EU: Erzeuger sollen Milchpreise bereits vorher kennen!

Auf der Konferenz „Welche Zukunft für die Milch?“ präsentierten hochrangige Vertreter der EU-Kommission neue Pläne zum Milchmarkt. Die Intervention soll erhalten und die Stellung der Milcherzeuger gegenüber den Molkereien gestärkt werden.

Nachdrücklich sprach sich der Leiter der Brüsseler Generaldirektion Landwirtschaft, Jean-Luc Demarty, für feste Preisvereinbarungen zwischen Landwirten und Molkereien aus. Er erklärte, dass Erzeuger erst im Nachhinein den Preis für ihre Milchlieferungen erführen, sei nicht akzeptabel. Welche Möglichkeiten hier zur Änderung der Situation zu ergreifen seien, müsse noch geklärt werden, so Demarty. Den Vertragsbeziehungen zwischen Landwirten und Molkereien werde von der hochrangigen Verhandlungsgruppe in Brüssel (High Level Group) auf jeden Fall eine sehr große Bedeutung zugewiesen.
Demarty bestätigte zudem, dass sich auf der Konferenz „Welche Zukunft für die Milch?“, eine deutliche Mehrheit der Mitgliedstaaten die Intervention, mehr oder weniger in ihrer jetzigen Form, als Sicherheitsnetz zur Abfederung von Krisen erhalten wolle. Auch der Verband des Europäischen Milchhandels (Eucolait) und der Europäische Milchindustrieverband (EDA) sprachen sich für eine Beibehaltung der Intervention als Sicherheitsnetz aus.
Eine klare Absage erteilte der Generaldirektor allerdings kontinuierlichen Markteingriffen, auch wenn die Einführung neuer Marktinstrumente prinzipiell möglich sei. Diese müssten aber effizient und vereinbar mit der Welthandelsorganisation (WTO) sein. Zudem können Milcherzeuger darauf hoffen, dass ihnen mittelfristig auf europäischer Ebene Ausnahmen vom Wettbewerbsrecht eingeräumt werden. Eine klare Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten habe sich für solche Annahmen ausgesprochen.
Demarty nannte ferner Details, was zur Stärkung der Marktstellung von Erzeugern nach Ansicht der Generaldirektion Wettbewerb bereits heute möglich ist. Darunter fällt u.a. auch die Bündelung von Milchmengen. Danach wird EU-Recht gar nicht angewandt, solange der vereinte Marktanteil von Landwirten, die gemeinsame Vereinbarungen treffen möchten, unter 5 % bleibt und einen Umsatz von 40 Mio. Euro nicht übersteigt. In diesem Rahmen können die Mitgliedstaaten selbst entscheiden, wie sie Wettbewerbsregeln gestalten. Sollten die Schwellenwerte überschritten werden, würde die Kommission fallweise entscheiden. Hinsichtlich dem Zusammenschluss von Molkereigenossenschaften wird ein kritischer Schwellenwert von 20 % Marktanteil angenommen. Bleibt ihr Anteil darunter, geht die Kommission zunächst von keinen Wettbewerbsbeeinträchtigungen aus. Auch wenn die 20-Prozent-Marke überschritten wird, besteht noch kein automatischer Verdacht auf Illegalität. Die Brüsseler Behörde will dann aber genauer hinschauen.

Quotenende als Chance begreifen

Agrarkommissar Dr. Cioloş bekräftigte auf der Konferenz, dass die Fortführung des Milchquotensystems über 2015 hinaus keine Lösung sei. Die jüngste Krise lasse sich auf einen Nachfragerückgang zurückführen, der auch durch das Vorhandensein der Quoten nicht hätte verhindert werden können. Natürlich sei das Auslaufen der Garantiemengenregelung eine Herausforderung für die Erzeuger, aber sie müssten den Schritt auch als Chance betrachten. Für Junglandwirte und  Erzeuger, die ihre Produktion ausdehnen wollten, seien Quoten nun mal eine Belastung. Das Argument, die Quotenregelung schütze Kleinbetriebe, wollte Cioloş nicht gelten lassen. Seit dem Beginn des Systems 1984 bis 2008 seien hunderttausende von Betrieben verschwunden. Auch er plädierte, ebenso wie Demarty, für eine neue Politik, die grundsätzlich auf den Markt gerichtet sein solle, aber Instrumente zum Schutz vor extremen Preisschwankungen bereithalte.