Milchmarkt Anfang Mai 2020

Ausblick: Niedrige Milchpreise im Sommer 2020

Anfang Mai deutet viel darauf hin, dass die preissenkenden Faktoren, insbesondere der Coronaeffekt, am Milchmarkt mindestens im zweiten und dritten Quartal 2020 überwiegen. Milcherzeuger müssen mit sinkenden Milchpreisen rechnen.

Im ersten Quartal 2020 hielten sich die Milcherzeugerpreise mit rund 33 bis 34 Cent stabil. Die Effekte der Coronakrise sind im März noch nicht auf die Milchauszahlungspreise durchgeschlagen. Der April wird nun als Wendepunkt in der Entwicklung der Milcherzeugerpreise beschrieben:
  • Durch die Coronakrise bedingt eingebrochenen Preise für flüssigen Rohstoff und verarbeitete Milchprodukte zeichnen sich Abschläge bei den April-Milcherzeugerpreisen ab. Aber nicht bei allen: Das Deutsche Milchkontor DMK etwa hält den Auszahlungspreis auf dem Niveau von März.
  • Anfang Mai deuten viele Anzeichen darauf hin, dass sich die Milcherzeugerpreise in den kommenden Monaten weiter verringern. Ein paar Molkereien haben für im Mai gelieferte Milch bereits weitere Rücknahmen angekündigt.

Wie es danach weiter geht, kann konkret immer noch kein Marktanalyst sagen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit müssen Milcherzeuger allerdings auch für die Sommermonate mit weiter sinkendem Milchgeld rechnen.

ife Rohstoffwert Milch: Im Juli um die 27 Cent Milchgeld?

Als verlässlicher Frühindikator für die mittelfristige Preisentwicklung für Rohmilch gilt (bzw. galt es zumindest bis zur Coronakrise) der ife Rohstoffwert Milch; berechnet aus den Börsenpreisen für gehandeltes Magermilchpulver und Butter. Börsenpreise für Milcherzeugnisse zeigen zwar nur einen Teil des Milchmarktes und beeinflussen die Milcherzeugerpreise nicht kurzfristig. Aber längerfristig können sie einen Ausblick auf die künftige finanzielle Verwertung der Milch geben. So galt zumindest in der Vergangenheit, also vor Corona:
  • Die Entwicklung des ife Rohstoffwertes Milch in einem Monat kann zu 90% die, in zwei bis drei Monaten stattfindenden Änderungen der Milchauszahlungspreise erklären bzw. anzeigen.

Der ife Rohstoffwert Milch für April 2020 liegt bei 27,0 Cent je kg Milch. In zwei bis drei Monaten bedeutet: Juni bis Juli. Entsprechend kann man grob ableiten:
  • Das mittlere Auszahlungsniveau für Standardmilch geliefert im Juni oder Juli 2020 könnte sich im Mittel um die 27 Cent pro kg bewegen.

ABER: Der Coronaeffekt bringt auch eine neue, sehr hohe Unsicherheit für Prognosen mit sich

Die absolute Höhe zu erwartender Milchauszahlungspreise kann der Kieler Rohstoffwert Milch allerdings nie treffend prognostizieren. Weil
  • in ihn nur die Preise für Magermilchpulver und Butter aber nicht für Käse, Molke, Joghurt etc. einfließen.
  • keine langfristig vereinbarten Preise, wie in den Kontrakten der Molkereien üblich, berücksichtigt werden.
  • zur Ermittlung des Wertes nur die Preise für Standardprodukte und nicht die möglichen Preisaufschläge für Extraqualitäten oder Herstellermarken berücksichtigt werden.

Die Molkereien sind sehr unterschiedlich durch die Coronakrise betroffen, je nach Ausrichtung ihrer Produktion. Entsprechend dürfte zu erwarten sein, dass sich auch die Auszahlungspreise der Molkereien sehr unterschiedlich entwickeln. Dementsprechend könnte bzw. müsste die Verlässlichkeit des Frühindikators ife Rohstoffwert Milch je nach Molkereiausrichtung mal mehr und mal weniger genau zu treffen.
Zudem zeichnet sich die Coronakrise durch einen bisher nicht gekannten extrem starken und schnellem Effekt auf die Märkte aus. Dessen weiterer Verlauf nicht eingeschätzt werden kann. Bestenfalls wurde der Höhepunkt in den Preisabschlägen im März/April erreicht und die Märkte setzen ihren stabilisierten Trend fort.

