Nordmilch und Humana - Differenzen bei Fusion

Bei den Fusionsgesprächen zwischen den deutschen Molkereiunternehmen Nordmilch AG und Humana Milchindustrie GmbH sind Differenzen aufgetreten. Diese könnten "zu einem ernsthaften Problem werden", berichtet die Süddeutsche Zeitung (SZ).

"Kriegen wir das noch hin?" fagt einer, der die Verhandlungen gut kennt. Anscheinend treten bei den Fusionsverhandlungen zwischen Nordmilch und Humana größere Differenzen auf. Es gebe einen handfesten Konflikt und zwar um ganz zentrale Fragen". Dazu zählten unter anderem der künftige Name, die Rechtsform des neuen Unternehmens, vor allem aber der Standort des künftigen Firmensitzes. Das ist erstaunlich, denn schließlich kooperieren die beiden größten Molkereiunternehmen bereits seit 2005 in mehreren Bereichen eng miteinander.

Streit um Hauptsitz

Humana will angeblich im westfälischen Everswinkel bleiben, während Nordmilch aufgrund der guten Verkehrsanbindungen Bremen vorzieht. Da beide Firmen mit jeweils 50 % am neuen Konzern beteiligt sein sollen, wäre die Frage des Hauptsitzes entscheidend“ für die künftige Unternehmenskultur, zitiert die Zeitung Insiderkreise. Je nachdem, wo die Firma ihren Hauptsitz hat, hätte eine Partei das Gefühl, von der anderen übernommen worden zu sein, schreibt die SZ weiter.

Welche Rechtsform?

Hinzu komme die Frage der Rechtsform. Zwar seien beide Unternehmen genossenschaftlich organisiert, doch das operative Geschäft verantworte auf der einen Seite eine GmbH und auf der anderen eine AG. Strittig sei zudem die künftige Ausrichtung des Konzerns. Humana-Geschäftsführer Albert Grosse Frie setze bislang auf Handelsmarken und den deutschen Markt, während Nordmilch-Vorstandsvorsitzender Josef Schwaiger das Wachstum vor allem außerhalb Europas sehe.
 

Unterschiedliche Kulturen

Jede Seite befürchte zudem, dass die andere ihr die eigene Unternehmenskultur überstülpe, heißt es aus Unternehmenskreisen. Und die Kulturen könnten unterschiedlicher nicht sein – auch wenn beide genossenschaftlich organisiert sind. Humana hat den Ruf „patriachalisch“ geführt zu werden. Geschäftsführer Albert Große Frie, der in Everswinkel die Zügel fest in der Hand hält, hat bislang immer auf eine hohe Auszahlungsleistung gedrungen. Die Nordmilch gilt dagegen als stark gewinnorientiert. In den vergangenen Jahren fuhr das Unternehmen einen harten Sparkurs, weshalb die Milcherzeuger auch über einen langen Zeitraum weniger ausbezahlt bekamen als ihre Kollegen, die an benachbarte Molkereien lieferten. Hinzu kommt, dass der 66-jährige Große Frie wohl nicht daran denkt, sich aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen. Anders als man sich das bei der Nordmilch gedacht hat, will sich der Humana-Geschäftsführer nicht in den Ruhestand zurückziehen, sondern auch im neuen Konzern noch kräftig mitmischen. Das berichten laut SZ mehrere mit den Verhandlungen Betraute.

90 Arbeitsgruppen

Trotz aller „Missverständnisse“ sind laut einem Nordmilch-Sprecher die im Juni getätigten Aussagen zur Fusion jedoch weiterhin gültig. „Wir können es uns nicht leisten, dass diese Fusion nicht klappt“, wird Nordmilch-Chef Josef Schwaiger in der SZ zitiert. 90 Arbeitsgruppen würden derzeit den Ehevertrag vorbereiten. Demnach soll der Startschuss für das gemeinsame operative Geschäft der beiden Unternehmen im Januar 2011 fallen. Dies gelte vorbehaltlich der Zustimmung der Vertreter der genossenschaftlich organisierten Muttergesellschaften und der erforderlichen Genehmigung durch das Bundeskartellamt, welche kurzfristig beantragt werden solle. Die Vertreter der landwirtschaftlichen Mitglieder würden im Rahmen der ordentlichen Vertreterversammlungen über die Details der Fusion informiert, hieß es weiter.
siehe auch: Nordmilch und Humana fusionieren