Molkereigenossenschaften vor großen Herausforderungen

Auf welche Entwicklungen und Herausforderungen müssen sich die Milchviehhalter und ihre genossenschaftlich organisierte Molkerei bis zum Jahr 2020 einstellen? Diese Frage diskutierten Branchenexperten beim „Zukunftsforum Milch“ der Hochwald-Molkerei in Ochtendung.

Ca. 300 Milcherzeuger diskutierten mit externen Fachleuten über Herausforderungen und Perspektiven bis 2020. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Frage, auf welche Entwicklungen und Herausforderungen sich die Milchviehhalter und ihre genossenschaftlich organisierte Molkerei bis zum Jahr 2020 einzustellen haben. Die Referenten machten schnell deutlich: Auf die deutschen Milchverarbeiter kommen große Veränderungen zu. Um die Produktionsbasis zu sichern und nicht Marktanteile zu verlieren, ist es für die Molkereien unverzichtbar, neue Premium-Produkte, deren Mehrwert vom Verbraucher auch honoriert wird, zu entwickeln und verstärkt Milchprodukte zu exportieren. Angesichts des rückläufigen Konsums von Milch- und Molkereiprodukten im Inland sollten die deutschen Milchwerke zukünftig mehr denn je diese beiden Wege beschreiten, um auch künftig eine angemessene Wertschöpfung zu erlangen.

44 % der deutschen Milch wird exportiert

Der Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbandes (MIV), Eckhard Heuser, unterstrich die Bedeutung des Weltmarktes für die Erlöse der deutschen Milchbauern. Er erinnerte daran, dass rund 44 % der in Deutschland erzeugten Milch über die Molkereien ins Ausland exportiert würden. Einer Gesamtmenge von 12,6 Mio. t ausgeführter Milch pro Jahr stünden allerdings 10 Mio. t Importe gegenüber, so dass nur ein Nettoexport von gut 2,5 Mio. t verbleibe. Vehement wandte sich der MIV-Hauptgeschäftsführer gegen die Ansicht, der Export von Milchprodukten sei lediglich eine „Entsorgung von überschüssiger Milch zu Dumpingpreisen“. Gerade die Versorgung ausländischer Märkte mit hochwertigen und hochpreisigen Spezialitäten biete für die europäischen und speziell für die deutschen Molkereien große Chancen, Mehreinnahmen auch für die Landwirte zu erzielen. Nach Angaben von Heuser geht der Löwenanteil der deutschen Milchexporte in andere EU-Mitgliedstaaten; auf Drittländer entfielen kaum mehr als 15 %. Unter letzteren spiele Russland eine besondere Rolle. Auch nach Asien gingen nennenswerte Mengen, wohingegen andere Kontinente eine eher untergeordnete Rolle spielten.

Marktanteil Discounter stagniert

Eine detaillierte Analyse des deutschen Marktes für Molkereiprodukte lieferte Dietmar Pech-Lopatta von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg. Erstmals scheine der Marktanteil der Discounter an der verkauften Menge zum Stillstand gekommen zu sein, sagte der Experte. Der im vergangenen Jahr gemessene Marktanteil von 48 % habe sich gegenüber 2008 nicht verändert. Pech-Lopatta konstatierte, dass Molkereibetriebe Wachstum im Grunde nur noch über eine höhere Wertschöpfung generieren könnten. Beispiele aus den vergangenen Jahren belegten, dass dies möglich sei. So liege der Anteil laktosefreier Milchprodukte am Gesamtverkauf mittlerweile deutlich über dem Niveau, das dem Anteil laktoseunverträglicher Personen entspreche. Vor allem ältere Menschen seien für die Milchwerke auch zukünftig eine interessante Zielgruppe, stellte der GfK-Mitarbeiter fest. Allerdings sollten gerade die Haushalte mit Kindern von den Marketingexperten nicht vernachlässigt werden. Hier gelte es, die Konsumenten der kommenden Jahrzehnte an Milch und Milchprodukte zu gewöhnen.

Milchbauern sollten in Vermarktung investieren

Dass die Finanzierung von Wachstumsinvestitionen auch für Milchverarbeiter zum Problem werden kann, machte Sebastian Wolff von der Rabobank International deutlich. Gerade genossenschaftlich organisierte Unternehmen stehen ja im Spannungsfeld einer von den Mitgliedern gewünschten hohen Milchgeldauszahlung und einer gesunden Eigenkapitalstruktur. Dazu skizzierte er die grundsätzlichen Möglichkeiten der Eigen- und Fremdfinanzierung und kam zu dem Schluss, dass Genossenschaften grundsätzlich mehrere Möglichkeiten haben, das Geld ihrer Mitglieder zu nutzen. Zusätzliches Kapital könne über
  • die Aufstockung von Geschäftsanteilen,
  • die Bildung von Rücklagen,
  • die Nutzung stiller Reserven
  • oder auch über Genussrechtskapital

  • die Aufstockung von Geschäftsanteilen,
  • die Bildung von Rücklagen,
  • die Nutzung stiller Reserven
  • oder auch über Genussrechtskapital

beschafft werden. Problematisch sei aber in allen Fällen, dass das Ziel einer möglichst hohen Milchgeldauszahlung an die Landwirte der Vermögensbildung im Unternehmen entgegenstehe. Laut Wolff sind längst nicht alle Bauern bereit, ihren Molkereien weitere Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Dieser Widerwille sei in Deutschland besonders ausgeprägt. Internationalen Genossenschaften sei es hingegen offenbar gelungen, die Landwirte von der Notwendigkeit einer weiteren Eigenfinanzierung zu überzeugen. Keinen Zweifel ließ der Firmenkundenbetreuer daran, dass die zunehmende Volatilität der Märkte eine stabile Finanzierungsbasis von Molkereien nötig mache. Landwirte, die auch in Zukunft weiter wachsen wollten, müssten sich daher an den Gedanken gewöhnen, in die Vermarktung ihrer Milch zu investieren!
Molkereigenossenschaften

(Bildquelle: Elite Magazin)