365 Tage draußen, 200 Tage Vollweide

Rund 800 Milchkühe halten die Iren Paul und Stephen Costello und ihr Team wie in Neuseeland: ganzjährig draußen. Und zwar in Brandenburg. Das funktioniert mit der passenden Genetik, Saisonabkalbung und Weidemanagement nach dem irischen System.

Die Brüder Paul und Stephen Costello haben ein Ziel: 100% Weidemilch. Dieses setzen sie seit gut zwei Jahren auf ihrem Betrieb Agrargesellschaft Emster-Land mbH im brandenburgischen Kloster Lehnin um. Gemeinsam mit ihren Herdenmanagern Kevin Kearns und Seamus Walsh aus Irland und dem restlichen Team haben sie den nahezu insolvent übernommenen Milchkuhbetrieb mittlerweile zu 80% entsprechend ihrer Ziele saniert. Dazu gehört u.a.
  • die Erfassung und das Anlegen der nötigen Infrastruktur für das Rotationsweidesystem auf den knapp 500 ha Grünland,
  • die Optimierung und Erneuerung der Grasnarben mit standortangepassten, weidetauglichen Futtergräsern,
  • die Umstellung und Aufbau einer Crossbreed-Herde aus Holstein x Jersey,
  • der Bau eines zur Genetik passenden Melkkarussells aus Neuseeland
  • und die Umstellung von ganzjähriger auf saisonale Abkalbung.

Eine große Herausforderung, auch für die beiden erfahrenen Unternehmer Paul und Stephen Costello, was viele Menschen dazu veranlasst hat, an der Idee der Brüder zu zweifeln. Gestern (15. Mai 2019) konnten sie und ihr Team die Besucher des Farm Walks Innovativ Weiden" auf ihrem Betrieb davon überzeugen, dass es doch möglich ist!
Die Zahlen sprechen für sich. So konnten sie im vergangenen Jahr trotz Dürre einen TM-Ertrag von 10,5 t TM pro Hektar durch Weide nutzen bzw. für die Winterfütterung ernten. Brandenburg ist trocken, das Gras kann aber trotzdem wachsen, sagt Paul Costello dazu, In Irland lag der Aufwuchs im vergangenen Jahr im Vergleich bei etwa 12,5 Tonnen Trockenmasse pro Hektar." Das Geheimnis ist ein Aufwuchs- und damit Standort-angepasstes Rotationsweidesystem. Die Hauptwerkzeuge dafür sind eine Übersichtskarte aller Flächen mit Gräben und genauer Kenntnis der vorhandenen Bodenarten inklusive Wasserverfügbarkeit und das Messen der Aufwüchse. Mindestens wöchentlich bis täglich messen die Herdenmanager, die daher zusätzlich auch als Weidemanager bezeichnet werden können, die Aufwuchshöhe der Flächen. Was bei wüchsigem Wetter über die ideale Grashöhe zum Beweiden hinauswächst, wird mit den eigenen Maschinen geerntet und als Rundballen für die Winterfütterung eingelagert. Abgegrast wird maximal auf 4,5 cm Stoppelhöhe.
Die derzeitige Milchleistung liegt bei Vollweide und einem maximalen Kraftfuttereinsatz von 5 kg/Tag/Kuh für die Crossbreeds und 8 kg/Kuh/Tag für die reinen Holsteins, die in zwei getrennten Herden geführt werden, im Gesamtdurchschnitt bei 5.000 kg Milch (25 kg Tagesgemelk HF x JER; 32 kg Tagesgemelk HF). Die beiden Herden umfassen aktuell knapp 650 Crossbreeds und 130 Holsteins und werden aufgrund ihres unterschiedlichen Graseverhaltens sowie ihrer Laufleistung getrennt geführt. Im Winter stehen die trockenen Kühe auf Sandpaddocks und werden mit Silage gefüttert. Auch die Abkalbung erfolgt auf den Paddocks. Mit Erfolg: Die Kälberverluste lagen in dieser Abkalbesaison unter 1%.
Der Farm Walk wurde im Rahmen des EU-Projektes Nefertiti" gemeinsam mit dem Grünlandzentrum Niedersachsen/Bremen organisiert.
Detaillierte Informationen, die Argumente und weiteren Pläne der Costello-Brüder für das Weidesystem der Agrargesellschaft Emster-Land mbH (u.a. Direktvermarktung) finden Sie Anfang Juni in einer ausführlichen Reportage in unserem Web-Magazin Elite Impluse unter dem Link: https://elite-impulse.de/


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