1. Ladies Night des VOST

Mehr als ein Züchterabend für Frauen

Der Verein Ostfriesischer Stammviehzüchter lud am 30. August alle Betriebsleiterinnen, Jung-/Züchterinnen und rinderzuchtinteressierte Frauen zur ersten VOST-Veranstaltung nur für Frauen ein. Mit über 100 Teilnehmerinnen eine tolle Premiere!

"Unsere Erwartungen wurden absolut übertroffen, wir haben mit 30 bis 40 Teilnehmerinnen gerechnet, sagt Anne-Mette Evers (Öffentlichkeitsarbeit VOST). Sie und ihre Kolleginnen, die den ersten Züchterinnen-Abend des VOST organisiert haben, waren am Mittwoch Abend schon ein wenig überwältigt von den über 100 Frauen, die sie im Saal bei einem Gläschen Sekt begrüßen durften.
Die Idee für den Züchterinnen-Abend liegt auch in ihrer eigenen Situation begründet: In der Anpaarungsberatung sind wir ja selbst überwiegend Frauen und auch draußen auf den Betrieben wird deutlich, dass immer mehr Frauen die Arbeit mit den Kühen bestimmen bzw. dabei mitwirken, erklärt Frauke Thaden, Anpaarungsberaterin beim VOST. Dieser Entwicklung wollen sie gerecht werden, sie aber auch fördern – denn selbstverständlich ist die Rolle der Frauen in der Rinderzucht und Milchkuhhaltung leider immer noch nicht überall. 
Zum Auftakt organisierten die VOST-Damen" ersteinmal ein kurzweiliges Basisprogramm, denn neben den fachlichen Informationen sollte viel mehr ein, ja, vielleicht in manchen Fällen auch ungestörter, Austausch unter den Frauen ermöglicht werden.

Züchterische Fachinformationen zum einen ...

Winter Junker Thaden Evers

VOST-Frauenpower! Von links: Sabrina Winter, Wiebke Junker, Frauke Thaden und Anne-Mette Evers. (Bildquelle: Elite Magazin)

So stellte Wiebke Junker eine Auswahl aktueller VOST-Bullen vor und gab praktische Empfehlungen für entsprechende Anpaarungen mit diesen. Dazu gehörte neben dem Augenmerk auf gute Korrektureignungen für Strichlänge und Strichstellung hinten (z.B. Balou oder Nemo Red), Stärke (z.B. Cashmere) oder Beckenneigung (z.B. Godewind), auch der allgemeine Hinweis darauf, dass bei dem Einsatz von reinerbig hornlosen Bullen immer auf die Exterieurmerkmale und besonders die Fundamente geachtet werden sollte. Diese kommen bei dem starken Fokus auf Hornlosigkeit bei den entsprechend verfügbaren Bullen oftmals zu kurz. Hier finden Sie den aktuellen VOST-Bullenkatalog zum Download
Frauke Thaden stellte den Anwesenden die Vorteile des BAP Bullen-Anpaarungs-Programmes vor, das 2002 vom Vit für alle Zuchtverbände in Deutschland entwickelt wurde. Der wesentlichste Vorteil ist dabei, neben einer datenbasierten (MLP, Zuchtwertschätzung, Abstammung, Einstufung) Anpaarungsempfehlung, die wertvolle Chance Gendefekte sowie Inzucht zu vermeiden. Denn durch die genomische Untersuchung der Bullen sowie auch weiblicher Tiere werden immer mehr vorhandene Gendefekte sicher festgestellt, die so auch über das Pedigree zurückverfolgt und abgeschätzt werden können. Inzucht kann über BAP auf über drei bis vier Jahre zurückverfolgt werden. BAP ist für alle Mitglieder der Zuchtverbände kostenlos! Mehr dazu erfahren Sie bei Ihrem Zuchtverband sowie auf der Internetseite des Vit.
Die Arbeit in dem bundesweiten genomischen Projekt KuhVision stellte Sabrina Winter vor. Das Projekt ermöglicht es Milchkuhhaltern das Genom ihrer weiblichen Tiere (19,50 € + 7% MwSt. pro Tier) typisieren zu lassen und die Daten aufbereitet zur Verfügung gestellt zu bekommen. Mit den so gewonnenen Informationen gibt KuhVision eine neue Managementhilfe z.B. für die Anpaarung und für die Auswahl der Nachzucht an die Hand. Ein besonderes Augenmerk liegt auch auf den zusätzlich erfassten Gesundheitsmerkmalen. Übergeordnetes Ziel des Projektes ist der Aufbau einer Kuh-Lernstichprobe, die langfristig die Bullen-Lernstichprobe ersetzen wird. Der VOST ist der einzige Verband in Deutschland, der noch freie Kapazitäten in dem Programm hat! Mehr Informationen zu KuhVision bekommen Sie bei Ihrem Zuchtverband sowie auf der Internetseite des Deutschen Holstein Verbandes.

