Amtliche Warnung vor Hitze

Der Deutsche Wetterdienst hat bis Freitag eine amtliche Warnmeldung vor Hitze herausgegeben. Die starke Wärmebelastung über 32 Grad macht auch entsprechende Vorkehrungen im Milchkuhbetrieb erforderlich.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt von heute bis mindestens Freitag vor starker Wärmebelastung im Großraum West-, Nord- und Teilen Ostdeutschlands sowie teils Süddeutschland. Starke Wärmebelastung definiert der DWD als gefühlte Temperatur" an zwei Tagen in Folge über etwa 32 °C bei zusätzlich nur geringer nächtlicher Abkühlung. Es werden teilweise Tageshöchsttemperaturen von 35 °C erwartet.
Derartige Temperaturen belasten den Kreislauf und Stoffwechsel und es wird empfohlen, sich weitestgehend ruhig zu verhalten und viel zu trinken. Das gilt auch für Mitarbeiter sowie Kälber, Rinder und Kühe auf Milchkuhbetrieben!
Die laufend aktualisierten amtlichen Warnmeldungen sowie aktuelle Wettervorhersagen des DWD finden Sie unter folgendem Link: https://www.dwd.de

Diese Empfehlungen sollten Milchkuhhalter berücksichtigen:

Vermeiden Sie Stress
  • Stressige und anstrengende Arbeiten bei den Kühen wie Umstallen oder Klauenpflege sollten bestenfalls verschoben bzw. in den frühen Morgenstunden erledigt werden.
  • Für Jungtiere gilt das Gleiche – Umstallen, Enthornen, Absetzen oder Ausmisten bedeuten Anstrengung und Aufregung, zusammen mit dem Hitzestress kann das zu viel werden, Kreislauf und Stoffwechsel stark belasten und die Immunität schwächen. Durchfälle bei den Jungtieren können Folgen sein. Mehr dazu "Stress für Kälber minimieren" Elite Online 03/2017
  • Ein ruhiger Umgang mit den Tieren ist angeraten. Mehr dazu "Low Stress Stockmanship" Elite Online 09/2016

Genügend Wasser bereitstellen
  • Stellen Sie den Tiere so viel Wasserfläche wie möglich zur Verfügung. Defekte Tränken oder knappe Bestückung sind jetzt zwingend auszugleichen – Instandsetzen und/oder zusätzliche geeignete Behälter/Wannen mit Wasser aufstellen. Bei derartigen Temperaturen haben laktierende Kühe durchaus einen Wasserbedarf von 150 Litern und mehr pro Tag.
  • Für wenige Tage alte Kälber bedeuten Temperaturen oberhalb von 24 bis 26 °C ebenfalls Hitzestress – auch hier muss zusätzlich zur Milchtränke frisches, sauberes Wasser zur Verfügung stehen.
  • Mehr dazu "Den Wasserbedarf ermitteln & Tränkewasser-Proben richtig ziehen" EliteHeft + 7/2015; "Wasser marsch!" Elite Online 7/2014

Frische Luft und Schatten
  • Vorhandene Ventilatoren und andere Kühlungssysteme müssen jetzt durchlaufen. Derartige Temperaturen machen deutlich, dass hier wenn noch nicht geschehen, dringend investiert werden muss! Hitzestress zieht eine Leistungsdepression nach sich – auch mit Spätfolgen wie herabgesetzter Fruchtbarkeit oder leistungsschwächeren Kälbern, die in der Tragezeit Hitzestress ausgesetzt waren. Das verursacht Kosten, die Investitionen in Kühltechnik mehr als gerecht fertigen. Mehr unter "Hitzestress oft unterschätzt" (Elite Best Practice 2016), "Belüftung, Stallcheck 2018" Elite 4/2018
  • Die Belegung von Stallabteilen sollten ggf. reduziert werden, um den Tieren möglichst viel Luftraum zur Verfügung zu stellen – auch im Kälber- und Rinderstall.
  • Kälberiglus müssen beschattet werden. Um den Luftaustausch in den Hütten zu steigern, können die Hütten hinten aufgebockt werden, in dem man Backsteine/Klinker darunter stellt. Mehr unter "Folgen von Hitzestress bei Kälbern"
  • Bei wenig Schatten auf der Weide sollten die Tiere tagsüber im gedämmten und gut durchlüfteten Stall bleiben. Nachts können sie raus.
  • Auch für feststehende Weiderinder muss Schatten vorhanden sein!

