Schleswig-Holstein

Fütterung optimieren - Nachhaltigkeit verbessern

Wie nachhaltig ist die Milcherzeugung in Schleswig-Holstein? Um dies herauszufinden und daraus Rückschlüsse für eine nachhaltigere Milcherzeugung ziehen zu können, hat das Thünen-Institut Betriebsdaten ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass kleine Schritte wie eine Optimierung der Düngung oder Fütterung die Nachhaltigkeit positiv beeinflussen können.

Wie nachhaltig ist die Milcherzeugung? Wie kann den Fragen einer zunehmend kritischen Öffentlichkeit, speziell in Bezug auf die Tierhaltung, mit konkreten Aussagen über die Situation auf den Betrieben begegnet werden?
Um diese Fragen beantworten und eine Status-quo-Analyse der schleswig-holsteinischen Milchviehbetriebe erstellen zu können, hat das Thünen-Institut für Betriebswirtschaft zusammen mit der Micherzeugervereinigung Schleswig-Holstein und dem Genossenschaftsverband, Betriebsdaten ausgewertet. Hierbei wurden Daten zur Nachhaltigkeit bei den Themen Ökologie, Tierwohl, Soziales und Ökonomie erhoben. Den Fragebogen zu diesen Themen erhielten insgesamt 1.170 Milchviehbetriebe. Der Rücklauf betrug 573 Bögen, was einer Rücklaufquote von 49% entspricht. Die 573 Betriebe, die den Fragebogen zurückschickten, entsprechen 12,7% aller Milchviehbetriebe in Schleswig-Holstein. Im Durchschnitt hielten diese Betriebe 89 Kühe und bewirtschafteten 104 ha.

Ökologie

Um die Nachhaltigkeit im Bereich Ökologie ermitteln zu können, wurden die Betriebe nach dem Anteil an Dauergrünland befragt. Die meisten Milchviehbetriebe haben einen Dauergrünlandanteil von 20 bis 60%. Der Anteil extensiv bewirtschafteten Dauergrünlands am gesamten Dauergrünland beträgt 7%. Da Dauergrünland den Boden vor Austrocknung und Erosion schützt, wollte das Institut wissen, wie viel Hektar in der Vergangenheit zu Ackerland umgebrochen wurde. Von den befragten Betrieben haben 22% in den letzten fünf Jahren einen Teil des Dauergrünlands umgewandelt (585 ha). 78% der Betriebe glich diesen Umbruch allerdings wieder durch neu angelegte Grünlandflächen aus.
Die Art der Gülle- und Mistlagerung hat großen Anteil an den Ammoniakverlusten, die während der Lagerung entstehen.Um einen unerwünschten Nährstoffeintrag in den Boden bzw. Gewässer zu verhindern, sollte Festmist auf einer dichten Bodenplatte gelagert werden. 82% der befragten Betriebe lagerten den gesamten Mist auf einer Bodenplatte. Bei 15% erfolgte dies zumindest zum Teil. Die Ammoniakverluste bei der Lagerung von Gülle werden entscheidend durch den Austausch mit der Umgebungsluft beeinflusst. Deshalb ist vor allem die Größe der Austauschfläche mit der Luft maßgebend für die Verluste. Eine Reduktion der Ammoniakverluste und damit eine Verbesserung der Nachhaltigkeit lässt sich deshalb z.B mit der Abdeckung des Güllelagers erreichen. 95% der Betriebe lagern ihre Gülle in Behältern. Jedoch decken das Güllelager nur 9% der befragten Betriebe ab. 70% der Betriebe verfügen über eine Lagerkapazität von sechs bis acht Monaten. Knapp 18% können die Gülle sogar neun Monate lagern. 13% der Befragten verfügen über eine Lagerkapazität von weniger als sechs Monaten (Übersicht 1).

Güllelagerung

(Bildquelle: Elite Magazin)

Daneben hat die Gülleausbringungstechnik  entscheidend Einfluss auf die Ammoniakverluste. 72% der Betriebe bringen die Gülle bodenfern, 22% bodennah und 6% direkt in den Boden aus.
Auch der Energieverbrauch im Betrieb ist wichtig für die Nachhaltigkeit der Produktion. Um den Kühlvorgang zu Verkürzen können Vorkühler verwendet werden, die den Strombedarf reduzieren. Insgesamt nutzen 29% der Milchviehbetriebe einen Vorkühler. 91% kühlen die Milch mit einem Direktkühler, 6% mit einer Eiswasserkühlung. Auch die Nutzung der Abwärme trägt zur Reduzierung des Energieverbauchs bei. So nutzen 87% der Befragten eine Wärmerückgewinnung.