Ausblick im Weltmarkt: Preissenkende Faktoren überwiegen

Nach der gestrigen (07.05.2020) Einschätzung des Marktexperten Milchwirtschaft von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI), Andreas Gorn, überwiegen gegenwärtig im Ausblick auf die Entwicklungen am Weltmilchmarkt - und damit auch auf den stark Export-orientierten deutschen Milchmarkt! - die preissenkend wirkenden Faktoren in den kommenden Monaten:
Preistreibend wirken gegenwärtig:
  • ein gedämpftes Exportangebot in Ozeanien (Neuseeland und Australien verzeichnen ein geringeres Milchaufkommen)
  • der wachsende globale Bedarf

Preissenkend wirken gegenwärtig:
  • ein zunehmendes Milchangebot auf der Nordhalbkugel (insb. EU und USA)
  • die durch die Coronapandemie abschwächende Weltkonjunktur
  • die durch den Preissturz bei Rohöl gedämpfte Kaufkraft
  • gesellschaftliche Einschränkungen aufgrund der Infektionsschutzmaßnahmen zum Coronavirus
  • Protektionismus und Handelshemmnisse (die vor der Coronakrise als die wesentlichen negativen Einflussfaktoren auf dem Milchmarkt im Jahr 2020 galten)

Rabobank: Sinkende Milchpreise im zweiten und dritten Quartal 2020

Im aktuellen Update (12.05.2020) der Rabobank zur Entwicklung am Milchmarkt unter dem Einfluss der Corona-Pandemie, nennen die Milchmarkt-Analysten folgende Erwartungen:
  • Milchpreise: Corona hat die Milchpreise in der EU in den ersten Monaten des Jahres 2020 kaum beeinflusst. Der Druck auf die Milchpreise wird nun über das zweite und dritte Quartal zunehmen. Der durchschnittliche Milchgrundpreis in den wichtigsten EU-Erzeugerländern werde auf rund 30 Cent sinken. Aufgrund der staatlichen Unterstützung müsste er im Einzelnen mindestens über 25 Cent liegen. Die Gründe für den Rückgang der Milchpreise liegen in steigenden Lagerbeständen aufgrund des saisonalen Spitzenwertes in der Milchproduktion, einer sich normalisierenden Nachfrage im Einzelhandel sowie einer geringeren Nachfrage aus dem Foodservice und den Exportmärkten.
  • Milchproduktion: Die EU-Milchproduktion war in den ersten Monaten 2020 um über +1% höher als in 2019. Für den Rest des Jahres 2020 wird erwartet, dass es aufgrund von Dürre und sinkenden Milchpreisen zu einer Abflachung des Wachstums kommen wird.
  • Importnachfrage: Im Februar 2020 sanken die weltweiten Importe von Magermilchpulver um -10%. Ursächlich waren insbesondere die geringeren Nachfragen aus Südasien, dem Nahen Osten und Afrika. Die Rabobank geht davon aus, dass die Auswirkungen der Krise im zweiten Quartal 2020 noch stärker ausgeprägt sein werden. Die gesamte Importnachfrage nach Milchprodukten könne um -20% bis -30% sinken.
  • Handelsvolumen: Das weltweite Handelsvolumen von Mager- und Vollmilchpulver könne in diesem Jahr um -20% auf unter 900.000 Tonnen sinken. Das Volumen des internationalen Käsehandels um ca. -13% auf 220.000 Tonnen (ohne EU-Binnenhandel).

Details zur Entwicklung an den Milchmärkten

Kurz: Das Milchaufkommen nährt sich dem Peak, aber auch dem Vorjahresniveau. Die Spotmilchpreise sind leicht gestiegen, was auf stabilisierte bzw. leicht verbesserte Verwertungsmöglichkeiten hindeutet. Die Preise für Magermilchpulver haben sich ebenfalls stabilisiert und leicht gefestigt. Die Preise für Butter hingegen haben nachgegeben. Erste Effekte der Privaten Lagerhaltung zeichnen sich vermutlich ab. Bestenfalls hält diese Stabilisierung an und festigt sich in den kommenden Wochen weiter.

Das Milchaufkommen drückt nach wie vor

Das Milchaufkommen beeinflusst die Marktentwicklung entscheidend. Dass es über dem Vorjahresniveau liegt, kommt zusätzlich zur Coronakrise ungeeignet. In Deutschland lag die Anlieferungsmenge zuletzt Ende April (KW17) um +0,3% über der Woche entsprechenden Vorjahresmenge. EU-weit lag das Milchaufkommen im März um +1,6% über dem Vorjahr. Jetzt, Anfang Mai dürfte das Peak in der Milchanlieferung bald erreicht sein.
Spannend ist gegenwärtig, ob tatsächlich ein aktuell verbreitet gefordertes EU-Mengenreduzierungsprogramm mit Nichtlieferprämie, wie in der Krise 2016, aufgestellt wird. Und damit mittelfristig das Milchaufkommen gesenkt werden könnte.
Die Beihilfe zur Privaten Lagerhaltung wird als nicht ausreichend wirksam von einigen Marktexperten betrachtet. Entsprechend gespannt werden Berichte zur Privaten Lagerhaltung in der kommenden Woche erwartet.