Mehr unter: "So bleibt die Hitze draußen" (Elite 4/2018),
Erhöhte Aufmerksamkeit am Tier
  • Unter derartigen Temperaturen vermehren sich Bakterien rasant – dazu gehören auch Krankheitserreger wie E.coli. Zusammen mit einem geschwächten Immunsystem erhöht dies das Risiko von Infektionserkrankungen wie Mastitiden oder Kälberdurchfällen. Achten Sie sorgfältig auf das Verhalten der Tiere (Aktivität, Futter- und Tränkeaufnahme, Allgemeinzustand), um Abweichungen aufgrund von möglichen Erkrankungen zeitnahe zu erkennen.
  • Eine rasche Therapie sowie eine sichergestellte Versorgung mit Flüssigkeit (ggf. Wasser drenchen; Elektrolyttränke-Plan bei Kälberdurchfall, siehe "Durchfall wegtränken" Elite 4/2018; Infos Kälber drenchen) sind für erkrankte Tiere überlebenswichtig.

Sorgsame Hygiene
  • Aufgrund der idealen Vermehrungsbedingungen für bakterielle Erreger sowie Fliegen in organischer Einstreu (Wärme + Feuchtigkeit), sollte öfter ausgemistet und frisch nachgestreut werden (Liegeboxen und alle Strohbereiche). Die Entwicklung vom Ei bis zur flugbereiten Fliege daraus vergehen nur 8 Tage!
  • Wasser und Futter sollte mehrmals aber mindestens einmal täglich ausgetauscht und frisch vorgelegt werden. Auch hier vermehren sich Krankheitserreger sowie Hefen bei derart hohen Umgebungstemperaturen schneller als sonst.

Fütterung anpassen
Um ihre Körpertemperatur regulieren zu können, benötigen Tiere Energie. Um den Stoffwechsel nicht zu sehr zu belasten, gelten hier bei hohen Umgebungstemperaturen besondere Bedingungen:
  • Durch die verringerte Futteraufnahme nehmen die Kühe auch weniger Struktur auf. Deshalb sollten die Kraftfuttermengen bei heißen Temperaturen nicht erhöht werden, um eine Pansenübersäuerung zu verhindern.
  • Um eine ausreichende Rohfaserversorgung sicherstellen zu können, muss in den Sommermonaten noch stärker auf eine einwandfreie Futterqualität und -hygiene geachtet werden. Strukturfutter soll gleichzeitig nur restriktiv eingesetzt werden – heißt beste rohfaserarme Grobfutter. Als Untergrenze gilt 350 g strukturwirksame Rohfaser je 100 kg Körpermasse. Mit Pansenpuffersubstanzen unterstützen.
  • Bei hohen Temperaturen vermehren sich in der Silage besonders Hefen, die ein zusätzliches Risiko für Nacherwärmungen der Futterration sowie auch Euterentzündungen darstellen. Diesen kann durch eine vermehrte Futtervorlage und der Beimischung propionsäurehaltiger Mittel entgegengewirkt werden. Mehr dazu "Kühe fressen lieber kalt" (Elite 4/2018)
  • Der größte Teil der Futtermischung (mindestens 60%) sollte am Nachmittag bzw. in den frühen Abendstunden gefüttert werden. Die Kühe fressenlieber in den kühlen Stunden.
  • Auch die Zugabe von Futterfetten kann die Stoffwechsellage der gestressten Kühe verbessern. Sie liefern viel Energie, ohne die Aufnahmekapazität (Volumen) zu belasten.
  • Auch Hefen, die der Ration zugesetzt werden, können die Verdauung und Futteraufnahme stabilisieren. Je nach Stoffwechsellage können auch pansenpuffernde Substanzen sinnvoll sein.
  • Bei 25°C schwitzen Kühe bereits 1,5 l Wasser je Stunde aus. Den steigenden Salzverlust gilt es auszugleichen. Deshalb kann man die Kühe und ihre Immunabwehr durch eine etwas erhöhte Mineralstoffsupplementierung (mindestens 120-prozentige Bedarfsdeckung) unterstützen. Stellen Sie Salzlecksteine oder Natriumcarbonat zur freien Aufnahme zur Verfügung (etwa 30 g Viehsalz pro Kuh und Tag).
  • Mehr unter "Temperaturangepasst füttern" (Elite 4/2017), "Kühe fressen lieber kalt" Elite 4/2018, "Bei Hitzestress den Pansen entlasten" (Elite 4/2016).

Weideflächen rechtzeitig wechseln; Mahd aktuell besser nicht
Die Trockenheit und hohe Sonneneinstrahlung strapaziert die Grasnarben. Aktuell kann man überweidete Standweiden sehr gut erkennen – komplett braun. Durch den immer wieder erfolgten Verbiss vertrocknen bzw. verbrennen die Gräser schneller. Ähnliches kann man regional auf Flächen beobachten, auf denen der dritte Schnitt kürzlich noch gemäht wurde.
Um das großflächige Absterben von Grasnarben zu vermeiden, sollten die Weideflächen daher rechtzeitig gewechselt und auf einen Grasschnitt bzw. das Ausmähen von überständigem Gras verzichtet werden. Mehr dazu "Kein dritter Schnitt und weniger Silomais, was tun?, Elite Online 07/2018