Stern statt Karussell

Lemmer Fullwood ordnet seine Melkroboter sternförmig an, um zwar automatisch zu melken, die Kühe aber trotzdem gruppenweise managen zu können. Der erste Betrieb melkt nun nach diesem Konzept.

Nach DeLaval und GEA bietet nun auch LemmerFullwood ein Konzept an, um Kühe in Gruppen automatisch zu melken. Dazu ordnet der Melktechnikhersteller herkömmliche Merlin-Einzelboxen sternförmig an. Die Kühe erreichen die Melkroboter über einen runden Wartehof, ein dazu passender Treiber trennt die Gruppen voneinander.

Durchsatz von 100 Kühen pro Stunde

Auf der Agrar gmbH Flämingland Blönsdorf läuft dieses von LemmerFullwood „Batch Milking“ genannte System seit Ende Februar. Die Kühe werden wie beim konventionellen Melken in Leistungsgruppen im Stall gehalten und gemanagt. Das Melken findet zweimal pro Tag, jeweils von 5.00 bis 12.00 Uhr, im Melkzentrum statt. Zwölf Merlin-Melkroboter sind hier verbaut. „Das Melken ist unheimlich entspannt“, berichtet Herdenmanager Sven Behrens, „auch wenn ich in den ersten Tagen des Einmelkens fast verzweifelt wäre.“ Vierzehn Tage brauchte es, bis alle Kühe sich an das neue System gewöhnt hatten. Heute schaffen die Roboter einen Durchsatz von 100 Kühen pro Stunde. Bei einer Gruppengröße von 120 Kühen pro Leistungsgruppe sind die Kühe demnach etwas über eine Stunde auf den Beinen.

Neun Mitarbeiter kümmern sich im Schichtbetrieb um die 580 Kühe. Eine Person ist jeweils fürs Melken zuständig: Während sich eine Gruppe im Wartebereich aufhält, pflegt der Mitarbeiter die Boxen, reinigt Tränken und Übergänge und holt die nächste Gruppe. Kühe, welche die Melkung nicht beenden, werden in einen Separationsbereich geleitet. Der „Melker“ überprüft diese am Computer und bringt sie zurück in ihre Gruppe. Auch die Sichtkontrolle des Roboters (Seilspannung, Abtransport der Milch, Sauberkeit des Lasers, Füllstand des Reinigungsmittels) gehört zu seinen Aufgaben.
„Die Arbeiten könnte man theoretisch auch mit einer Person erledigen“, erklärt Produktionsleiterin Juliane Gratzke, „doch in der Nachtschicht ist das allein aus Arbeitsschutzgründen nicht möglich.“ Tagsüber sind neben dem Melker auch der Herdenmanager, ein Fütterer sowie ein Kälber- und Reproverantwortlicher vor Ort.
Die Arbeit mit den Robotern erledigt das gleiche Team wie zuvor. „Kuhverstand ist wichtig, das mit der Technik kann man lernen!“, ist Herdenmanager Behrens überzeugt. Vor der Umstellung schauten Gratzke und Behrens sich mit ihrem Team daher das Arbeiten mit den Robotern auf einem anderen Betrieb an, um Berührungsängste abzubauen.

Automatisierung kostet!

Ein Argument für Automatisierung war auch auf der Agrar gmbH Flämingland Blönsdorf der Arbeitskräftemangel. „Wir finden einfach keine Leute“, berichtet Geschäftsführer Bernd Thiele. Der Mitarbeiterbestand im Stall hat sich von 11 auf 9 Personen reduziert, weil zwei Personen ausgeschieden sind. Dennoch ist das Melken teuer: Etwa 35 Cent Milchgeld benötigt der Betrieb, um über die Runden zu kommen (allerdings auch inklusive automatischer Fütterung und Einstreumaschine; siehe Bildergalerie). Wichtig ist zudem, dass die Investitionen in den neuen Stall, regelmäßigere Fütterung und Kuhkomfort sich auszahlen: gut 1.200 kg Milch sollten die Kühe im Herdenschnitt noch zulegen, damit der Betrieb rentabel wirtschaftet. Eventuell soll demnächst auch drei Mal gemolken werden.
Derzeit liegt die Milchleistung bei knapp 30 Litern pro Kuh und Tag, der Milchpreis bei 31,75 Cent. Langfristig könne er zu den Betriebskosten noch nichts sagen, dazu sei die Laufzeit noch zu kurz, sagt Geschäftsführer Thiele. Dennoch versucht er bereits jetzt, die Betriebskosten möglichst gering zu halten. Es gebe zwar Wartungsverträge, doch einfache Arbeiten soll z.B. auch ein eigens eingestellter Techniker übernehmen können.
Warum er dieses Wagnis trotzdem eingeht? Geschäftsführer Bernd Thiele: „Die Geschäftsleitung und der Beirat der Gesellschaft haben sich gemeinsam dafür entschieden, die Kühe zu behalten. Daraus folgt eben, dass wir investieren müssen. Die anderen Betriebszweige werden ihren Beitrag zur Finanzierung leisten. In einem hat sich die Investition schon bemerkbar gemacht: Im August fangen zwei neue Azubis in der Tierproduktion an, sodass über drei Lehrjahre dann insgesamt vier Azubis in der Tierproduktion tätig sind."
Mehr Infos zur Funktionsweise des Melkzentrums sowie zum Management auf dem Betrieb finden Sie in der
Text: C. Stöcker