Positionspapier der DGfZ

Die Milchkuh muss robuster werden

Die DGfZ-Projektgruppe „Zukunft gesunde Milchkuh“ hat sich mit dem Zusammenhang zwischen Milchleistung und Nutzungsdauer hochleistender Milchkühe befasst und Strategien für eine zukunftsfähige Milchviehhaltung entwickelt.

Die Nutztierhaltung steht momentan im Fokus der gesellschaftlichen Diskussion, wobei die Wechselwirkungen zwischen Leistung, Tiergesundheit und die Nutzungsdauer der Tiere zentrale Aspekte dieser Diskussion darstellen. Die große Herausforderung für Wissenschaft, Praxis und Beratung besteht darin, die aktuellen Haltungssysteme so weiterzuentwickeln, dass die Aspekte der Tiergesundheit, der Leistungsfähigkeit, der Ökologie, der Ökonomie und der in der Landwirtschaft arbeitenden Menschen mit dem Ziel der gesellschaftlichen Akzeptanz bestmöglich in Einklang gebracht werden.

Stärkere Selektion und spätere Besamung

Geeignete Strategien zur Erhöhung der Nutzungsdauer von Milchkühen sind vor allen Dingen eine starke Selektion der Nachzucht sowie die Verlängerung der Freiwilligen Wartezeit, weil sie sich unmittelbar auf die Nutzungsdauer auswirken. Ein Milchviehbetrieb mit weniger weiblicher Nachzucht kann seine Kühe langer halten, weil weniger Jungkühe den Stallplatz beanspruchen. Eine verlängerte Freiwillige Wartezeit erhöht die Nutzungsdauer, weil damit die Länge der Laktation und die Anzahl kritischer Phasen für Abgange im Leben der Kuh verringert werden. Die Fütterungsstrategie, das Aufzuchtmanagement oder die Haltungsbedingungen wirken sich dagegen nur mittelbar auf die Nutzungsdauer aus.

Neu: Gesamtzuchtwert für Gesundheit

Aber auch die Nutzung genomischer Informationen scheint ein besser geeigneter Weg, auf züchterischem Wege die Nachhaltigkeit der Milchproduktion zu verbessern. Im April 2019 wurde die Zuchtwertschatzung für neuen Gesundheitsmerkmale eingeführt. Seitdem werden für insgesamt 13 Gesundheitsmerkmale Zuchtwerte geschätzt, welche vier Merkmalskomplexen zugeordnet sind. Für jeden Merkmalskomplex wird aus den Zuchtwerten der zugehörigen Einzelmerkmale ein Index-Zuchtwert berechnet und veröffentlicht:
· Mastitisresistenz (1 Merkmal, Zuchtwert: RZEuterfit)
· Klauengesundheit (6 Merkmale, RZKlaue)
· Reproduktion (3 Merkmale, RZRepro)
· Stoffwechselstabilitat (3 Merkmale, RZMetabol)

So setzt sich der RZGesund zusammen

Die vier Index-Zuchtwerte für die verschiedenen Merkmalskomplexe gehen mit einer Gewichtung im Verhältnis 40:30:20:10 in den Gesamtzuchtwert für Gesundheit (RZGesund) ein. Die Gewichtung dieser Hauptmerkmalskomplexe erfolgt aufgrund der ökonomischen Gewichte unter Berücksichtigung der Zuchtwert-Sicherheiten und der genetischen Korrelationen der Zuchtwerte zueinander. Durch die Verwendung von Abgangsursachen (Euterkrankheiten, Erkrankungen der Gliedmaßen und Klauen, Unfruchtbarkeit, Stoffwechselkrankheiten) als Hilfsmerkmale können die Sicherheiten der Gesundheitszuchtwerte noch einmal deutlich verbessert werden.

Benchmarking: es gibt keinen Zufall

In den letzten Jahren haben viele Untersuchungen bestätigt, dass im Merkmal Nutzungsdauer auf genetischer Ebene deutliche Verbesserungen erzielt worden sind. Gleichzeitig hat sich aber die Nutzungsdauer in den Betrieben kaum verbessert. Es liegt daher nahe, dass andere Faktoren die züchterischen Potentiale überdecken.
Die gute Dokumentation von Erkrankungen ist das wichtigste Werkzeug zur Erreichung von Zielen im Gesundheitsmanagement auf Milchviehbetrieben. In größeren Milchkuhbetrieben sind wöchentliche bis monatliche Auswertungsrhythmen sinnvoll. In mittelgroßen Herden hilft es, sich an der Anzahl der Abkalbungen zu orientieren. So können sicher nach 15 Abkalbungen schon erste Aussagen zur Gesundheit nach dem Kalben gemacht werden. Die zu erreichenden Zielwerte sollten mit Hilfe des Tierarztes und ggf. dem Fütterungsberater festgelegt werden.
Dieses Dreigespann aus Landwirt, Tierarzt und Fütterungsberater ist wohl die wichtigste Komponente, um nachhaltig die gewünschte Gesundheit im Bestand zu halten.
Fazit: Das Ziel sollte sein, eine gesunde, robuste, thermotolerante Kuh mit einer langen Nutzungsdauer zu züchten und das Haltungsmanagement auf den Betrieben ihren Bedürfnissen anzupassen.
 
Quelle: DGfZ (Deutsche Gesellschaft für Züchtungskunde e.V.)