Kanadischer Molkereiboss wirft EU-Genossenschaftsmolkereien verantwortungsloses Handeln vor.

Lino Saputo, CEO des gleichnamigen Molkereikonzerns, hat auf der Australian Dairy Conference in Melbourne die Genossenschaftsmolkereien in der EU und in Neuseeland scharf angegriffen. Sie würden unverantwortlich handeln, indem sie immer wieder zu viel Milch auf den Markt schütten würden.

Ein Molkereiunternehmen müsse sich seiner Marktverantwortung bewusst sein. Die Märke mit Milch zu fluten, ohne dass diese Mehrmilch Abnehmer finde, sei unverantwortlich. Hin zu kommt, dass in der Regel die Übermilch nur zu günstigen Massenprodukten verarbeitet werde, was wiederum preisdämpfend wirkt. Es wiederspreche zudem der ethischen Verantwortung einer guten Unternehmensführung! Die globale Nachfrage nach Milchprodukten wächst jährlich um 1,5 bis zwei Prozent. Mehr Milch dürfe deshalb auch nicht auf den Markt gelangen, so Saputo. „Das reicht um der gesamtem Milchbranche einen guten Einkommenszuwachs zu verschaffen!“

Allzuoft werden zu schnell zu viele Verarbeitungskapazitäten aufgebaut

Insbesondere den europäischen Genossenschaftsmolkereien warf er vor, zunächst Verarbeitungskapazitäten aufzubauen ohne sich um den Absatz zu kümmern. Sind die Verarbeitungskapazitäten erstmal vorhanden, werde versucht die Milchbauern zu überreden, mehr Milch anzuliefern um die Werke auszulasten („there’s a lack of leadership“). Das verhalten führe letztlich nur zu  einer Vorratslagerung (Intervention) und wenig später zu sinkenden Milchpreisen. Einzig FrieslandCampina (FC) nahm der CEO von seiner Kritik aus. Mit der erneuten Ankündigung, bei starker Überlieferung der Milchwerke, keine zusätzlichen Milchmengen anzunehmen, habe man bei FC den richtigen Weg beschritten.
Saputo selbst erklärte, dass die eigenen Milchwerke zu 98 % ausgelastet seien. Obwohl das Unternehmen rasant gewachsen sei, habe man immer darauf geachtet, keine Überkapazitäten zu entwickeln. Das bedeute aber nicht, dass die Milchlieferanten nicht wachsen könnten. Im Gegenteil, auf allen Märkten gehöre sein Unternehmen zu den besten Auszahlern. Betriebliches Wachstum sei auch immer durch die vielen Investitionen und Übernahmen anderer Molkereien durch Saputo möglich.
Unternehmreische Grundsätze von Saputo

(Bildquelle: Elite Magazin)

„Wer loyal zu uns ist, zu dem sind wir auch loyal.“

Zum Verhaltens-Kodex eines Molkereikonzerns gehöre auch, dass man seine Lieferanten langfristig an sich bindet und ihnen die Möglichkeit gibt, vom Erfolg der Molkerei zu profitieren. „Wer loyal zu uns ist, zu dem sind wir auch loyal.“ Will heißen, wer Saputo die Treue hält, muss nicht damit rechnen, dass ihm der Liefervertrag gekündigt wird, wenn z.B. ein Milchwerk geschlossen wird. Im Gegenteil, er kann bei nächster Gelegenheit und guter Marktlage sogar mehr Milch abliefern. Milchfarmer, die desöfteren die Molkerei wechseln, will Lino Saputo erst gar nicht an sich binden. „Wir denken in Generationen!“

Nummer 9 weltweit

Saputo ist ein 1954 in Montreal ansässiges kanadisches Molkereiunternehmen. Es ist das größte Molkereiunternehmen in Kanada, das drittgrößte in Argentinien und das viertgrößte in Australien (Nummer 9 weltweit). Etwa ein Drittel des Umsatzes von insgesamt 7,6 Mrd. Euro wird in den USA generiert.
Historie: 1950 immigrierte der Großvater von Lino Saputo Jr, Giuseppe Saputo, von Italien nach Nordamerika. Da ihm und seiner Familie die Einreise in die USA verwehrt wurde, zog die Familie kurzerhand nach Kanada. Dessen Sohn Lino (sen), der Vater des aktuellen CEO startete 1952 als 17 jähriger mit 500 $ Startkapital, das er sich am Wochenende bei Auftritten mit einer Musikkapelle verdient hatte, als Subunternehmer in einer Molkerei sein eigenes Unternehmen. Zwei Jahre später wurde die Käserei der Familie Saputo gegründet. Zu diesem Zeitpunkt begann das Geschäft mit Pizzen in Nordamerika zu florieren, Saputo lieferte den dazu benötigten Käse. Ein Netzwerk an Handelsvertretern, das im gesamten Land installiert wurde, sorgte für den überregionalen Absatz. In den 60iger Jahren begann Saputo damit, andere Molkereien zu übernehmen. Schon bald war der Name Saputo untrennbar mit dem Mozarella verbunden, der sich auf den Pizzen wiederfand.
Ende der 1990iger Jahre entschied sich die Familie, die damals neun Molkereien führte, an die Börse zu gehen und die Leitung des Unternehmens zu professionalieren. Heute gehören zum Saputo-Konzern 52 Molkereien, 22 in Kanada, 26 in den USA sowie je zwei in Argentinien und in Australien.
Text: G. Veauthier