... und zum anderen, der Erfahrungsaustausch unter Powerfrauen!

Anne-Mette Evers Claudia Pott

Anne-Mette Evers (links, VOST) überreicht Claudia Pott, die von ihrem Werdegang als Quereinsteigerin zur Herdenmanagerin und ihrem Arbeitsalltag berichtete, ein Dankeschön. (Bildquelle: Elite Magazin)

Claudia Pott managt heute erfolgreich eine 250 köpfige Milchkuhherde – vor wenigen Jahren wäre das für sie noch unvorstellbar gewesen, da war sie Containerschiff-Maklerin und hat nur nebenbei im Betrieb ihres Mannes ausgeholfen. Früher hätte ich mich davor geekelt in eine Kuh hinein zu fassen, heute ist das selbstverständliches Tagesgeschäft und ich mache es gern, sagt die zweifache Mutter mit strahlend braunen Augen und wilden Locken vor dem großen Publikum.
Selbstverständlich war das aber eben nicht immer. Als Schwiegertochter und  Quereinsteigerin wurde ihr eigenständiges Handeln im landwirtschaftlichen Betrieb kaum zu getraut und so hat sie halt immer alles so gemacht, wie man es ihr gesagt hat". Als dann ihre zweite Tochter auf die Welt kam, wurde Claudia Pott und ihrem Mann klar, dass sie nicht wieder Vollzeit arbeiten gehen können würde – und das wäre die Bedingung in ihrem Job als Maklerin gewesen. Ihr Mann hatte derweil eine Nebentätigkeit im Holzrecycling begonnen, die so lukrativ war, dass man sie nicht hätte einfach fallen gelassen. Also fiel die Entscheidung zwar nicht leicht, aber schnell, dass Claudia, die die Arbeit mit den Kälbern und Kühen immer sehr gerne gemacht hat, mit in den Betrieb einsteigt. Heute leitet sie die Arbeit im Stall und ihr Mann arbeitet, abgesehen von dem kaufmännischen Arbeiten, außerhalb vom Betrieb.
"Das Wichtigste in diesem ganzen Zusammenhang war, dass ich mich dafür professionell fortgebildet habe. In einem Herdenmanagement-Kurs mit Theorie und Praxis über mehrere Monate, erzählt Claudia Pott. Ich habe das Wissen über negative Energiebilanz, GnRH im Zyklus der Kuh, Druchfallprophylaxe beim Kalb etc. etc. in mich hinein geschaufelt! Und der Austausch mit den Referenten und den anderen Kursteilnehmern hat mich wahnsinnig motiviert." Durch den Besuch auf verschiedenen Betrieben im Rahmen der Praxistage im Kurs habe Claudia Pott zudem viele neue Ideen für ihren eigenen Betrieb gefunden. Der Kurs hat mir das nötige Fachwissen für die alltägliche Arbeit gegeben, aber auch für Optimierungsansätze." Seit dem sie hauptverantwortlich für die Herde ist, hat sich vieles im Stall verändert. Neben u.a. Frischabkalberkontrolle, Tiefboxen, regelmäßiger Klauenpflege, einem neuen Melkstand mit Zwischendesinfektion und einem Trockensteherstall ist vor allem Struktur eingezogen. Es gibt einen festen Wochenplan für die wiederkehrenden Arbeiten und standardisierte Arbeitsroutinen. Das ist wichtig für die Mitarbeiter und Melker und auch für mich, um eben auch noch dem Haushalt, den Kindern und dem Privatleben gerecht werden zu können, berichtet die Powerfrau.
Gleich mehrere Themen, die viele der anwesenden Frauen am Abend der ersten VOST LadiesNight wohl direkt mitbetrafen. Und entsprechend einen Schwall an Fragen und Erfahrungsberichten auslöste. Es tut gut, zu hören wie andere Frauen mit dieser Belastung umgehen und die Arbeit organisieren, sagt eine der Teilnehmerinnen. Dieser Abend war für viele sicherlich mehr als nur" ein rein informativer Züchterabend.
Text und Fotos: Katrin Berkemeier