Tierwohl

Die Haltungsform hat enormen Einfluss auf das Wohl der Tiere. Je stärker Kühe ihr arteigenes Verhalten ausleben können, desto gesünder und leistungsstärker sind sie. Liegeboxenlaufställe mit zusätzlicher Weidehaltung werden dabei als besonders vorteilhaft eingestuft. Anbindehaltung mit Weidehaltung oder Liegeboxenlaufställe ohne Weide werden als zufriedenstellend bewertet. 97% der befragten Betriebe halten die Kühe im Boxenlaufstall, 6% im Anbinde- und 1% im Tretmiststall (Übersicht).
Stalltypen

(Bildquelle: Elite Magazin)

In 92% der Betriebe gibt es einen Special Needs-Bereich mit Abkalbebuchten und/oder Krankenbuchten.
Zum Tierwohl gehört neben der Haltungsform auch das Klima. Insgesamt gaben 62% der Betriebsleiter an, technische Hilfsmittel wie Windschutznetze, Ventilatoren und Vernebelungsanlagen im Stall installiert zu haben. In erster Linie handelte es sich um Curtains (51% der Betriebe) und Ventilatoren (21% der Betriebe). Beim Fressplatzangebot zeigten sich Unterschiede zwischen den Betrieben. So steht in 62% der Betriebe jeder Kuh ein Fressplatz zur Verfügung, in 38% der Betriebe liegt eine Fressplatz:Kuh-Verhältnis von 1:2 vor.
Die Liegeboxen sind in den Betriebe unterschiedlich ausgestaltet. 60% der befragten Milcherzeuger haben Hochboxen, 23% Tiefboxen. Allerdings zeigte sich, dass die größeren Milchviehbetriebe (≥ 125 Kühe) eher über Tiefboxen verfügen, als kleinere Bestände.
Bei der vorliegenden Befragung wurde der Weidegang differenziert für das Jungvieh, die Trockensteher und die laktierenden Kühe erfasst. Es zeigte sich, dass in Schleswig-Holstein noch ein sehr großer Anteil der Tiere auf die Weide kommt. 91% der Teilnehmer lassen ihr Jungvieh weiden, 88% ihre Trockensteher und 78% auch die laktierenden Kühe (Übersicht). Von diesen Weidebetrieben ließen 60% die Kühe mehr als 150 Tage im Jahr nach draußen.
Weidegang der laktierenden Kühe differenziert nach Herdengröße
Weide

(Bildquelle: Elite Magazin)



Bei der Befragung wurde auch auf die verwendete Melktechnik eingegangen. In 80% der Milchviehbetriebe wurde mit konventioneller Technik (Gruppenmelkstände) gemolken. Nur in 3 bzw. 2 % der Betriebe wurde automatisch bzw. im Karussel gemolken.
Neben technischen und baulichen Gegebenheiten hat vor allem die Bestandsbetreuung durch Herdenmanager und Tierarzt erheblichen Einfluss auf das Tierwohl. Von den Befragten setzen 30% ein elektronisches Herdenmanagementsystem ein. Über einen Bestandsbetreuungsvertrag mit dem Tierarzt verfügen 73% der befragten Milcherzeuger. In der Befragung setzen 58% generell antibiotischen Trockensteller ein, 35% setzen diesen selektiv ein. 7% verzichten ganz auf Trockensteller. Interessant ist auch wie viele Betriebe regelmäßig Erregernachweise oder Resistenztests durchführen. Von den befragten Betrieben führen diese Tests 58% teilweise durch, 10% vor jedem Antibiotikaeinsatz. Zum Management gehört auch die Klauenpflege. Die meisten Kühe haben 2 bis 2,5 mal im Jahr einen Klauenpflegetermin. Jedoch findet in 20% der Milchviehbetriebe weniger als einmal pro Jahr Klauenpflege statt.

