Abschläge auf Restmilch – Umdenken beim DBV und im Agrarressort?

Die stetig fallenden Milchpreise führen zu Bewegung in den festgefahrenen Diskussionen um die Ausgestaltung des Milchmarktes bzw. der Lieferbeziehungen zwischen Erzeugern und Molkereien. Der Bauernverband scheint sich mit einem A/B-Anlieferungssystem anzufreunden; die Bundesregierung will die Befristung der Anlieferung fördern.

Mehr Kreativität in den Lieferbeziehungen zwischen Milchproduzenten und Molkereien hat der DBV- Präsident Joachim Rukwied angemahnt. Es gehe darum, den Spielraum für eine marktgerechte Ausgestaltung der Lieferverträge zu nutzen, sagte der Bauernpräsident vergangene Woche vor Journalisten in Berlin. Konkret sprach sich Rukwied für flexible Preisfindungsmodelle in Abhängigkeit von der Marktentwicklung aus. Dabei gehe es um eine differenzierte Bezahlung der monatlichen Milchanlieferungsmengen in Abhängigkeit von der jeweiligen Verwertung der Milch.
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Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV); Foto: topagrar (Bildquelle: Elite Magazin)

Dies könnte dem DBV-Präsidenten zufolge bedeuten, dass eine Molkerei für einen bestimmten Anteil der angelieferten Milch einen auskömmlichen Preis bezahlt. Für die Restmenge, die aufgrund einer Überschusssituation am Markt nur zu schlechteren Bedingungen verwertet werden kann, müsste der Erzeuger Abschläge hinnehmen. Auf diese Weise könnten die Landwirte angemessen auf Marktsignale reagieren und ihre Milchliefermenge anpassen, erläuterte Rukwied. Er riet den Milchproduzenten, die Diskussion darüber intensiv mit ihren Molkereien zu führen und verwies auf entsprechende Modelle in der Weinerzeugung, „die funktionieren“.
Einer privatwirtschaftlichen Mengensteuerung über den Gesamtmarkt erteilte der Bauernpräsident hingegen erneut eine Absage. Voraussetzung dafür wären nach seinen Ausführungen Absprachen zwischen Molkereien in Europa, die untereinander im Wettbewerb stehen. „Ich halte das für illusorisch“, so Rukwied. Dies gelte auch für jede Form der staatlichen Mengenregulierung.

Bundesregierung will „Befristung der Anlieferung“ fördern

Schmidt

Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU), Foto: BML (Bildquelle: Elite Magazin)

Auch Agrarminister Christian Schmidt erteilte vermeintlich einfachen Lösungen zur Bewältigung der Milchmarktkrise eine Absage. „Die Lösung der Milchkrise kann nur im Markt selbst und durch die Beteiligten gefunden werden“, erklärte der Minister am Dienstag vergangener Woche in Berlin. Nach seiner Überzeugung können weder die Europäische Union noch ein einzelner Mitgliedstaat einen globalen Markt durch europäische oder nationale Eingriffe lenken. „Wer dies verspricht, ist unredlich gegenüber den Betroffenen und der Öffentlichkeit“, warnte Schmidt.
Der Minister sieht die Milcherzeuger und Molkereien in der Verantwortung, ein besseres Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu finden. Ein ruinöser Mengenwettbewerb drücke immer mehr die Preise. Die Politik werde diesen Prozess im Rahmen ihrer Möglichkeiten begleiten, versicherte der CSU-Politiker. Beispielsweise wolle man den Erzeugern und Molkereien befristet die Möglichkeit geben, Vereinbarungen zur Angebotsmenge und deren Reduzierung zu treffen. Dafür werde man die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen. (Anmerkung: Auch wenn dies nicht sogleich zur Abschaffung der Abnahmepflicht führt – diese findet sich in den Satzungen der Genossenschaftsmolkereien – so könnten „zusätzliche“ gesetzliche Vorgaben hier zumindest die Diskussion befeuern).
Erneut sprach sich der Minister zudem für weitere EU-Liquiditätshilfen zur Unterstützung der Betriebe aus. Das Ziel der Bundesregierung sei es, gerade mit der Milchproduktion eine flächendeckende Landbewirtschaftung aufrecht zu erhalten. Dabei sind aber auch die Bundesländer gefordert. Schmidt verwies auf die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) sowie die Fördermöglichkeiten in der Zweiten Säule, etwa über die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete.