Milchwirtschaftliche Kundgebung Rendsburg

Milchlieferbeziehungen erneut kontrovers diskutiert

Stabilere Milchauszahlungspreise wollen alle. Doch für den Weg dahin werden nach wie vor verschiedene Richtungen vorgeschlagen. Eine große ganze Lösung für alle dürfte es, den verschiedenen Ansichten der Milchmarktexperten auf der Milchwirtschaftlichen Kundgebung in Rendsburg nach, nicht geben.

Die zukünftige Ausgestaltung der Milchlieferbeziehungen zwischen Erzeugern und Molkereien sowie die Rolle der Verarbeiter insgesamt wurden am vergangenen Mittwoch (6.9.) bei der „Milchwirtschaftlichen Kundgebung“ in Rendsburg kontrovers diskutiert.
  • Hohe Wertschöpfung, gesunde Strukturen & geregelte Mengen

  • Hohe Wertschöpfung, gesunde Strukturen & geregelte Mengen

Der Milchpräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Karsten Schmal, betonte mit Blick auf die Höhe des Milchpreises, dass es dabei vor allem auf die Wertschöpfung in der Vermarktung ankomme. Die bayrischen Privatmolkereien seien deshalb meist besser durch die Milchkrise gekommen als andere Wettbewerber. Fusionen von Molkereien könnten die Leistungsfähigkeit stärken, seien aber kein Allheilmittel. „Wenn zwei Blinde fusionieren, wird kein Sehender daraus“, so Schmal. Wichtig sei auch, dass genossenschaftliche Molkereien wüssten, wieviel Milch komme. Erzeuger könnten nicht einfach „ihren Stall spiegeln“ und mehr Rohstoff anliefern und dann erwarten, dass die Genossenschaft damit etwas anfange.
  • Kürzere Kündigungsfristen könnten Unsicherheit schaffen

  • Kürzere Kündigungsfristen könnten Unsicherheit schaffen

Dem Geschäftsführer des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), Dr. Thomas Memmert, zufolge machen Zusammenschlüsse nur Sinn, wenn sie gut umgesetzt werden und das Produktportfolio passt. Die Andienungspflicht und die Abnahmegarantie dürften jedoch nicht komplett zur Diskussion stehen. „Wir brauchen keine Revolution bei den Milchlieferbeziehungen, sondern eine Evolution“, betonte Memmert. Man dürfe den Einfluss der Lieferbeziehungen auf den Preis nicht überschätzen, und kürzere Kündigungsfristen könnten Unsicherheiten schaffen.
  • Der Markt regelt die Preise; politische Markteingriffe fördern Ungleichgewicht

  • Der Markt regelt die Preise; politische Markteingriffe fördern Ungleichgewicht

Der Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, Werner Schwarz, stellte klar: „Der Markt bestimmt die Preise - sowohl die schlechten als auch die guten.“ Politische Markteingriffe hätten auch negative Nebeneffekte, wie man an den hohen Lagermengen von Milchpulver nach den Interventionskäufen in der Krise sehe. Das Ziel einer Modernisierung der Lieferbeziehungen müssten verlässliche Auszahlungspreise sein, die weniger risikoanfällig seien, ohne dass zu stark von außen in den Markt eingegriffen werde.

Sind schuldrechtliche Lieferverträge sinnvoll?

Der Vorsitzende des MEG Milch Board, Peter Guhl, zeigte sich von den Vorteilen einer vertragsgebundenen Produktion mit festen Liefermengen und Preisen überzeugt. Schuldrechtliche Verträge hätten bessere Auszahlungspreise zur Folge. „Eine Molkereiquote wie in Frankreich wollen wir zwar nicht, aber ein Deckel ist gut“, so Guhl. Kritisch sieht er Bestrebungen, mit mehr Markenprodukten zu höheren Preisen zu gelangen, denn das verursache zunächst hohe Investitionskosten.
Nach Einschätzung von Joachim Burgemeister vom Genossenschaftsverband in Rendsburg erhöhen schuldrechtliche Verträge das Milchpreisniveau im Mittel indes nicht, sondern allenfalls für Großbetriebe. Zudem glaube er auch nicht, dass die Landwirte Interesse daran hätten, sich im Rahmen dieser Verträge von ihren Molkereien Änderungen oder die komplette Kündigung ihrer Liefermenge vorschreiben zu lassen. Chancen sieht Burgemeister im Export auf den Weltmarkt, denn die Märkte in Deutschland und Europa seien übersättigt.

Sind verkürzte Kündigungsfristen wirklich entscheidend?

Der Vorsitzende der Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes, Dr. Felix Engelsing, monierte indes, dass die Molkereiwechselquote der Erzeuger mit 1 % im Jahr 2015 „sehr niedrig“ gewesen sei. Zu begrüßen sei deshalb die auf ein Jahr verkürzte Kündigungsfrist des Deutschen Milchkontors (DMK). „Wenn die Handlungsfreiheit der Erzeuger erhöht wird, erhöht es auch den Wettbewerb“, erklärte Engelsing.
Für den Vorsitzenden der die Tagung organisierenden Milcherzeugervereinigung Schleswig-Holstein, Peter Lüschow, ist es als Erzeuger jedoch nicht ausschlaggebend, ob die Kündigungsfrist ein halbes oder ein ganzes Jahr betrage, denn es komme auf den langfristigen Plan des Marktpartners an. Es sei auch ungerechtfertigt gewesen, den Molkereien in der Krise allein die Schuld an den schlechten Auszahlungspreisen zu geben, denn dafür habe es sicherlich mehrere Gründe gegeben.
Quelle: AgE
Bearbeitet: Berkemeier