Nicht-Lieferbonus in der Diskussion

FrieslandCampina hat mit der Bonuszahlung für eine kurzfristige Reduktion der Milchmenge (ungewollt?) eine heftige Debatte angezettelt. Mittlerweile hat die Aktion nicht nur in der Molkereibranche Nachahmer gefunden, auch in Teilen der Politik scheint man über das Vorpreschen des niederländischen Molkereikonzerns sehr erfreut.

So fordern die grünen Länder-Agrarminister den Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt in einem offenen Brief auf, Vorschläge bei der EU-Kommission bis zum 27. Februar einzureichen, um den existenzbedrohten Milchkuhbetrieben zu helfen. Unter anderem fordern Sie den Ressortchef in Berlin auf, nach dem Vorbild der Molkerei Friesland Campina, Bonuszahlungen für Erzeuger einzufordern, sofern die Milchproduzenten die Milchmenge einschränken. Dafür sollen die Molkerei zwei bis fünf Cent je Liter Milch zahlen. „Die Molkereien dürften sich nicht wegducken, erklärt Wolfgang Reimer, Amtschef in Baden-Württemberg. Neben dieser Branchenlösung müsste die Bundesregierung aber noch finanziell eins drauf" legen, so Reimers.
Liquiditätshilfen und Lagerhaltung würden nicht ausreichen. Agrarminister Schmidt müsse weitere Vorschläge machen. „Wir wollen, dass die Bundesregierung mit europäischen und nationalen Mitteln den Betrag kofinanziert, den die Molkereien an ihre Erzeuger für die Nichterhöhung oder Senkung der Milchanlieferung zahlen. Damit wird die Branche in die Verantwortung genommen und die Milcherzeuger haben eine deutliche Milchpreiserhöhung“ erklärte Reimer gegenüber agrarzeitung.de.

Emmi honoriert Lieferverzicht

Inzwischen hat auch Emmi,die grösste Schweizer Molkerei, in einem Schreiben an ihre Lieferanten angekündigt, einen Lieferverzicht finanziell zu unterstützen. Emmi und alle ihre Lieferorganisationen verstünden die Notwendigkeit, die Produktion zu drosseln, heißt es. Mit einem Anreizsystem sollen die Bauern überzeugt werden, die Produktion zu drosseln. Die Teilnahme ist für die Produzenten freiwillig.
Emmi will einen Bonus von zehn Rappen pro Kilo Mindereinlieferung gegenüber dem Vorjahresmonat bezahlen. Die Maßnahme ist befristet für die Monate März und April 2016. Wurde die Produktion inzwischen aufgegeben, gibt es keine Entschädigung. Maximal bezahlt Emmi eine Prämie auf 50 Prozent der Menge im Vorjahresmonat.

Mengenbegrenzung auch in den USA

Auch in den USA wird inzwischen über eine Mengenbegrenzung diskutiert. So hat die Molkereigenossenschaft Land O’Lakes, die für 22 % der US-Milchmenge steht, hat unlängst Jahreswende eine Mengenbegrenzung in ihren Sammelgebieten im Osten der USA etabliert. Dort hatte das Unternehmen schon seit längerem Probleme mit den stark steigenden Rohstoffmengen. Jetzt plant die Genossenschaft auch in ihrem Einzugsgebiet im Mittleren Westen ab 2017 ein Programm zur Begrenzung der Anlieferung einzurichten. Dabei bekommen die Lieferanten eine Art Basismenge zugeteilt, die sich an den historischen Milchmengen orientiert. Die Farmer können weiterhin so viel anliefern wie sie wollen, doch werden sie bei schlechter Marktlage direkt an den Verwertungskosten für den zusätzlichen Rohstoff beteiligt. Farmer, die weniger als 90 % ihrer Basismenge liefern, können dagegen damit rechnen, dass die Basis neu angepasst und die entsprechende Menge an andere Farmer verteilt wird.

Molkereigenossenschaften gegen politische Mengensteuerung

Gegen eine Rückkehr zu einer politischen Mengensteuerung spricht sich entschieden – trotz des anhaltend hohen Drucks auf den globalen Milchmärkten – der Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes DRV, Manfred Nüssel, aus. Auch die Milchquotenregelung hätte starke Schwankungen der Produkt- und Erzeugerpreise nicht verhindern können“ so Nüssel in einer Mitteilung des DRV. „Gegen eine Mengensteuerung, auch wenn sie nur zeitweise erfolgen sollte, sprechen die mangelnde Effizienz auf offenen EU-Märkten, eine zu langsame Reaktion und der damit verbundene hohe Bürokratie- und Kontrollaufwand.“ Bei den genossenschaftlich organisierten Molkereien müssten vielmehr die Lieferbeziehungen zwischen den Molkereien und den Milcherzeugern geprüft werden, um zu einer höheren gegenseitigen Planungssicherheit bei Mengen und Preisen zu gelangen, empfiehlt der DRV-Präsident.
Ins gleiche Horn stößt der Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker. Dieser hatte zuvor einer staatlich kontrollierten Mengensteuerung auf dem europäischen Milchmarkt eine Absage erteilt. Damit beantwortete Juncker einen offenen Brief des European Milk Board (EMB), das für ein „Marktverantwortungsprogramm“ wirbt, bei dem im Falle von Übermengen produktionsstarke Erzeuger mit Strafzahlungen belegt werden sollen, während freiwillige Drosselungen honoriert würden.