Flüchtlingen eine Chance geben

In der APROHA Milch in Sachsen melken zwei Menschen, die aus ihrem Heimatland geflohen sind. Betriebsleiter Thomas Döbelt gibt Tipps, wie die Zusammenarbeit gelingt und wann die Arbeitsagentur helfen kann.

Thomas Doebelt

Thomas Doebelt, APROHA GmbH (Bildquelle: Elite Magazin)

Auf dem Betrieb von Thomas Döbelt, der die APROHA GmbH und die APROHA Milch Gmbh & Co.KG in Sachsen führt, kümmern sich derzeit 46 Mitarbeiter um das Wohl der 1.200 Milchkühe und den angeschlossenen Ackerbau. Zwei dieser Menschen sind aus ihrem Heimatland geflohen. In der APROHA Milch sind die Flüchtlinge nun im Melkstand, im Kuhverkehr zum Karussell sowie in der Versorgung der neugeborenen Kälber eingesetzt.

Flüchtlinge bieten großes Potenzial

Viele Flüchtlinge sind jünger als 35 Jahre. Die APROHA Milch liegt im Vorgebirge, die Metallverarbeitungsindustrie ist stark vertreten. Der durchschnittliche Stundenlohn in diesem Wirtschaftszweig liegt wesentlich höher als in der Landwirtschaft. Bei dem ungleichen Lohngefüge und der starken Konkurrenz verliert Döbelt häufig den Wettbewerb um Arbeitskräfte. Neue Mitarbeiter anzuwerben, auszubilden und an den Betrieb zu binden, ist für ihn daher eine wichtige Aufgabe. „Wir orientieren uns darum auch in Richtung fachfremde Arbeitnehmer und Flüchtlinge“, berichtet Thomas Döbelt. Gerade Menschen mit Fluchthintergrund seien meist sehr motiviert und dankbar, wenn sie die Möglichkeit bekommen, sich durch einen geregelten Job und ein Einkommen ein neues Leben aufzubauen (siehe Übersicht 1).

Fachfremde Arbeitnehmer

Flüchtlinge

Vorteile

selbe Muttersprache; Wille, im ausgewählten Beruf zu arbeiten – hoch motiviert; lassen sich prägen / nach einer Systematik anlernen

motiviert, ein geregeltes Leben und Einkommen zu haben; belastbar; jung; lassen sich prägen

Nachteile

nicht in dem Beruf ausgebildet; keine Kenntnisse der Arbeitsabläufe; generell wenig Erfahrung

Sprachbarriere; keine Berufserfahrung; i.d.R. keinen in DE anerkannt Führerschein

„Um trotz Sprachbarriere jedoch die Arbeitsqualität sicherzustellen, müssen wir viel in Ausbildung investieren.“ Dazu kommt, dass nicht bei allen Flüchtlingen der Aufenthalt in Deutschland gesichert ist (Übersicht 2).

Stadium

Bedeutung

anerkannter Flüchtling

Asylantrag positiv entschieden; darf Beschäftigung aufnehmen

Asylbewerber

Asylverfahren noch nicht entschieden; dreimonatiges Arbeitsverbot; Zustimmung Arbeitsagentur nötig

Geduldeter Flüchtling

Asylantrag abgelehnt; Abschiebung ausgesetzt; dreimonatiges Arbeitsverbot; Zustimmung Arbeitsagentur nötig

Zuschüsse durch die Agentur für Arbeit

Die Ausbildung von Mitarbeitern, die Deutsch erst lernen, ist aufwendig. Zur Unterstützung ist es möglich, einen Zuschuss der Arbeitsagentur zu erhalten (max. 50% des Arbeitsentgelts, max. 12 Monate). Tipp: Wie lang und in welcher Höhe dieser sog. Eingliederungszuschuss bezahlt wird, entscheidet die Arbeitsagentur von Fall zu Fall – verhandeln lohnt sich also!
Wichtig ist, den Antrag zu stellen, bevor der Arbeitnehmer die neue Stelle antritt. Im Arbeitsvertrag darf keine Befristung angegeben werden (die Probezeit gilt trotzdem). Wird dem Arbeitnehmer gekündigt, wird eine Rückzahlung des Eingliederungszuschusses fällig. „Jeder Betriebsleiter muss selbst prüfen, ob sich der Aufwand für ihn lohnt“, rät Döbelt.

Fazit

Kurzfristig kann Döbelt sich vorstellen, einen der Flüchtlinge zum Schichtleiter im Melkkarussell anzulernen. Langfristig sieht er auch Chancen in der Tiergesundheitskontrolle (z.B. Fiebermessen) oder in der Klauenpflege. Für ihn lohnt sich der Einsatz fachfremder oder geflüchteter Mitarbeiter. „Ich kann die Leute nach den Bedürfnissen meines Betriebes ausbilden und sichere die Produktion“, sagt Döbelt. Gebe er Menschen eine Chance, seien diese in der Regel sehr dankbar und viel motivierter, länger im Unternehmen zu bleiben. Und das ist in einer Situation, in der neue Mitarbeiter schwer zu bekommen sind, eine Menge wert.
Text: Stöcker
Quelle: Vortrag „Eine WinWin-Situation: Fachfremde Arbeitnehmer und Flüchtlinge in der Landwirtschaft! “ im Rahmen der DLG-Wintertagung 2018