Cornell Nutrition Conference

Jedes Gramm zählt!

Je mehr die Kühe vor dem Abkalben reinhauen, desto mehr Milch geben sie in der nachfolgenden Laktation,desto gesünder bleiben sie und desto fruchtbarer sind sie! Wie lässt sich die Kühe überzeugen, stetig zu fressen? Auf der Cornell Nutrition Conference warteten Wissenschaftler mit interessanten Tipps auf.

Die Höhe der Futteraufnahme der Milchkuh in der Transitphase entscheidet nicht nur über die Milchleistung in der nachfolgenden Laktation sondern auch über deren Gesundheitszustand und die Fruchtbarkeitsleistung. Deshalb drehte sich auf der diesjährigen Cornell Nutrition Conference auch fast alles um das Thema Futteraufnahme. Welche „Tricks“ können wir noch anwenden, um die Tiere zu animieren, möglichst viel Trockenmasse aufzunehmen? Das sagen die Experten:

Das Liegen hat oberste Priorität, dann erst kommt die Futteraufnahme

Trevor DeVries (Universität Guelph, Kanada): Kühen muss die Möglichkeit eingeräumt werden, möglichst lange am Futtertisch zu verweilen und dort in Ruhe zu fressen. Denn nur wenn sich die Tiere nicht gestresst fühlen, werden sie große mengen Futter aufnehmen. Aus neuen Fütterungsversuchen lässt sich ableiten, dass mit jeden zusätzliche zehn Minuten Fressdauer die Trockenmasseaufnahme um ca. 200 g ansteigt.
DeVries1

Mit jeden zusätzlichen zehn Minuten Fressdauer steigt die Trockenmasseaufnahme um ca. 200 g an. (Bildquelle: Elite Magazin)

DeVries wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Kühe bei Zeitmangel zunächst versuchen, die Liegepausen einzuhalten. Die Tiere versuchen 13 bis 14 Stunden zu liegen, erst wenn sie das Gefühl haben, ausreichend lange geruht zu haben, dängt es sie wieder zum Futtertisch. Deshalb sollte eine Überbelegung im Stall möglichst vermieden und auch die Liegeboxenpflege nicht vernachlässigt werden.
Wichtig, um die Kühe anzulocken, ist die mehrmalige tägliche Futtervorlage. Nichts animiert die Tiere so sehr sich Richtung Futtertisch zu bewegen wie die Vorlage frischen Futters. Da sich eine mehrmalige Futtervorlage in aller Regel (mit Ausnahme von Großbetrieben) aber schwierig umsetzen lässt, sollte das Abladen des frischen Futters möglichst erst drei Stunden nach den Melkzeiten erfolgen. So lässt sich zweimal täglich ein zusätzlicher Reiz erzeugen. Die zweimalige Futtervorlage, verbunden mit einem regelmäßigen Nachschieben des Futters, sorgt für stabile pH-Verhältnisse im Pansen – sofern die Ration ordentlich gemischt wird!
Besonders das Einmischen von Stroh kann sich hier kontraproduktiv aus wirken, In einem kürzlich abgeschlossenen Fütterungsversuch konnte nachgewiesen werden, dass 5 bis 7,5 cm lang geschnittenes Stroh zu deutlichen pH-Schwankungen führen kann im Vergleich zu kurz geschnittenem Stroh (2,5 cm). Das hatte zur Folge, dass der Zeitraum, indem der pH-Wert des Pansens unter die kritische Schwelle von 5,8 abgesunken ist, deutlich kürzer ausgefallen ist (bis zu 75 Minuten täglich). Das stabilere Pansenmilieu wirkte der Tiere in der „Kurzstrohgruppe“ wirkte sich auch leistungssteigernd aus: In den ersten 28 Laktationstagen gaben die Kühe rund 78 kg mehr Milch.
Butler

Die bei einer NEB entstehenden Stoffwechselprodukte schädigen später selbst noch die Embryonen (carry over-Effekte). (Bildquelle: Elite Magazin)

Desweiteren empfahl deVries noch Hefe zu füttern und – wenn möglich – die Erstlaktierenden in deiner separaten Gruppe aufzustallen. Beide Maßnahmen wirken sich erwiesenermaßen positiv auf die Futteraufnahme aus.