Die Spotmilchpreise festigen sich leicht

Die Preise für zwischen den Molkereien gehandelte Milch (Spot-/Versandmilch), die sich nach dem Preisabsturz mit Beginn der Coronakrise im März 2020 über den Verlauf des Aprils auf einem niedrigen Niveau um 20 Cent stabilisieren konnten, signalisieren, dass die Molkereien bzw. der Markt das Milchaufkommen nicht gut verwerten konnten. Dieser Zustand hält auch in der zweiten Maiwoche an - erfreulicherweise ist aber eine leicht festere Tendenz zu beobachten:
  • Die Deutsche Molkerei Industrie teilt für in dieser Woche (KW19) zur Lieferung in der kommenden Woche (KW20) gehandelte freie Rohmilch (3,7% Fett) Preise mit, die sich im Mittel zwischen 21,80 € (Nord) und 23,45 € (Süd) pro 100 kg Milch orientierten.
  • Für die Niederlande teilen die Marktexperten der Trigona Dairy Trade in ihrem aktuellen Marktbericht (07.05.2020) einen Preis von 26,0 € pro 100 kg Spotmilch mit 4,4% Fett mit. Damit ist auch dort ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Auch die Preise für flüssige getrennte Milchrohstoffe haben sich gefestigt.

Magermilchpulverpreise stabilisiert

Auch die Preise für Magermilchpulver haben ihren Abwärtstrend gestoppt, das erreichte Niveau hält sich Anfang Mai 2020. Sowohl am EU-Markt, als auch international. Laut der aktuellen Berichterstattung der ZMB Zentrale Milchmarkt Berichterstattung GmbH seien im April und Anfang Mai "noch überraschend umfangreiche Anfragen" bei den Werken eingegangen. Abschlüsse seinen sowohl am Binnenmarkt wie auch für Exporte auf den Weltmarkt zu Stande gekommen. Zuletzt haben sich die Aktivitäten allerdings etwas beruhigt. Für langfristige Termine bestehe aber ein hohes Kaufinteresse - Verhandlungen laufen, allerdings gingen die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern auseinander. Die Werke verfügen mittelfristig über eine gute Auftragslage. Bestehende Kontrakte werden überwiegend normal abgewickelt. In ihrer Preisermittlung Milchdauerwaren teilt die Süddeutsche Butter- und Käsebörse für die Berichtwoche KW18 folgende Preisspanne mit: 1.900 € bis 2.050 €/t. In der Vorwoche betrug diese 1.880 € bis 2.050 €/t.
Am internationalen Markt zeigten sich die Preise für Magermilchpulver, zumindest am jüngsten Termin an der Global Dairy Trade, ebenfalls stabil. Milchmarktexperten erwarten ein weiter zunehmendes Angebot von Magermilchpulver am Weltmarkt aus den USA (insb. Export nach Südostasien und Afrika). Hiermit muss das Magermilchpulver aus der EU/Deutschland konkurrieren können, dass könnte den Druck auf die Preisentwicklung wieder erhöhen. Ähnliches gilt für Butter.

Butterpreise teilweise eingebrochen

Die Preise für Butter sind mit Monatsbeginn Mai deutlich gefallen. In Deutschland sichtbar aufgrund der neu zwischen den Molkereien und dem Lebensmittelhandel ausgehandelten Kontrakte. Entsprechend liegt die Amtliche Preismitteilung für Deutsche Markenbutter im 250g-Päckchen in der gegenwärtigen Woche bei 2,72 € bis 2,80 € pro kg; zuvor hatte die Preisspanne lange 3,56 € bis 3,64 € pro kg betragen.
Bei Blockbutter (25kg-Einheit) wiederum entwickeln sich die Preise in dieser Woche leicht fester (2.650 € bis 2.750 € t). Die Niederländer berichten von Preisen über diesem Niveau und gehen davon aus, dass die Öffnung der Privaten Lagerhaltung neben der guten Nachfrage dazu beiträgt.
Am Weltmarkt haben die Notierungen für Butter und andere Milchfettprodukte dagegen stark nachgegeben (-5,8% für Butter an der Global Dairy Trade, Handelstermin 05.05.2020).
Einfluss Private Lagerhaltung: Die niederländischen Milchmarktexperten der Trigona Dairy Trade warten auf den Report über die Aktivitäten zu der Ende April geöffneten Beihilfe zur Privaten Lagerhaltung in der kommenden Woche. Sie erwarten, dass weniger Magermilchpulver eingelagert werde dürfte. Bei Butter andererseits gehen sie davon aus, dass hier höhere Mengen eingehen könnten.
Quellen: ife, AMI, Rabobank, Trigona Dairy Trade, Molkerei Industrie, BLE


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