European Dairy Farmers 2010: Wo geht die Reise hin?

Jedes Jahr im Juni laden die European Dairy Farmers (EDF) zum mehrtägigen Informationstausch. Dabei werden auch die EDF-Produktionskostenanalyse und der agribenchmark Snapshot vorgestellt. Die wichtigsten Ergebnisse:

Ergebnisse aus dem Produktionskostenvergleich der European Dairy Farmer

Insgesamt haben sich am EDF-Produktionskostenvergleich 264 Milchfarmer beteiligt, 39 davon aus Deutschland. Der Erfassungszeitraum reichte vom 2. Quartal 2008 bis zum 1. Quartal 2010:
Eingenommen haben die Farmer im Betriebszweig Milch 33,9 Ct/kg FCM. Das reichte bei Weitem nicht aus, die Vollkosten zu decken, die im Durchschnitt der Betriebe 41,8 Ct/kg Milch (inkl. Vergütung aller Faktoransätze) betrugen. Im Durchschnitt mussten Europas Milcherzeuger deshalb im vergangenen Jahr 7,9 Cent pro Kilo Milch zusetzen. Nur 13 % erreichten ein positives Unternehmensergebnis.
Dass viele Betriebe die Krise dennoch einigermaßen unbeschadet überlebt haben, liegt u.a. daran, dass sie während der turbulenten Zeiten ihre Ausgaben noch decken konnten. Denn die reinen Cash-Kosten, inklusive der Fremdkapitalzinsen, lagen bei „nur“ 26 Ct/kg. Solange der Milchpreis diesen Schwellenwert nicht unterschreitet, ist die Liquidität aus dem laufenden Betrieb heraus sichergestellt.
Der starke Anstieg der Betriebsmittelkosten hat die Gewinnschwelle bzw. den zur Deckung der Vollkosten benötigten Milchpreis, auch Break Even Point (BEP) genannt. Der BEP (Milchpreis, der zur Vollkostendeckung erzielt werden muss), stieg auf 33,5 Ct/kg Milch an. Während der vergangenen vier Jahre ist der Break Even um 5,1 Ct angestiegen. Lag der Break Even in 2005/06 noch bei 27,2 Cent, waren im Jahr 2008/09 schon 33,5 Cent erforderlich.
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(Bildquelle: Elite Magazin)

Kurioserweise ist der Break Even aber nicht in allen Ländern in die Höhe geschnellt: In Irland, Italien, Schweden, Österreich, der Schweiz und in der Ukraine ist der BEP im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht gesunken. In den deutschen Milchviehbetrieben (Ø 307 Kühe; 8.487 kg Milch) lag die Gewinnschwelle bei 32 Cent. In 11 der 37 Betriebe lag der BEP unter 30 Cent.
Leicht gesunken ist auch die pro Kuh ermolkene Milchmenge im Auswertungszeitraum. Der Leistungsrückgang steht in engem Zusammenhang mit den steigenden Futterkosten. Viele Farmer verzichteten darauf, den letzten Liter Milch „herauszufüttern“.
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(Bildquelle: Elite Magazin)

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(Bildquelle: Elite Magazin)

Aufgefallen sind auch bei der aktuellen Auswertung wieder die enormen Unterschiede bei den Produktionskosten (von 1.500 € bis 4.250 € pro Kuh und Jahr). Allerdings belegt die Auswertung auch, dass hohe Produktionskosten nicht zwangsläufig zu einem wirtschaftlich schlechteren Betriebsergebnis führen müssen. Trägt der Aufwand zur Sicherung einer hohen Milchleistung bei (mind. 10.000 kg), lässt sich eine solche High-Input-Strategie durchaus rechtfertigen.

Ergebnisse des agri benchmark-Snapshots: Milchproduktion im Wandel – Wo geht die Reise hin?

Weltweit stehen Milchviehhalter vor großen Herausforderungen. Viele fragen sich: Wie kann ich bei schwankenden Milchpreisen rentabel Milch produzieren? Bin ich für die Zukunft gerüstet? Wie verhalten sich Milcherzeuger in anderen Ländern? In der jährlichen „Snapshot“-Befragung geben inzwischen mehr als 2.100 Milcherzeuger Antworten auf diese und andere aktuelle Fragen:
Verhalten optimistisch, auf diesen Nenner lässt sich die Stimmung der Milchproduzenten bringen. Zwar hat der Absturz der Milchpreise tiefe Spuren hinterlassen, aber dennoch wollen 3/4 der Milchfarmer noch in diesem Jahr wieder investieren. Mit rund 500 € pro Kuh planen die Briten die geringsten Investitionen, in Luxemburg wird mit 3.500 €/Kuh am meisten investiert. Die deutschen Milcherzeuger wollen rund 2.000 €/Kuh in den Betriebszweig Milch pumpen. Die Investitionen haben zumeist zwei Ziele: Optimierung der Arbeitswirtschaft und Aufstockung der Milchviehherde.
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(Bildquelle: Elite Magazin)

Entsprechend wachsen dürften deshalb auch die Milchviehherden in den einzelnen Ländern, so plant in den nächsten fünf Jahren die Mehrzahl der Milchproduzenten die Anzahl der Milchkühe zu erhöhen.
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(Bildquelle: Elite Magazin)

Allerdings gab über die Hälfte der befragten Unternehmer an, sich bei der Ausrichtung des eigenen Unternehmens künftig stärker an der Marktentwicklung orientieren zu wollen. Besonders die Dänen (68 %), Tschechen (62 %) und Franzosen (50 %) gaben an, künftig bei sinkenden Preisen Investitionen zurückzustellen. Eine stärkere Fokusierung auf die Milchproduktion wird vor allem in Irland, Großbritannien und Polen angestrebt. Die deutschen Betriebsleiter erklärten hingegen, ebenso wie ihre polnischen und italienischen Kollegen, künftig stärker diversifizieren zu wollen.
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(Bildquelle: Elite Magazin)

 
Einig waren sich die Unternehmer, dass künftig die Fläche die Milchquote als begrenzender Produktionsfaktor ablösen wird. In fast allen Regionen rechnen die Betriebsleiter denn auch mit steigenden Flächenkosten. Die deutschen Milchproduzenten rechnen vor allem wegen der zunehmenden Konkurrenz durch Biogas mit einem Anstieg der Pachtpreise um 17 % (Norden) bzw. 25 % (Süden).
Gefragt wurde auch nach einer Einschätzung (Beurteilung) der Marktliberalisierung. Bekanntlich verringert die EU ihren Einfluss auf den Milchmarkt (z.B. Abschaffung der Quote, Verringerung der Exporterstattung). Die Mehrzahl der Milchfarmer beurteilt den Rückzug des „Staates“ skeptisch, vor allem in Polen, Frankreich, Spanien, der Slowakei und Tschechien wird diese Politikentwicklung bedauert. Hingegen begrüßt die Mehrheit der niederländischen Milchfarmer den Politikwechsel. Auch in Großbritannien, Dänemark, Schweden und in Deutschland lehnt nur eine Minderheit die Liberalisierung des Milchsektors ab.
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(Bildquelle: Elite Magazin)