Kanada

Sie können auch Melkroboter!

Eigentlich ist das Melken mit dem Roboter ja eine Domäne der Europäer. Schließlich wurde das automatische Melken im Herzen Europas erfunden, auch finden sich im Westen und Norden Europas mit Abstand die meisten AMS-Systeme.

In Nordamerika hat die AMS-Technologie erst viel später Fuß gefasst als in Europa. Vor allem die deutlich eingeschränkteren Wachstumsmöglichkeiten passen nicht so richtig zum deutlichen Expansionsdrang vieler Milchfarmer in den USA und in Kanada. Die meisten derjenigen, die sich dann aber für ein AMS entscheiden, arbeiten dann aber sehr gewissenhaft mit der modernen Technik. Davon konnten wir uns kürzlich (März 2018) in der kanadischen Provinz Alberta überzeugen. Exemplarisch stellen wir im Folgenden zwei Milchfarmen vor, die sich durch ein sehr gutes AMS-Management und demzufolge auch durch hohe Milchleistungen auszeichnen:
  • Huntcliff Dairy
  • Meilink Dairies

  • Huntcliff Dairy
  • Meilink Dairies

Das AMS nicht auslasten

Lely Melkroboter

Die beiden Melkboxen sind parallel angeordnet. (Bildquelle: Elite Magazin)

Huntcliff Dairy: In den Ställen der Familie Huyzer melken seit 2015 drei Astronauten (Lely) insgesamt 140 Kühe. Zwei Melkboxen befinden sich im Liegeboxenlaufstall, der ausschließlich laktierende Kühe beherbergt. Die dritte Box steht im angrenzenden Tiefstreustall, in dem sich die Frischkalber, Trockensteher und heranwachsende Färsen aufhalten.
Die laktierenden Kühe, im Durchschnitt etwa 110 Tiere, werden 3,4 Mal täglich gemolken. Der  Melkdurchschnitt der Holstein liegt bei 42 kg Milch (4,0 % Fett), die Jerseys geben täglich rund 30 kg Milch (5,3 % Fett).
Astronauten

Die beiden Astronauten sind allein schon wegen der Kälte im Stall "eingehaust" (Bildquelle: Elite Magazin)

An die beiden AMS werden maximal 55 Kühe gelassen. „So entsteht kein Stress“, erläutert Martien Huyzer. Auch die dritte Melkbox im Tiefstreustall ist  bei weitem nicht ausgelastet. Im Durchschnitt werden hier nur 30 bis 40 Tiere gemolken. Die hochtragenden Färsen erhalten bereits Kraftfutter in der Melkbox. „Die Färsen brauchen ausreichend Zeit und Ruhe um sich an die Technik zu gewöhnen“, weiß Huyzer. Aber auch die frischabgekalbten Kühe würden von der geringen Belegungsdichte profitieren. „Die Tiere sind durch die Kalbung schon gestresst genug … wenn dann noch Frust und weiterer Stress durch das Gedränge am voll belegten Melkroboter dazu käme, wäre das kontraproduktiv!“
Rassenmix

Hosteins und Jerseys in einer Herde vereint! (Bildquelle: Elite Magazin)

 Zwei Drittel der Herde sind reinrassige Holsteins, ein Drittel reinrassige Jerseys. Vor ein paar Jahren hat Martien Huyzer eine Jerseykuh auf einer Aktion ersteigert („… ich wurde damals einfach überredet von meiner Familie!“). Mittlerweile will er die kleinen Kühe nicht mehr missen in seiner Herde, denn der hohe Fettgehalt in der Milch sorgt für einen guten Milchpreis. Anmerkung: In Alberta werden die Milchfarmer nach der Fettmenge bezahlt.
Um die Milchleistung weiter zu steigern besamt der Farmer die bessere Hälfte der Kühe beider Rassen ausschließlich mit weiblich gesextem Sperma leistungsstarker Bullen der jeweilligen Rasse. Die anderen (genetisch weniger hochwertigen) Kühe werden mit Fleischbullen belegt, zumeist mit Blauen Belgiern und Angus.
Gefüttert wird allen die Kühen die gleiche Teil-TMR bestehend aus Maissilage, Luzerneheu, Ganzpflanzensilage (Gerste), etwas gehäckseltem Stroh und einer Kraftfuttermischung. Etwa die gleiche Konzentratmenge wird den Tieren nochmals in der Melkbox angeboten.
Die Frage nach den wichtigsten Erfolgsfaktoren beantwortet Huyzer wie folgt: Kuhkomfort und jedes noch so kleine Detail beachten (keine Nachlässigkeiten zulassen!).

