Milchmarkt 2010: Mit vorsichtigem Optimismus ins Neue Jahr

Vieles spricht mittlerweile dafür, dass es sich bei der im Herbst 2009 eingetretenen Festigung des Milchmarktes nicht nur für eine vorübergehende saisonale Erscheinung handelt. Die Markt-Tendenzen werden voraussichtlich auch in der ersten Jahreshälfte vorherrschen – und die ist meistens entscheidend, argumentiert Erhard Richarts, der Vorsitzende des Kieler Informations- und Forschungszentrum für Ernährungswirtschaft (ifE).

Für das Jahr 2010 rechnet der Experte mit folgenden Entwicklungen am Milchmarkt:
  • Das Preisniveau wird sich von dem des Vorjahres nach oben abheben (die Ausgangslage ist schon zum Jahresbeginn günstiger als Anfang 2009, weil der Markt nicht mit strukturellen Überschüssen aus dem Vorjahr belastet ist).
  • Staatliche Maßnahmen, in der Hauptsache die Intervention, werden für erheblich geringere Mengen in Anspruch genommen und dies vermutlich über kürzere Zeiträume.
  • Das in Euro ausgedrückte Preisniveau am Weltmarkt wird mehr als 2009 die Märkte, das Preisniveau sowie die Preisschwankungen beeinflussen.

Diese relativ optimistische Prognose für 2010 gilt unter folgenden Annahmen: Die Milcherzeugung in der EU wächst nur wenig. Die Nachfrage am Binnenmarkt stabilisiert sich und der Export nach Drittländern erholt sich weiter.
  • Das Preisniveau wird sich von dem des Vorjahres nach oben abheben (die Ausgangslage ist schon zum Jahresbeginn günstiger als Anfang 2009, weil der Markt nicht mit strukturellen Überschüssen aus dem Vorjahr belastet ist).
  • Staatliche Maßnahmen, in der Hauptsache die Intervention, werden für erheblich geringere Mengen in Anspruch genommen und dies vermutlich über kürzere Zeiträume.
  • Das in Euro ausgedrückte Preisniveau am Weltmarkt wird mehr als 2009 die Märkte, das Preisniveau sowie die Preisschwankungen beeinflussen.

Milchaufkommen stagniert

2010 wird die weltweite Milchproduktion nur in einem bescheidenen Umfang wachsen – wenn überhaupt: In der EU wird seit September weniger Milch als jeweils im Vorjahr erzeugt. In Deutschland ist es seit dem Herbst zumindest mit der Expansion vorbei. Lediglich in den Niederlanden und Dänemark wurde im Herbst 2009 noch mehr Milch an Molkereien geliefert, in allen anderen EU-Ländern sind Stagnation oder teilweise sogar deutliche Rückgänge erkennbar. Die niedrigen Milchpreise haben vermutlich manchen Milcherzeuger entmutigt und viele andere veranlasst, weniger intensiv zu produzieren. Während des Frühjahrs und des Sommers war dies nicht so gut erkennbar, weil überwiegend günstige Wetter- und Vegetationsbedingungen in den meisten Gebieten Europas schon relativ hohe Milchleistungen aus dem Grundfutter ermöglichten.
In Ozeanien, vor allem Australien, bleibt die Milcherzeugung hinter den Erwartungen deutlich zurück. In den USA wird seit dem Herbst 2009 erstmals nach einer Reihe von Jahren mit stetem Wachstum wieder weniger Milch erzeugt. Die Prognosen für 2010 deuten auf eine längere Unterbrechung des Wachstums hin. In den wichtigsten Ländern Lateinamerikas (Argentinien, Mexiko und Brasilien) zeigen sich teils Stagnation teils sogar Rückgänge. Indien erzeugt von Jahr zu Jahr mehr Milch; angesichts der wachsenden Bevölkerung bleibt von diesem Wachstum nur selten mehr für den Export übrig. Widersprüchliche Informationen kommen aus China, was die Erzeugung betrifft. Nach dem Melamin-Desaster soll die Erzeugungsstruktur radikal umgekrempelt werden. Steigende Milchpulverimporte lassen zurzeit eher Stagnation oder sogar eine schrumpfende Erzeugung vermuten. In Russland erhofft man sich von einer verstärkten Förderung der Milcherzeugung eine bessere Versorgung des Binnenmarktes aus eigener Produktion, aber alles vollzieht sich in kleinen Schritten. Die Ukraine scheint sich als Player am internationalen Markt wegen rückläufiger Erzeugung immer mehr zu verabschieden. Ackerfrüchte sind dort lukrativer.
Dem „stagnierenden“ bzw. nur langsam steigendem Milchaufkommen steht vermutlich ein schnelleres Wachstum der weltweiten Nachfrage gegenüber. Besonders an den internationalen Märkten wird die wirtschaftliche Erholung, wenn sie sich fortsetzt, die Nachfrage weiter beleben. Da Amerika, Ozeanien und Argentinien weniger exportieren können, wird der Bedarf stärker von der EU gedeckt werden müssen, was zu einer deutlichen Entlastung des EU-Marktes führen wird. Zurzeit ist allerdings das Neugeschäft für den Drittlandsexport wegen der auf Null gesetzten Erstattungen erschwert: Die Preise am europäischen Binnenmarkt sind höher als am internationalen Markt.

Milchauszahlungspreise: Nicht zu hohe Erwartungen

Wieder im Ungleichgewicht sind die verschiedenen Verwertungen der Milch, was an den unterschiedlichen Kontraktlaufzeiten liegt. Ende 2009 zu Tagesnotierungen verkaufte Butter und Magermilchpulver erzielen die höchste Verwertung und auch mehr als die im November eingetretenen Erhöhungen für Trinkmilch erwarten lassen. Noch weiter im Rückstand gegenüber der Butter/Magermilchpulver-Verwertung liegt die Käseherstellung. Am Spotmarkt für Milch, Rahm und Magermilchkonzentrat sind die Preise im Dezember deutlich zurückgegangen. Dies ist zumindest teilweise auf die saisonalen Besonderheiten zum Jahresende zurückzuführen. Ob damit schon das Ende der Phase steigender Preise auch für Milchpulver und Butter oder sogar eine Umkehrtendenz eingeläutet wird, lässt sich frühestens ab Mitte Januar besser beurteilen.
Milchmarkt 2010

(Bildquelle: Elite Magazin)

Ihren jeweiligen Produktionsprogrammen entsprechend werden die Molkereien jedoch in der Lage sein, die Auszahlungsleistungen gegenüber dem Jahr 2009 zu verbessern. Für den Jahresbeginn sollten nicht zu hohe Erwartungen geweckt werden: Die Preise für Käse und Konsummilch sind kaum höher als Anfang 2009. Besser sind jedoch die Aussichten dafür, dass man diese Preise über das angebotsstarke Frühjahr hinweg halten und im weiteren Verlauf vielleicht auch höhere wird durchsetzen können. Letzteres setzt voraus, dass Butter und Magermilchpulver relativ teuer bleiben und damit gute Argumente liefern, mit höheren Preisen für Käse, Konsummilch etc. das Gleichgewicht der Verwertungen durch Anpassungen nach oben herzustellen. Dabei ist sicher auch eine Preispolitik mit Augenmaß gefordert, um die Erholung der Absatzmärkte nicht aufs Spiel zu setzen. Dass die Preise für Butter und Magermilchpulver oder für eines der beiden Produkte zurückgehen, ist auch nicht auszuschließen, zumal sie ja reichlich Spielraum oberhalb des Interventionsniveaus haben. Dann wird man das derzeitige Niveau im weißen Sortiment im besten Fall gerade halten können.