Geringe Futteraufnahme schadet den Embryonen

Ron Butler (Cornell Universität, USA) wies in seiner Präsentation auf die Auswirkungen einer zu geringen Trockenmasseaufnahme in den letzten Trächtigkeitswochen hin. Kühe, die in dieser Phase nicht ausreichend fressen, zeigen zu Laktationsbeginn eine ausgeprägtere und verlängerte negative Energiebilanz (NEB) und eine deutlich schlechtere Fruchtbarkeit. Hintergrund ist, dass eine suboptimale Nährstoffzufuhr in der Vorbereitungsphase Entzündungsprozesse in der Leber auslösen kann (- oxidativer Stress). Die dabei entstehenden Stoffwechselprodukte schädigen die Fortpflanzungsorgane der Kuh und schädigen später selbst noch die Embryonen (carry over-Effekte). Die Auswirkungen solcher Entzündungen sind bis zu drei Monaten lang nachweisbar. Butler empfiehlt deshalb, neben der Optimierung des Herdenmanagements in der Transitphase, die Genomics zu nutzen, um verstärkt auf gute Fressertypen zu selektieren. Denn so lässt sich die Futteraufnahme „steigern“, die Immunität der Kühe stärken und somit  letztlich auch die Tiergesundheit und Fruchtbarkeit verbessern.
Lock

Werden C16:0 mit C18:1 Fettsäuren verschnitten, steigt nicht nur die Milchleistung sondern die Kühe verlieren auch kein Gewicht. (Bildquelle: Elite Magazin)

Nicht alle Fette eigenen sich für Frischlaktierer

Adam Lock (Michigan State Universität, USA) befasste sich in seinen Ausführungen mit der Fütterung von Fett an Frischlaktierer. In der Praxis seien widersprüchliche Erfahrungen gemacht worden. In einige Milchfarmen führte eine Fettzulage zu einer Verbesserung der Energiebilanz und somit auch zu höheren Milchleistungen (Inhaltsstoffen), andere berichteten von einem Rückgang der Futteraufnahme bei Fettzulagen. Das gleiche Bild zeichnet sich auch bei der Durchsicht der wissenschaftlichen Literatur ab.
Mittlerweile scheint ein Erklärungsansatz gefunden zu sein: fett ist nicht gleich Fett. Je nach Zusammensetzung der Fette (Fettsäuren) scheinen diese unterschiedlich zu wirken. So scheinen C16:0 Fettsäuren milchfördernd sein, allerdings geht dies mit einem verstärkten Gewichtsverlust der Kühe einher. Werden die C16:0  mit  C18:1 Fettsäuren verschnitten, steigt nicht nur die Milchleistung sondern die Kühe verlieren auch kein Gewicht.
BMR

Die mit dem hochverdaulichen BMR-Mais gefütterten Kühe haben mehr Trockenmasse aufgenommen, was u.a. zu einer höheren Milchleistung führte. (Bildquelle: Elite Magazin)

Verdaulichkeit von Grundfutter ist entscheidend

S. LaCount (Cornell Universität, USA): Mit der Frage, wieviel Faser frischbagekalbte Milchkühe benötigen befasst sich derzeit eine Arbeitsgruppe in Ithaca (Cornell Universität). Um diese Fragen zu klären wurden jüngst mehrere Fütterungsversuche durchgeführt.
In Versuch 1 (56 Kühe) wurden den Frischlaktierern eine „faserarme“ Ration (enthielt 21,5 % peNDF) sowie eine „faserreiche“ Futtermischung (25,0 % peNDF) vorgelegt. Schon jetzt lässt sich absehen, dass sich in den ersten (vier) Laktationswochen der Gehalt an unverdaubarer NDF (uNDF) zwischen 0,29 und 0,35 % des Körpergewichtes einer Milchkuh einpendeln sollte (umgerechnet etwa 9,5 bis 11 % der TM in der Ration).
Im zweiten Versuch (85 Kühe) wurde eine hochverdauliche (BMR) gegen eine „normale“ Maissilage getestet. Ergebnis: Der mit dem BMR-Mais gefütterten Kühe haben mehr Trockenmasse aufgenommen, was sich in einer höheren Milchleistung und geringeren NEFA- und BHB-Werten (geringere Stoffwechselbelastung) widerspiegelte.
BMR

Die mit dem hochverdaulichen BMR-Mais gefütterten Kühe haben mehr Trockenmasse aufgenommen, was u.a. zu einer höheren Milchleistung führte. (Bildquelle: Elite Magazin)

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in milchleistungsstarken Herden der Trockenmasseaufnahme der Kühe in der Transitphase eine enorme Bedeutung zukommt. Es sollte alles unternommen werden, um die Kühe „am fressen zu halten“. Dazu zählen die Wissenschaftler auch den Einsatz von Sensoren zum Monitoring der Wiederkaudauer und von Stoffwechselparametern. Denn schon geringe Abweichungen vom Optimum können die fragile Stoffwechselvorgänge zum entgleisen bringen.
Weitere, ausführlichere Informationen von der Cornell Nutrition Conference 2017 demnächst in Elite.
Autor: Gregor Veauthier