtschaftskammer NRW, AgE, top agrar
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