Kieler Milchtage 2018

Es tut sich was in der Milchbranche!

Die Hochburg der Milchforschung Kiel lud diese Woche zu den Kieler Milchtagen. Die Experten im Themenfeld Markt zeigten, dass sich etwas tut. Und eine gute Nachricht vorab: Vieles spricht dafür, dass die Milchpreise ihre festeren Tendenzen noch bis Ende 2018 fortsetzen.

Mit der Initiative der „Förderer und Freunde der Kieler Milchforschung e.V. wird der „Kieler Milchtag“ in einem neuen Format wiederbelebt, nach 2016 fand er am 5. und 6. Juni 2018 nun zum zweiten Mal wieder statt. Im Rahmen der Tagung stellten Wissenschaftler der in Kiel ansässigen Forschungseinrichtungen, dem Max Rubner-Institut (MRI), der Christian-Albrechts-Universität (CAU), dem International Farm Comparison Network (IFCN), der Fachhochschule Kiel (FH Kiel) und dem Institut für Ernährungswirtschaft (ife) ihre milchwissenschaftlichen Forschungsergebnisse über die gesamte Wertschöpfungskette der Milchwirtschaft vor.
Einen zentralen Teil im Themenspektrum nahmen dabei natürlich die Entwicklungen am Milchmarkt ein. Im Folgenden lesen Sie wesentliche Kernaussagen aus einigen der Vorträge. In der nächsten Woche setzen wir die Berichterstattung fort.

Wer strategisch planen möchte, sollte sich am Weltmarktpreis orientieren!

Dr. Torsten Hemme (IFCN Kiel) wand sich in seinem Vortrag dem Verlauf des aktuellen Weltmarktes für Milch zu. Eingangs erläuterte er, in welcher Zyklusphase der Markt derzeit steckt und von wo er kam. Denn um neue Prognosen treffen zu können, muss man auch zurückschauen. Und aus alten Prognosen lernt man, was man nächstes Mal besser berücksichtigen muss – auch oder gerade wenn diese nicht ganz zugetroffen hatten, so Hemmes Erfahrung.
Betrachtet man also die Zyklen der Weltmarktpreise für Milch der vergangenen zwölf Jahre, so stecken wir derzeit in einer sogenannten Zickzack-Phase mit Schwankungen um die +/- 10 Prozent, die nun mehr seit 17 Monaten anhält. Eine relativ komfortable Phase, bei einer relativ hohen Milchmenge," findet Dr. Hemme. Der langfristige mittlere Wert des kombinierten IFCN Weltmilchpreisindikators liegt in der gegenwärtigen Phase bei umgerechnet 30 bis 32 €/100 kg Milch. Rechnet man damit, dass sich diese beobachteten Zyklen wiederholen, so müsste man vorausschauend davon ausgehen, dass man sich als nächstes wieder auf Zeiten mit deutlich stärkeren Schwankungen zubewegt (in die dynamische Welle, +/- 25 %).
Milchpreiszyklen am Weltmarkt für Milch

(Bildquelle: Elite Magazin)

Wer in seinem Milchkuhbetrieb strategisch nach vorne planen möchte, der sollte sich auch in Deutschland an der Entwicklung am Weltmarkt für Milch – also an der roten Linie" – orientieren, rät Dr. Torsten Hemme weiterhin. Denn betrachtet man die Grafik, dann erkennt man eine Gegebenheit: der nationale Milchpreis folgt ziemlich genau immer leicht verzögert dem Weltmarktpreis.
Weltmarkt vs. nationaler Milchpreis

(Bildquelle: Elite Magazin)

Angesichts der derzeitigen Entwicklungen geht Hemme davon aus, dass sich die Fett-Story" zwar abschwächen, aber wohl noch etwas länger halten wird und damit auch die Milchpreisentwicklung weiter mit zieht. Allerdings bricht der Eat butter"-Trend derzeit in den USA, wo er begann und 2015/16 sogar verhinderte, dass sich auch dort eine Krise entwickelt, etwas ein. Trends sind eben auch endlich. Den gegenwärtigen Protein-Trend in der EU schätzt Hemme wiederum nicht als so entwicklungsstark ein, wie den des Milchfettes. 
Milcherzeuger stört die Härte der Entwicklungen in den Preiszyklen, viele wünschen sich wohl eine sachtere Preisentwicklung. Woran dieses krasse Auf- und Ab liegt? Dr. Torsten Hemme vermutet, dass es besser sein könnte, wenn z.B. die Molkereien schneller ihre Auszahlungsysteme anpassen würden. Etwa in einer dem aktuellen Trend folgenden Bezahlung der Milchinhaltsstoffe, was am gegenwärtigen Beispiel Milchfett noch zu wenig oder viele erst verzögert angingen.
Mit neuen Milchpreiszyklen in Deutschland und Europa beschäftigt sich derweil Erhardt Richardts (ife Kiel). Er sieht hier ein gewisse Regelmäßigekeit von Hochs und Tiefs, mit Zyklen von drei bis vier Jahren Dauer. Seine positive Nachricht: Vieles spricht dafür, dass bis Ende des Jahres mit Milchpreisen auf einem guten, stabilen Niveau zu rechnen ist."

Und was tut sich bei den Maßnahmen und Strategien für schlechte Zeiten?

Die Steuerung der Milchmengen ist die zentrale Maßnahme für stabile Milchauszahlungspreise. Und hier passiert was auf Molkereiebene, sicherlich auch, weil seitens der Politik kräftig Druck gemacht wird – die Androhung von notfalls staatlichem Eingreifen fruchtet wohl. Prof. Dr. Holger Thiele (Fachhochschule Kiel) befasste sich damit in einem seiner Vorträge. Angesichts der weiterhin zu erwartenden Preisschwankungen beschäftigen sich derzeit laut Thiele viele Molkereien in Deutschland intensiv damit, die verschiedenen alternativen Modelle für ihre Unternehmen zu prüfen. Er ordnete ein, dass AB-Preismodelle sich nur für Molkereien mit begrenzten Kapazitäten und großen Wertschöpfungsstufen eignen, kurzfristige A/B-Krisenmodelle eignen sich dagegen für alle Unternehmen. Festpreismodelle sind bereits seit einigen Jahren im Markt und basieren entweder auf Back-to-Back, auf Durchschnittsverwertungen oder auf Börsenwerten. Gerade bei letzterem werde viel Hoffnung in den Mitte August an der EEX startenden European Liquid Milk Future gesetzt, der viel enger mit den tatsächlichen Milchauszahlungspreisen korreliert, als der bisher aus MMP und Butterpreisen ermittelte Börsenmilchwert.
Viele werfen seit den letzten Monaten einen anerkennenden Blick auf das Handeln von FrieslandCampina – doch Thiele lenkte direkt ein: Ein Modell wie FrieslandCampina es umsetzt, ließe sich nicht einfach auf ganz Deutschland übertragen." Klassische AB-Preismodelle sehen viele eher kritisch, Molkereien müssten schon sehr transparent agieren, um nachvollziehen zu können, ob die A-Preise angemessen gesetzt sind. Und Prof. Dr. Holger Thiele konnte dem Mißtrauensgrund nur wenig nehmen: Alle unterschätzen den Effekt, den Molkereien durch ihre hochpreisigen Markenprodukte erzielen."
Die Institute

Die milchwissenschaftlich tätigen Forschungsinstitute in Kiel. (Bildquelle: Elite Magazin)

Bearbeitet: Berkemeier