Ein nicht zu unterschätzender Aspekt ist auch die Fütterung der Kühe. Hier zeigten sich in der Umfrage besonders hohe Einsparpotenziale (Verbesserung der Nachhaltigkeit). Im Durchschnitt lag die Grundfutterleistung bei 3.624 kg. Allerdings schafften es einige Betriebe auch 5.000 kg aus dem Grundfutter zu ermelken. Auch beim Kraftfutterverbrauch zeigten sich sehr deutliche Unterschiede. Der Durchschnitt lag zwar bei 256 g/kg Milch. Einige Betriebe brauchten jedoch bis zu 800 g Kraftfutter um ein Kilogramm Milch zu ermelken! Die befragten Milchviehbetriebe hatten mit 7.965 kg Milch eine niedrigere Milchleistung als die schleswig-holsteinischen MLP-Betriebe. Die Spannbreite bei den Umfrageteilnehmern war jedoch sehr groß. So ermelken 47% eine Leistung unter 8.000 kg, 13% über 9.500 kg. 15% der Betriebe erreichten eine Lebenstagsleistung über 15 kg. Jedoch zeigten 28% eine Lebenstagsleistung unter 11 kg.

Soziale Aspekte

Die sozialen Aspekte spielen eine große Rolle für die Nachhaltigkeit. Erhoben wurden bei dieser Umfrage u.a. Daten zur Arbeitszeit, Urlaub und Freizeit, Entlohnung der Mitarbeiter, zur Fortbildung und Tätigkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit.
Bei der Umfrage nehmen hauptsächlich Familienbetriebe teil (70%). Weniger als die Hälfte beschäftigt familienfremde Arbeitskräfte (43%). Die Betriebsleiter arbeiten im Durchschnitt 68 Stunden pro Woche, Vollzeit-Familienarbeitskräfte 52 Stunden. In weniger als der Häfte der Betriebe haben familieneigene Arbeitskräfte regelmäßig freie Tage. In 60% der Betriebe hat der Betriebsleiter Urlaub, in 70% die Familienarbeitskräfte. Die erhobene Wochenarbeitszeit für Fremdarbeitskräte lag bei 44 Wochenstunden. 87 % der Betriebsleiter zahlen diesen Angestellten einen Lohn, der mindestens dem Lohnniveau der Tarifverträge entspricht.
Die befragten Betriebsleiter verfügen durchweg über eine hohen Berufsabschluss. Allein 10% verfügen über ein Hoch oder Fachhochschulstudieum, 20% sind Landwirtschaftsmeister und 48% haben die Fach- bzw. Technikerschule besucht (Übersicht).
Berufsabschluss der Betriebsleiter
Berufsabschluss

(Bildquelle: Elite Magazin)

Ökonomie

Auch die Ökonomie wirkt auf die Nachhaltigkeit. In der Umfrage wurden die Betriebsleiter gefragt, wer davon ausgeht, dass sein Betrieb in zehn Jahren noch existiert. 40% waren sich sicher, dass sie in zehn Jahren noch da sind. 29% hielten es für wahrscheinlich. 4% waren sich sicher, dass sie nicht mehr in der Milchviehhaltung aktiv sind. Insgesamt haben 88% der Betriebe in den vergangenen fünf Jahren in die Modernisierung und Erweiterung investiert. Die Investitionsbereitschaft ist vor allem von der Betriebsgröße abhängig. So haben von den Betrieben mit 65 und weniger Kühen 74% Investitionen getätigt. Wohingegen in 94% der Milchviehbetriebe mit mehr als 65 Kühen investiert wurde. Gerade bei Investitionen mit Fremdkapital ist eine Liquiditätsplanung unumgänglich. Allerdings führen nur 55% der Betriebe eine Liquiditätsplanung durch. Eine Beratung nahmen 87% der Teilnehmer in Anspruch. 77% erhielten eine fachbezogene Beratung. Betriebe, die keine Beratungsleistung in Anspruch nahmen, waren in der Regel kleiner (Durchschnitt 50 Kühe). Auch zur Zufriedenheit mit der betrieblichen Situation wurden Fragen gestellt. Es zeigte sich, dass 71% der Teilnehmer mit der wirtschaftlichen Situation ihrer Betriebe zufrieden waren. 5% waren sehr zufrieden, 2% gar nicht zufrieden.

Fazit

Die Daten der Betriebe schwanken sehr stark. Jedoch kann der Einzelbetrieb hier erkennen, welche Möglichkeiten es in den einzelnen Bereichen wie Düngung und vor allem der Fütterung gibt, um die Nachhaltigkeit weiter zu verbessern. Auch kleine Schritte können einen Beitrag für eine nachhaltigere Wirtschaftsweise leisten: zum Beispiel ein intensiveres Herdenmanagement oder die Umsetzung von Energiesparmaßnahmen.