Nord-Contor: Gemeinsam stärker?

Die beiden größten deutschen Molkereiunternehmen, die Nordmilch in Bremen und die Humana Milchunion in Everswinkel haben im vergangenen Jahr Gewinne erwirtschaftet. Künftig soll gemeinsam vermarktet werden – wird es Nord-Contor gelingen, höhere Milchauszahlungspreise durchzusetzen?

Nordmilch: 20 Mio. € Gewinn – aber geringe Auszahlungspreise
Humana: Einheitliche Milchgeldauszahlung für alle Lieferanten
Den Einkäufern von Aldi, Lidl und Konsorten in den Listungsgesprächen endlich mal Paroli bieten zu können, sich nicht mehr dem Preisdiktat der Discounter unterwerfen zu müssen, endlich mal höhere Preise durchsetzen können - die Erwartungen, welche die Milcherzeuger an das Nord-Contor stellen, sind sehr hoch, vielleicht sogar zu hoch. Sicher ist, dass Nord-Contor trotz der Bündelung von knapp sechs Milliarden Kilo Milch nicht einfach mal eben so höhere Preise in den Kühlregalen durchsetzen können wird, denn Marktanteile sind hierzulande oft nur noch über Preisschlachten zu gewinnen. Solange die Einkäufer denn auch auf alternative Angebote im In-und Ausland zurückgreifen können (Milch ist derzeit im Überfluß vorhanden), dürfte es den Molkereimanagern des Joint-Ventures von Nordmilch und Humana schwer fallen, die Erwartungen ihrer Lieferanten zu erfüllen.
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(Bildquelle: Elite Magazin)

Und selbst wenn es gelingen sollte, die Milch einige Cent teurer zu verkaufen, bleibt die Ungewissheit, ob die Molkereien die Margen komplett an ihre Rohstofflieferanten durchreichen werden. Denn sowohl Nordmilch als auch Humana benötigen dringend weiteres Kapital für weitere Strukturanpassungen und Investitionsmaßnahmen, auch wenn in beiden Konzernen die gröbsten Sanierungsmaßnahmen nunmehr abgeschlossen sind.
Im Norden wird das Joint-Venture, das am 23. Juni 2009 die operativen Geschäfte aufgenommen hat, überwiegend positiv beurteilt, kann es doch dazu beitragen, dass die Nordmilch beim Auszahlungspreisvergleich endlich Anschluss an das Mittelfeld findet. Nicht ganz so enthusiastisch" werden die Vertriebsaktivitäten des Nord-Contors in Westfalen begrüßt. Viele Humana-Milcherzeuger befürchten, dass sich ihre Milchpreise dem Nordmilchniveau anpassen könnten. Deshalb wird die von der Nordmilch immer wieder in Gespräch gebrachte Fusion der beiden Konzerne in Westfalen auch eher skeptisch betrachtet.

Nordmilch: 20 Mio. € Gewinn – aber geringe Auszahlungspreise

Die Nordmilch AG, Deutschlands größte Molkerei, hat das Geschäftsjahr 2008 mit einem Gewinn von 20,3 Mio. Euro abgeschlossen. Es scheint als würden sich die in den letzten Jahren durchgeführten Programme zur Kostenoptimierung jetzt auszahlen. Das Nordmilch-Management hat insgesamt zehn Standorte geschlossen und mit 2.000 Arbeitsplätzen knapp die Hälfte der Belegschaft abgebaut.
Der Konzern-Umsatz stieg um 200 Mio. € auf 2,5 Mrd. €. Dabei entfielen 47 % auf das Geschäft im deutschen Einzelhandel und Großverbraucherbereich, 38 % auf das nationale und internationale Industriegeschäft sowie 15 % auf den klassischen Export. Der Umsatzanteil des Auslandsgeschäfts konnte von rund 30 auf 40 % gesteigert werden.
Positiv entwickelt hat sich im vergangenen Jahr das Markengeschäft: „Wir beobachten, dass unsere Marke Milram gegen den allgemeinen Trend wächst. Auch mit der Entwicklung der Profitabilität sind wir zufrieden“, berichtet Vertriebschef Claus Fischer.
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(Bildquelle: Elite Magazin)

Mit 4,1 Mrd. kg Milch hat der Bremer Konzern etwa dieselbe Menge Milch verarbeitet wie im Vorjahr. Nur rund 2,5 Mrd. kg Milch lieferten dabei die Mitglieder der Nordmilch eG, der Rest stammt von verbundenen Unternehmen und Zukäufen. In 2009 will die Nordmilch ihr operatives Geschäft weiter ausbauen. Die Vertreterversammlung hat Ende Juni eine Verschmelzung mit der Molkereigenossenschaft Dargun Pommernmilch beschlossen. Dadurch wird das Unternehmen künftig 310.000 Tonnen Milch im Jahr mehr als bisher verarbeiten.
Derzeit profitiert die Nordmilch von der aktuellen Krise am Milchmarkt. Waren Anfang des Jahres per Ende 2009 noch 700 Mio. kg Milch „gekündigt“, so sind es zurzeit „weniger als 50 Mio., so ein Nordmilchsprecher.

Humana: Einheitliche Milchgeldauszahlung für alle Lieferanten

Die Humana Milchunion eG hat zusammen mit ihren Tochter- und Beteiligungsgesellschaften im Jahr 2008 einen Umsatz von 2,2 Mrd. € erzielt und liegt damit auf dem Niveaus des Vorjahres. Albert Große Frie, geschäftsführender Vorstand der Humana Milchunion eG, bezifferte auf der Vertreterversammlung der Genossenschaft die im Jahr 2008 im Konzern verarbeitete Milchmenge auf 2,6 Mrd. kg Milch. Damit wurden 100 Mio. kg Milch mehr verarbeitet als im Vorjahr. Insgesamt wurden je 27,1 % der Milch für die Konsummilchherstellung und für die Käseproduktion eingesetzt.
Die bereits im Jahr 2007 begonnene Umstrukturierung des Konzerns konnte laut Unternehmensangaben erfolgreich abgeschlossen werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2009 haben die Humana Milchunion eG, die Milchwerke Thüringen GmbH und die Küstenland Milchunion Mecklenburg-Vorpommern GmbH ihr operatives Geschäft auf eine gemeinsame Gesellschaft (Humana Milchindustrie GmbH) übertragen. Damit sind jetzt alle milchverarbeitenden Betriebe in einer Gesellschaft zusammengefasst. Damit wurde jetzt erstmals eine einheitliche Milchgeldauszahlung für alle Lieferanten realisiert.
Für weiteres Wachstum ist auch in diesem Jahr gesorgt: Rückwirkend zum 1. Januar 2009 wird die Milchveredelung Niedergrafschaft eG mit der Humana Milchunion eG in Everswinkel verschmolzen. Auch wird Humana das operative Geschäft der Molkereigenossenschaft Bad Bibra eG übernehmen. Die Milchverarbeitung im Humana Konzern steigt hierdurch um 425 Mio. kg Milch, der Umsatz um 152 Mio. €.