Hervoragende Fruchtbarkeit – frischmelke Herde

Meilink Dairy

Insgesamt 5 VMS Melksysteme von DeLaval kommen zum Einsatz. (Bildquelle: Elite Magazin)

Meilink Dairies: Rolof Meilink hat 1993 die in der Nähe der Stadt Red Deer angesiedelte Farm erworben und schon bald mit dem Melken dort begonnen. Bereits nach einem Jahr wurde ein Boxenlaufstall für 160 Kühe neu errichtet. Da sich an dem Standort eine Herdenaufstockung als zunehmend schwierig erwies, hat, die Familie im Jahr 2011 damit begonnen, sukzessive die Trockensteher und das Jungvieh auszugliedern in einen separaten, wenige Kilometer entfernten neu errichteten Stall. Zunächst war geplant, den Standort mit den Kühen weiter „zu entwickeln“ und dort ein Melkzentrum (konv. Melkstand) zu errichten, doch dann änderte die Familie ihren Plan. Aufgrund der Nähe zur Wohnbebauung und der Arbeitsbelastung wurde im vergangenen Jahr (2017) der Trockensteher-/Jungviehstall für die Haltung von Milchkühen umgebaut und mit fünf Melkrobotern (VMS; Delaval) bestückt.
Melkzentrum

Je zwei VMS arbeiten parallel nebeneinander. Eine Melkergrube erleichtert dem Personal die Kontrolle der Euter und das manuelle Ansetzen der Melkbecher (bei Bedarf). (Bildquelle: Elite Magazin)

 Aktuell werden im neuen Kuhstall 265 Kühe gemolken, der tägliche Melkdurchschnitt (2,8 Melkungen) hat sich bei 41 kg pro Kuh eingependelt (4,10 % Fett). Je zwei VMS sind einer der beiden Tiergruppe zu geteilt (2x2 Liegeboxenreihen). Die fünfte Melkbox steht im Transitstall. Dort werden die Frischlaktierer die ersten Tage angemolken. Zudem dürfen die hochtragenden Rinder dort bereits ihr Kraftfutter abrufen … so können sie schon mal die Technik beschnuppern. Letztlich fällt dadurch später weniger Stress im Kuhstall an, was sich wiederum positiv auf die Milchleistung auswirkt, ist sich Rolof Meilink sicher.
Roelof Meilink

(Bildquelle: Elite Magazin)

 Obwohl Meilink sich für das automatische Melksystem von DeLaval entschieden hat, dürfen die Kühe sich frei in den Stallabteilen bewegen. DeLaval empfiehlt ja einen gesteuerten Kuhverkehr (in der Regel „Feed first“). Doch davon will der Farmer nichts wissen: „Zu viele Hindernisse, die würden unsere Holsteinkühe nur vom Fressen abhalten“, argumentiert er. „Und dann die ganzen Selektionstore, … die machen nur Lärm, das stört die Kühe ebenso wie uns!“
Ihren Kühen kredenzt die Familie eine TMR bestehend aus Luzernesilage (30 %), Mais- und Gersten GPS-Silage (je 50 % Mischungsanteil) sowie 4 kg Kraftfutter. Weitere 5 kg Konzentrat erhalten die Kühe in den Melkboxen.
Großen Wert legt der Milchfarmer auf eine gute Fruchtbarkeit seiner Herde. Denn nur eine frischmelke Herde liefert auch konstant viel Milch ab. Den durchschnittlichen Laktationstag seiner Kuhherde beziffert der Milchfarmer mit etwas über 160 Tagen". So kümmern sich Techniker seiner Zuchtorganisation (ABS) um die Fruchtbarkeit der Kuhherde. Täglich schaut einer von ihnen im Stall vorbei, markiert zur Brunst anstehende Kühe mit einem Farbstift, besamt brünstige Tiere und pflegt die Daten im Herdenmanagementprogramm. Dafür zahlt Meilink 30 Cent (CAD) pro Kuh und Tag an ABS. Zusätzlich zu den Technikern schaut auch noch einmal pro Woche der Tierarzt vorbei und untersucht die Kühe (inkl. TU). Der große Aufwand lohnt sich, denn die Pregnancy Rate schwankt zwischen 27 und 31 %. Ein hervorragendes Ergebnis (zur besseren Einordnung: „normal“ sind 18 bis 22 %).
In den kommenden Jahren will die Familie die Kuhherde um weitere 60 Kühe aufstocken, den Stall verlängern und ein sechstes VMS im Kuhstall platzieren (Anmerkung: Zuvor müssen pro zusätzlicher Kuh noch rund 30.000 CAD in Milchquoten investiert werden!).
Auf meine abschließende Frage (Bitte), kurz die wichtigsten Punkte zusammen zufassen, die zu dem Erfolg  im Stall geführt haben, antwortete mir Meilink: Alles was du brauchst ist ein guter Fütterungsberater und ein guter Tierarzt. Du selbst musst dann nur noch dafür sorgen, dass die beiden auch zusammen arbeiten!“
Fruchtbarkeitskennzahlen

Fruchtbarkeitskennzahlen (Bildquelle: Elite Magazin)

Text: G. Veauthier